Wissenspraktiken im pädagogischen Feld. Profession, Wissenschaft und Beratung in der Bundesrepublik Deutschland bis 1990

Wissenspraktiken im pädagogischen Feld. Profession, Wissenschaft und Beratung in der Bundesrepublik Deutschland bis 1990

Veranstalter
Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des DIPF
Veranstaltungsort
Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), Warschauer Straße 36, 10243 Berlin, Etage 1, Raum 36
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.11.2015 - 21.11.2015
Deadline
06.11.2015
Von
Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des DIPF

Die Frage, welches Wissen als relevant, legitim oder einfach nur nützlich anerkannt wird, ist (nicht nur) für das pädagogische Feld grundlegend und Kern vielfältiger Abgrenzungs- und Vereinnahmungsbemühungen. So bestimmen zum Beispiel Dichotomien, die anhand der Gegensätze von professioneller, schulischer Praxis und erziehungswissenschaftlicher Theorie konstruiert werden, in wechselnden Konjunkturen das gesamte Feld. Ebenso werden etwa innerhalb der Erziehungswissenschaft zwischen ‚philosophischer‘ und ‚empirischer‘ Wissensherstellung Gegensätze ausgemacht. Die sich wandelnden Vorrangstellungen und Neuordnungen im Feld sind dabei immer auch als Ausdruck und zugleich als Movens gesellschaftlicher Machtverschiebungen zu verstehen.

Sich den daraus resultierenden Spannungen und Interdependenzen im pädagogischen Feld aus historischer Perspektive zu nähern und herauszuarbeiten, wie sich im Ringen um die „richtigen“ Zugänge zu „gültigem“ pädagogischen Wissen unter anderem die Fachdisziplin selbst verändert hat und welche Verschiebungen, Vereinnahmungen und Überlagerungen im Kräfteverhältnis zwischen Profession, Wissenschaft und Beratung auszumachen sind, kann für gegenwärtige Entwicklungen aufklärend und erklärend sein. Wer kann zu welchem Zeitpunkt erfolgreich die Deutungshoheit darüber beanspruchen, was Bildung, Erziehung und Schule für eine Gesellschaft leisten sollen und wie pädagogische Forschung zur Erfüllung dieses Auftrags beitragen kann? Welche exogenen Faktoren wirken verändern auf Denkkollektive ein und bringen neue hervor?

Im Rahmen der Tagung soll den unterschiedlichen Überlagerungs- und Abgrenzungsbewegungen vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis etwa 1990 nachgegangen werden, da in diesem Zeitraum in der Bundesrepublik wichtige, das pädagogische Feld – darin eingeschlossen auch die Erziehungswissenschaft – betreffende, Veränderungen erfolgten. So führte zum Beispiel die Gründung außeruniversitärer Forschungsinstitute zu einem Bedeutungszuwachs wissenschaftlicher Expertise, der durch das Postulat einer ‚realistischen Wendung‘ der Erziehungswissenschaft weiter verstärkt wurde. In diese Zeit fallen aber auch zahlreiche, das Schul- und Hochschulwesen betreffende Reformen, wie die Einführung der Gesamtschule oder die forcierte Expansion universitärer Ausbildung durch Universitätsneugründung und die neu geschaffenen Gesamthochschulen. Zu fragen wäre in diesem Zusammenhang einerseits, welche Positionen und Akteure sich in diesen Neuordnungen auf welche Weise durchsetzen, wie sie sich aufeinander beziehen und voneinander zu unterscheiden versuchen und andererseits, welchen Beitrag eine wissensgeschichtlich, wissenssoziologische und praxistheoretisch orientierte historische Bildungsforschung zum besseren Verständnis dieser Prozesse leisten kann.

Die Vorträge auf dieser Tagung rekonstruieren unterschiedliche Entstehungsorte und Entstehungsweisen pädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Wissens in diesem Zeitraum. Manche beziehen sich auf einzelne Akteure oder Institutionen, andere konzentrieren sich auf ausgewählte Diskurse oder unterschiedliche Praktiken der Er-zeugung und der Zirkulation pädagogischen Wissens. Die Ergebnisse der Tagung wer-den in einem Tagungsband veröffentlicht.

Programm

Freitag, 20.11.2015

9:00 Uhr

Begrüßung und Einführung: Wissensfelder und Wissenspraktiken – Ansätze einer Geschichte des Wissens über Bildung und Erziehung in der Bundesrepublik.
Sabine Reh (Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des DIPF/Humboldt-Universität zu Berlin) und Edith Glaser (Universität Kassel)

9:30 Uhr

„Die heilige Kuh Bildungsgeschichte schlachten“. Wissenschaftswandel im Laboratorium des Kriegs und seine Auswirkungen auf Erziehung und Bildung.
Anne Rohstock (Universität Tübingen)

10.30 Uhr

Empirische Bildungsforschung der ersten Phase? Die ‚vergessene‘ Geschichte der Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung.
Britta Behm (Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des DIPF/Humboldt-Universität zu Berlin)

Hylla, Dewey und angewandte Erziehungswissenschaft – Forschungsorganisation in der HIPF.
Sabine Reh (Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des DIPF/Humboldt-Universität zu Berlin)

Rechts, links, empirisch? Das Deutsche Institut für International Pädagogische Forschung im bildungspolitischen Kontext der 1970er Jahre.
Benjamin Hasselhorn (Wittenberg)

13.00-14:00 Uhr Mittagsimbiss in der BBF

14:00 Uhr

„Abendländische Bildung“ gegen den „Geist der Technokratie“: Zur Rekonstruktion humanistisch-geisteswissenschaftlicher Positionen im pädagogischen Diskurs nach 1945.
Julia Kurig (Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg)

Der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen – zwischen Bewahrung und Aufbruch.
Edith Glaser (Universität Kassel)

16:15 Uhr

Von der Pauk- zur Wohlfühlschule? Westdeutsche Schuldiskurse der 1970/80er Jahre.
Monika Mattes (Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des DIPF)

Der „Bremer Plan“ zwischen gewerkschaftlicher Bildungspolitik und pädagogisch begründeter Bildungsreform.
Jakob Baier (Universität Kassel)

Im Anschluss: Möglichkeit zum gemeinsamen Abendessen

Samstag, 21.11.2015

9:00 Uhr

„Den Graben überwinden“. Das Pädagogische Zentrum Berlin als Mittler zwischen Theorie und Praxis in der Lehrerweiterbildung.
Tilman Drope (Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des DIPF)

Das „Kasseler Modell“ – Rekonstruktion einer Symbiose von Bildungsreform, Reformuniversität und innovativer Lehrerbildung.
Steffen Billich (Universität Kassel)

„Pädagogik in der Lehrerbildung“ – Krisen, Kulturen und Praktiken des Schweizerischen Pädagogischen Verbands (SPV) in Bezug auf berufliche Wissensformen in den 1960er und 70er Jahren.
Andreas Hoffmann-Ocon (Pädagogische Hochschule Zürich)

Das Allensbacher Institut als Bildungs-Beratungsakteur.
Norbert Grube (Pädagogische Hochschule Zürich)

12:30 Uhr – 13:00 Uhr Kaffeepause

13:00 Uhr

Zusammenfassung und Kommentar / Abschlussdiskussion
Britta Behm (Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des DIPF/Humboldt-Universität zu Berlin) und N.N. (angefragt)

14:30 Uhr Ende der Tagung

Kontakt

Tilman Drope

Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des DIPF, Warschauer Straße 34-38, 10243 Berlin

+49 (0)30-293360-666

drope@dipf.de

http://bbf.dipf.de/aktuelles/tagungen/tagung-wissenspraktiken-nach-1945
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