Funktionalität von Geschichte in der Spätmoderne.

Funktionalität von Geschichte in der Spätmoderne.

Veranstalter
Deutsches Historisches Institut Warschau
Veranstaltungsort
DHI Warschau, Al. Ujazdowskie 39, 00-540 Warszawa
Ort
Warschau
Land
Poland
Vom - Bis
17.09.2015 - 18.09.2015
Deadline
15.09.2015
Website
Von
Deutsches Historisches Institut Warschau

Seit Januar 2015 konstituiert sich am Deutschen Historischen Institut Warschau der neue Forschungsbereich „Funktionalität der Geschichte in der Spätmoderne“. Dabei gehen wir von der Beobachtung und Annahme aus, dass sich seit einigen Jahrzehnten ein grundlegender Wandel in der gesellschaftlichen wie individuellen Perzeption und Nutzung der Geschichte vollzieht, der einerseits zwar das endgültige Ende des „historistischen“ Zeitalters bringen könnte, andererseits aber alles andere als eine Marginalisierung historischer Themen im gesellschaftlichen Diskurs und im Alltag von Menschen bedeutet.

Im Gegenteil steigt die Präsenz von Vergangenheitsrepräsentationen im öffentlichen Raum und in Medien aller Art weiter an, die Formen von „Geschichtskonsum“ werden immer vielfältiger. Lässt sich diese Entwicklung teilweise auf den Ökonomismus des gegenwärtigen, neoliberal geprägten politischen und gesellschaftlichen Diskurses zurückführen, handelt es sich hierbei dennoch weniger um die Ursache als ebenfalls um ein Symptom von tiefgreifenden kulturellen Umwandlungen, die in der Spätmoderne zu verorten sind. Die zeitgleiche Pluralisierung und Individualisierung von Identitäten, Lebensentwürfen sowie von kollektiven Zugehörigkeiten implizieren eine neue Vielfalt und Flexibilität bei den Formen des Geschichtsgebrauchs, des Geschichtsverständnisses und der Nutzung bestimmter Geschichtsnarrative. So scheint etwa die ästhetische Funktion der Vergangen¬heit deutlich an Gewicht zu gewinnen, während Geschichtsdidaktik und Museumspädagogik grund¬sätzlichen Daseinsfragen nachgehen müssen. Mit diesen widersprüchlichen Phänomenen befassen sich die Projekte des Forschungsbereiches.

Jenseits der „klassischen“ Formen öffentlicher Auseinandersetzung mit Vergangenheit, die unter den Schlagworten Geschichtspolitik und Erinnerungskultur schon seit Jahrzehnten im Fokus historiographischer Analysen stehen, richtet sich das Erkenntnisinteresse des Symposiums auf die gegenwärtigen, vielfältigen Gebrauchsformen von Geschichte. Ausgehend von der Beobachtung eines immer flexibleren Umgangs mit Vergangenheit im öffentlichen Raum, in Medien und Wirtschaft einerseits und neuer akademischer Antworten wie Public History oder Angewandte Geschichte andererseits, sollen aktuelle Debatten an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis vorgestellt und diskutiert werden. In welchem Verhältnis steht die Funktionalisierung von Geschichte zur Fachwissenschaft? Welche Folgen hat die Ökonomisierung von Vergangenheit für das Geschichtsverständnis im weiteren Sinne?

Im Wissen darum, das bislang kein integrales Konzept zur Erforschung von öffentlicher Geschichte existiert, wurde bewusst die heterogene „Landschaft“ praktizierter Zugänge zum Ausgangspunkt genommen. Einerseits wird hier an ältere Ansätze angeknüpft, andererseits werden neue Herangehensweisen und Terminologien erprobt. Welche (neuen) Phänomene existieren, wodurch zeichnen sie sich aus? Wie lassen sich die Prozesse eines pluralistischen Umgangs mit Geschichte begrifflich und theoretisch fassen, wie methodisch analysieren? Wo haben wir es „nur“ mit neuen Gegenständen, wo mit neuen Konzepten oder gar Programmatiken zu tun?

Konzeption und Organisation: Prof. Miloš Řezník, Dr. Sabine Stach, Dr. Katrin Stoll

Programm

17. September 2015

9:15 Begrüßung

9:30 Miloš Řezník: Einführung

Funktionalität von Geschichte – Ansätze / Konzepte: Quo vadis?
Moderation: Katrin Stoll (DHI Warschau)

10:00 – 10:45 Magdalena Saryusz-Wolska (DHI Warschau): Erinnerungs – / Gedächtnisforschung in der Krise? Auf der Suche nach Alternativen

Diskussion

10:45 – 11:30 Erik Meyer (Kulturwissenschaftliches Institut Essen): Erinnerungskultur 2.0: Geschichte in der digitalen Gesellschaft

Diskussion

Kaffeepause

12:00 – 12:45 Juliane Tomann (Imre Kertész Kolleg Jena): Angewandte Geschichte. Erkundungen der Schnittstelle zwischen Geschichtstheorie und Geschichtspraxis

Diskussion

12:45 – 13:30 Cord Arendes (Universität Heidelberg): Public History – Forschungsfeld, Praxisbezug und Brücke in die Öffentlichkeit

Diskussion

Mittagspause

Geschichte vor Ort
Moderation: Sabine Stach (DHI Warschau)

15:00 – 15:45 Angela Schwarz (Universität Siegen): Zeit – Reise: Die Entwicklung der Vergangenheit als touristisches Ziel in der Moderne

Diskussion

15:45 – 16:30 Stefan Berger (Ruhr-Universität Bochum): Industrial Heritage: Landschaft und Identität im Ruhrgebiet in transregionaler Perspektive

Diskussion

Kaffeepause

17:00 – 17:45 Madeleine Brook (University of Oxford): Geschichte, Geschichtserzählung und „Re-enactment“: Ein Überblick der bisherigen Entwicklungen und Debatten

Diskussion

18. September 2015
Geschichte im Unternehmen
Moderation: Miloš Řezník (DHI Warschau)

9:00 – 9:45 Manfred Grieger (Georg-August-Universität Göttingen, Historische Kommunikation der Volkswagen AG Wolfsburg): „Vergangenheitsbewirtschaftung“ und Unternehmen: Historische Aufklärung und Geschichtskommunikation der Volkswagen Aktiengesellschaft

Diskussion

9:45 – 10:30 Veit Damm (Universität des Saarlandes, Saarbrücken): Jubiläen und Unternehmensidentität vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart: Zwischen strategischer Kommunikation und historischer Selbstvergewisserung. Systematische Überlegungen am Beispiel des Bankwesens

Diskussion

Kaffeepause

Geschichte im Bild
Moderation: Michael Zok (DHI Warschau)

11:00 – 11:45 Simona Slanička (Universität Bern): Das Ende der Geschichte im aktuellen Historienfilm. Transzendenzwünsche und Erlösungsformeln als Narrativ, vom Mittelalterfilm bis zum Weltkriegsdrama

Diskussion

11:45 – 12:30 Bettina Severin-Barboutie (DHI Paris): Gezeichnete Geschichte oder die Suche nach der Vergangenheit im Comic

Diskussion

Mittagessen

Geschichte im Museum
Moderation: Dorothea Warneck (Aleksander Brückner Zentrum für Polenstudien, Halle)

14:00 – 14:45 Rosmarie Beier-de Haan (Deutsches Historisches Museum / Freie Universität, Berlin): Das Museum – Akteur der Geschichtskultur. Annäherungen an eine Positionsbestimmung zu Beginn des 21. Jahrhunderts“

Diskussion

14:45 – 15:30 Monika Heinemann (Collegium Carolinum, München): Das historische Museum als Erinnerungsfabrik – aktuelle Entwicklungen im polnischen Museumsboom

Diskussion

15:30 – 16:00 Abschlussdiskussion

Zeit im Raum STADTSPAZIERGANG durch Warschau

Tagungssprache wird Deutsch sein.

Kontakt

Sabine Stach
DHIW
Al Ujazdowskie 39, 00-540 Warszawa

+48/22/5258312
+48/22/5258338
stach@dhi.waw.pl


Redaktion
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