Protestantismus - Antijudaismus - Antisemitismus. Konvergenzen und Konfrontationen in ihren Kontexten

Protestantismus - Antijudaismus - Antisemitismus. Konvergenzen und Konfrontationen in ihren Kontexten

Veranstalter
Prof. Dr. Dorothea Wendebourg, Lehrstuhl für mittlere und neuere Kirchengeschichte, Theologische Fakultät, HU Berlin; Prof. Dr. Martin Ohst, Lehrstuhl für historische und systematische Theologie, FB Geistes- und Kulturwissenschaften, Bergische Universität Wuppertal
Veranstaltungsort
Humboldt-Universität zu Berlin, Theologische Fakultät, Burgstraße 26, 10178 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
05.10.2015 - 07.10.2015
Deadline
31.08.2015
Von
Andreas Stegmann

Markiert die Reformation eine Zäsur in der Geschichte der Einstellung des Christentums zum Judentum? Haben das reformatorische Christentumsverständnis, seine Transformationsgestalten und seine Folgewirkungen positive Auswirkungen auf das Verhältnis zu den Juden gehabt? Haben Sie zum Umschlagen des aus der Antike und dem Mittelalter ererbten Antijudaismus in eliminatorischen Antisemitismus beigetragen? Wenn die eine oder die andere Frage oder vielleicht beide mit Ja zu beantworten sind, in Wechselwirkung mit welchen anderen, gegebenenfalls spezifisch deutschen Koeffizienten?

Dieser Fragenkomplex wird herkömmlich in Gestalt des Themas "Luther und die Juden" einschließlich der Wirkungen seiner Haltungen durchgespielt. Die Berliner Tagung wird den Focus weiter einstellen. Das traditionelle Thema soll in drei Durchgängen gleichsam mehrdimensional umspielt und damit einerseits entgrenzt, andererseits neu beleuchtet werden:

I. in einer Betrachtung des zeitgenössischen frühneuzeitlichen Kontexts. Denn Luthers - in sich gegensätzliche - Voten zur sogenannten Judenfrage waren zwar in mancher Hinsicht singulär und angesichts der Prominenz des Reformators von besonderem Gewicht, doch sprach hier nur eine Stimme in einem vielfältigen, weit zurückreichenden Diskussionszusammenhang.

II. in einer Betrachtung unterschiedlicher Spielarten des protestantischen Verhältnisses zum Judentum, judenfreundlicher wie antijudaistischer oder antisemitischer Einstellungen, in Deutschland von der Zert um 1800 bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung. Zusammengehalten werden diese Beitäge von der Aufmerksamkeit darauf, welche Faktoren in bestimmten Haltungen zum Judentum leitend und wirksam waren, insbesondere der Frage, ob und in welcher Weise Anknüpfungen an reformatorisch-theologische Traditionsbestände, darunter die einschlägigen Schriften Luthers, die Haltungen zum Judentum in Konkurrenz und Konvergenz mit anderen Faktoren bestimmt haben.

lll. in einer Betrachtung gleichzeitiger Entwicklungen jenseits des evangelischen Deutschlands, und das in zwei Richtungen: Einmal werden hier Spielarten von Antijudaismus oder Antisemitismus aus dem nichtevangelischen Ausland und die darin wirksamen Traditionen thematisiert. Zum anderen werden außerdeutsche lnkulturationen des lutherischen Protestantismus auf ihr Verhältnis zum Judentum hin befragt. Diese doppelte Fragestellung soll nicht zuletzt als doppelter Kontrast zu den Befunden der zweiten Vortragsgruppe die Feststellung erlauben, wie weit die Entwicklungen im protestantischen Deutschland weniger protestantisch (lutherisch) als deutsch oder weniger deutsch als protestantisch waren.

Programm

Montag, 5. Oktober 2015

9.00-16.00 Einheit 1: Luthers Zeitgenossen und die Juden

Hans-Martin Kirn: Die spätmittelalterliche Kirche und die Juden
Manfred Schulze: Johann Eck und die Juden
Thomas Kaufmann: Erasmus und die Juden
Christoph Strohm: Martin Butzer und die Juden
Daniele Garrone: Calvin und die Juden
John Ashley Null: The English Reformers and the Jews

16.15-20.00 Einheit 2: Protestantismus und Judentum vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert

Dorothea Wendebourg: Die Verbreitung von Luthers sogenannten Judenschriften im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Christian Wiese: Eisenmengers "Entdecktes Judentum" im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Martin Ohst: Die Antisemiten Stöcker, Seeberg, Mumm

Dienstag 6. Oktober 2015

9.00-18.00 Einheit 2: Protestantismus und Judentum vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert

Albrecht Beutel: Deutsche Aufklärung und Judentum
Simon Gerber: Antijudaismus nach 1800
Matthias Wolfes: Der protestantische Philosemitismus der Restaurationszeit
Martin Friedrich: Franz Delitzsch gegen August Rohling
Andreas Stegmann: Der Berliner Antisemitismusstreit
Notger Slenczka: Die völkischen Antisemiten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts
Christian Nottmeier: Der späte theologische Liberalismus - Naumann, Harnack, Rade - und die Juden
Arnulf von Scheliha: Das junge nationale Luthertum nach dem Ersten Weltkrieg und die Juden
Johannes Wallmann: Luthertum und Zionismus in der Zeit der Weimarer Republik

Mttwoch, 7. Oktober 2015

9.00-18.00 Einheit 3: Die internationale Szene

Pierre Birnbaum: Antisemitism in France between the Enlightenment and the First World War
Astrid Schweighöfer: Der österreiche Antisemitismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und seine Quellen
Jolanta Zyndul: Der polnische Antisemitismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und seine Quellen
Tobias Grill: Der russische Antisemitismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und seine Quellen
Martin Schwarz Lausten: Das dänische Luthertum und die Juden
Vidar Leif Haanes: Norwegian Lutheranism and the Jews
Risto Saarinen: Das schwedisch-finnische Luthertum und die Juden
Frank Sherman: Das nordamerikanische Luthertum und die Juden

Kontakt

Carina Brumme
Theologische Fakultät der HU Berlin
Unter den Linden 6
D-10099 Berlin

brummca@theologie.hu-berlin.de

030-2093 5956

http://www.theologie.hu-berlin.de/de/kirchengeschichte
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