CfA: "House Arrest" – Historical Perspectives on a Criminal Sanction and Oppressive Measure

CfA: "House Arrest" – Historical Perspectives on a Criminal Sanction and Oppressive Measure

Veranstalter
Dr. des. Cornelia Baddack / Prof. Dr. Frank Jacob
Veranstaltungsort
Ort
Köln / New York
Land
Deutschland
Vom - Bis
31.01.2016 -
Deadline
31.01.2016
Website
Von
Baddack, Cornelia

Call for Articles

English version below

"Hausarrest" – historische Perspektiven auf eine strafrechtliche Sanktions- und politische Unterdrückungsmaßnahme (Arbeitstitel)

Im Juli diesen Jahres hat ein neuseeländischer Richter den ehemaligen Schlagzeuger der Hardrock-Band AC/DC, Phil Rudd, zu acht Monaten Hausarrest verurteilt. Vor kurzem wurde der südafrikanische Sportler Oscar Pistorius frühzeitig aus der Haft in den Hausarrest entlassen. Seit Februar 2011 stehen die iranischen Oppositionsführer Mehdi Karroubi, Mir Hossein Mussawi sowie dessen Ehefrau Zahra Rahnavard unter Hausarrest – ohne formale Anklage durch die iranischen Justizbehörden.

Ob als rechtlich sanktionierter Strafvollzug oder als politisch motivierte Einschüchterungs- und Unterdrückungsmaßnahme: "Hausarrest" ist ein global verbreitetes Phänomen und blickt als solches auf eine lange Geschichte zurück. In der "liberia custodia" begegnet das Konzept bereits zur Zeit des Römischen Reichs: eine Form freierer (Untersuchungs-)Haft, bei der zunächst v.a. Angehörige höherer Schichten im Haus eines Magistraten oder Senatoren verwahrt wurden. Das Österreichische Strafgesetz von 1852 sah neben Arrest ersten und zweiten Grades den Hausarrest vor – eine Form des Freiheitsentzugs, die auch im Freistaat Bern des 18. Jahrhunderts vielfachen Einsatz fand. Als ambulante Sanktions- oder Vollzugsform wird der elektronisch überwachte Hausarrest seit den 1980-er Jahren intensiv in verschiedenen Ländern getestet, oft angestoßen durch das Problem überfüllter Justizvollzugsanstalten und begleitet von kontrovers geführten Diskussionen.

In Diktaturen und autoritären Regimen, zu politischen Krisen- und Kriegszeiten sahen und sehen sich Andersdenkende im eigenen Haus festgesetzt und kontinuierlich überwacht. Bekannt ist das Beispiel des DDR-Regimekritikers Robert Havemann, der von 1976 bis 1979 unter Hausarrest gestellt wurde. Neun Jahre lang, bis zu seinem Tod 1642, wurde der Universitätsprofessor Galilei Galileo solcherart für seine weltumstoßenden Ideen bestraft. In dynastischen Strukturen fand der Hausarrest gegenüber entmachteten Herrschern Einsatz. So wurde der letzte Herrscher des Koreanischen Kaiserreichs Sunjong nach der Eingliederung Koreas in das Japanische Kaiserreich 1910 im Shōtokyū unter Hausarrest gehalten, wo er 1926 verstarb. Häufig triff Hausarrest auch Frauen – sei es an europäischen und asiatischen Höfen früherer Zeiten oder wie im noch nicht lange zurückliegenden Fall der wiederholt von der Militärregierung Myanmars unter Hausarrest gestellten Politikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Die Liste an Personen, die in verschiedenen historischen und politischen Kontexten unter Hausarrest gestellt wurden, ließe sich weiter fortführen. Wer sich aber tiefer mit der Geschichte und genaueren Gestalt des Phänomens "Hausarrest" beschäftigen möchte, wird kaum fündig. Vor diesem Hintergrund strebt der Sammelband eine Bestandsaufnahme von aktuellen Forschungen zum Untersuchungsgegenstand "Hausarrest" an. Im Fokus stehen dabei historische Perspektiven auf eine weltweit zu verschiedenen Zeiten in der Geschichte von Herrschaftssystemen oder staatlichen Behörden gegen einzelne Personen ausgeübte Sanktionsform: der strafrechlich sanktionierte oder zur Ausschaltung politischer Gegner und Gegnerinnen instrumentalisierte Hausarrest.

Ziel des Sammelbands ist die Bündelung von historischen Analysen aus unterschiedlichen Perspektiven und verschiedenen Zugangs. Die Bandbreite des Themas reicht von den politisch-sozialen Strukturen, in denen sich diese besondere Form des Freiheitsentzugs herausgebildet hat, bis zur individuellen Erfahrungsebene einzelner Akteure. Zu fragen ist außerdem nach den die Strafmaßnahme „Hausarrest“ begleitenden Diskursen, ebenso wie nach den Zielgruppen bzw. Personenkategorien, gegen die sich der Hausarrest in verschiedenen historischen Kontexten richtete. In rechtshistorischer Perspektive interessiert, wie und mit welcher Konsequenz ältere Rechtssysteme die Maßnahme "Hausarrest" im Hinblick auf das jeweils geltende Sanktionensystem interpretierten: ob als Vollzug einer Freiheitsstrafe oder als Alternative zur Untersuchungshaft. Zu untersuchen wäre auch, ob und inwiefern die gegenüber politischen Gegnern verhängten Hausarreste rechtlich 'legitimiert' wurden. Über die inhaftierte Person und die inhaftierende Justiz- oder Machtinstitution hinaus sind jene 'Subsysteme' in Augenschein zu nehmen, die eine Durchführung des Hausarrests erst garantierten – wozu spätestens seit den 1990-er Jahren private Anbieter elektronischer Überwachungsanlagen gehören.

Die HerausgeberInnen freuen sich über Beiträge aus verschiedenen Feldern der Geschichtswissenschaft und verwandter Disziplinen wie zum Beispiel der Soziologie oder Rechtswissenschaft. Diachrone Perspektiven zur Entwicklung in einzelnen Ländern bzw. Rechtssystemen sind dabei genauso willkommen wie synchrone, vergleichende Analysen, Überblicksdarstellungen genauso wie Fallstudien.

Vorschläge (max. 500 Wörter) in deutscher oder englischer Sprache sowie einen kurzen Lebenslauf richten Sie bitte bis zum 31. Januar 2016 an Cornelia Baddack (cornelia.baddack@gmail.com) und Frank Jacob (jacob.m.a84@googlemail.com). Die ausgewählten Artikel (15-20 Seiten, TNR 12, Zeilenabstand 1,5, Fußnoten im Chicago Manual of Style) sollten dann bis zum 31. Juli vorliegen, um die für Ende 2016 geplante Veröffentlichung des Sammelbandes zu gewährleisten.

"House Arrest" – Historical Perspectives on a Criminal Sanction and Oppressive Measure (working title)

In July, AC/DC drummer Phil Rudd was sentenced to eight months of house detention by a court in New Zealand. Recently the Olympic runner Oscar Pistorius was released from prison and placed under house arrest. In Iran opposition leaders Mehdi Karroubi, Mir Hossein Mousavi and Mousavi's wife Zahra Rahnavard have been under house arrest since February 2011 – without ever being tried in court.

Whether as an element of a legally sanctioned penal system or as a means of political intimidation and suppression: "House arrest" is a global phenomenon and, as such, has a long history. We can already trace this concept as "liberia custodia" in the times of the Roman Empire where persons of rank were put under surveillance and guard in the house of a senator while waiting for their trial. The Austrian Criminal Law of 1852 also consisted of – beside first- and second-degree arrest – house arrest; and during the 18th century the Free State of Bern used this form of imprisonment as well. Since the 1980s several countries have tested and introduced electronically monitored house arrest as an ambulant sanction and enforcement of sentences – often due to overcrowded detention facilities and leading to controversies.

In dictatorial and authoritarian regimes, during wartime and political crisis dissenters have seen themselves being imprisoned in their own houses and continually surveilled. Galilei Galileo had been punished for his heretical heliocentric ideas, being placed under house arrest for nine years, up to his death in 1642. In dynastical structures house arrest was deployed against monarchs deprived of their power. After the annexation of Korea by Japan in 1910 the last sovereign of the Korean Empire Sunjong was confined to house arrest where he died sixteen years later. Robert Havemann, an outspoken critic of the GDR regime, was confined to his home from 1976 to 1979. Very often it was women, for example in former European and Asian courts that were subjected to this form of imprisonment. A more recent case was the one of Aung San Suu Kyi who had been placed under house arrest by Myanmar’s military government on numerous occasions.

The list of persons having been kept under house arrest in different historical and political contexts is long. However, little is to be found as to the history and precise shape of the overall phenomenon "house arrest." Against this background, the edited volume aims to assemble the different perspectives of historical research on house arrest as a punitive measure imposed on individuals by ruling systems or state authorities – in terms of either a criminal penalty or a suppressive measure against political opponents.

The editors are interested in a wide range of topics on the global phenomenon "house arrest" spanning from the micro level of individual experience to the macro level of political and social structure. For example, contributions might explore the discourse on house detention or look at target groups of house arrest in different historical contexts. From a legal point of view, it is of interest how and to which consequences former legal systems interpreted house detention with regard to the corresponding system of criminal-law sanctions: as enforcing a sentence or as a way of pre-trial custody. Attention should be also paid to the formal 'legal' basis of house arrests against political opponents. Another focus will be set on those 'subsystems' guaranteeing the actual enforcement of house arrest which ever since the 1990s also includes private contractors of electronic monitoring systems.

The goal of the edited volume is to bring together historical analysis with different perspectives and approaches. We are seeking for contributions by historians and those working in related disciplines, e.g. the Social or Legal Sciences. Diachronic perspectives as to the development in particular countries or legal systems will be welcomed as will be synchronic, comparing analysis, overviews as well as case studies.

Please send your proposals (max. 500 words) – in English or German – together with a short CV until 31 January 2016, to: Cornelia Baddack (cornelia.baddack@gmail.com) and Frank Jacob (jacob.m.a84@googlemail.com). The editors will ask the authors of selected papers to submit their final articles (TNR 12, 1.5 spacing, max. 15-20 pages, footnotes following the latest Chicago Manual of Style) no later than 31 July 2016; the publication is scheduled for the end of 2016.

Programm

Kontakt

Cornelia Baddack
cornelia.baddack@gmail.com

Frank Jacob
jacob.m.a84@googlemail.com


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