Zwischen Kanzel und Altar. Die (neue) Materialität des Spirituellen

Zwischen Kanzel und Altar. Die (neue) Materialität des Spirituellen

Veranstalter
Freiheitsraum Reformation, Universität Oldenburg, Universität Groningen
Veranstaltungsort
Johannes a Lasco Bibliothek Emden
Ort
Emden
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.04.2016 - 29.04.2016
Website
Von
Raingard Esser

In einem 2013 erschienen Sammelband, der sich mit den Mythen der Reformation beschäftigte, hat die britische Historikerin Bridget Heal eine neue Sicht auf die traditionelle Vorstellung von der Reformation als nicht-visuellem Ereignis eingefordert. Das Schlagwort von „the Catholic eye and the Protestant ear“, so argumentiert sie, sei insbesondere für das Luthertum im langen Jahrhundert der Reformation angesichts der Fülle von alten und neuen Christusdarstellungen in lutherischen Kirchen zu entkräften. Dass beim Konfessionswechsel Veränderungen im Ausstattungsprogramm eines Kirchenraums nur sehr langsam, partiell oder gar nicht durchgeführt wurden, belegen auch die Arbeiten von Martin Wangsgaard Jürgensen für das dänische Luthertum. Auch das Thema des Ikonoklasmus (Bildersturm), der traditionell mit der Reformation – insbesondere in der reformiert-calvinistischen Ausprägung – verbunden wurde, hat in den letzten Jahrzehnten eine differenzierte Würdigung erfahren.
Damit stellt sich die Frage nach Kontinuität und Wandel von Kirchenraum und Kirchenmobiliar vom Spätmittelalter bis zur katholischen Reform, dem sich die vorgeschlagene Tagung widmen will. Die Frage nach der (neuen) Materialität des Spirituellen soll für die verschiedenen Konfessionen aus zwei Perspektiven beleuchtet werden: einmal steht die materiellen Kultur im Kirchenraum selbst im Mittelpunkt, andererseits soll die Perzeption der Objekte, deren Position im Raum oder deren Verschwinden bzw. Umwandlung durch die Zeitgenossen untersucht werden. In einer Zeit, in der der Begriff des Neuen negativ konnotiert zu sein schien, stellt die Konferenz die Frage nach der Spannung zwischen Tradition und Rearrangement des geistlichen Raumes und dessen Wahrnehmung. Der regionale Bezug zum Nordwesten als Kulturraum eignet sich für die geplante Tagung besonders, da hier die Reformation als religiöse Pluralisierung aufgrund der konfessionellen und denominationellen Binnendifferenzierung (neben den Hauptströmen der Reformation in Luthertum und Calvinismus, auch Täuferbewegung, Remonstranten, Glaubensmigranten, Quäker etc.) vielfältige Spuren an den Kirchbauten und –räumen hinterlassen hat.
Die Tagung ist interdisziplinär und international angelegt, wichtig erscheint aber auch ein Blick auf den Friesischen Raum auf beiden Seiten der deutsch-niederländischen Grenze. Es sollen gerade nicht die Hauptkirchen und Kathedralen in den Zentren konfessioneller Machtausübung im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, sondern die kleineren Kirchen und Kapellen der Peripherie, die die Lebenswirklichkeit der Zeitgenossen bestimmten.

Programm

Tagungsleitung: Raingard Esser, Rijksuniversität Groningen, Andrea Strübind, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Termin: 27.-29. April 2016
Ort: Johannes a Lasco Bibliothek Emden
Förderung: Freiheitsraum Reformation, Stadt Emden, Rijksuniversiteit Groningen, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Johannes a Lasco Bibliothek

Tagungsprogramm

Mittwoch, 27. April 2016
Beginn: 15:00 Begrüßung, JAL, Repräsentantinnen des Freiheitsraums Reformati-on, Veranstalterinnen

15:15-16:00
Zur Einführung: Die Materialität religiöser Vielfalt
Prof. Dr. Dagmar Freist / Christina Beckers (Oldenburg), Die Materialität religiöser Vielfalt

Überbleibsel - Kontinuitäten
16:00-16:45
Klaas Dieter Voß (Emden), MA, Die Große Kirche in Emden und ihre konfessionell begründeten Umgestaltungen

16:45-17:30
Dr. Holger Balder (Rysum), Die Rysumer Kirche – frömmigkeitsgeschichtliche Spurensuche

17.30-18.30 Führung durch die Bibliothek (Klaas Dieter Voß)

18:30 Abendessen

19:30 Öffentlicher Abendvortrag
Prof. Dr. Andrea Strübind (Oldenburg), Reformatorische Bilderkritik und neue “Bild-lichkeit” im Protestantismus

Empfang/Umtrunk – (Stadt Emden, Grußwort Bürgermeister)

Donnerstag, 28. April 2016
Memoria
9:00-9.45
Prof. Dr. Christoph Auffarth (Bremen), Die Reformation der Memoria – die Memoria der Reformatoren: Kontinuitäten und Brüche am Beispiel der Epitaphien (in Bre-men)

9.45-10.30
Dr. Piotr Birecki (Torún), Furnishing the church in Rodowo in Ducal Prussia as a meeting point of noble's and peasant's Protestant piety.

10.30 -10:45 Kaffeepause
Innen und Außen

10.45-11.30
Dr. Alfred Rauhaus (Weener), Reformierte Kirchen von innen und außen

11:30-12:15
Prof. Dr. Justin Kroesen (Bergen), Medieval Remains in Reformed Churches in Friesland and Groningen

12:30-14:00 Mittagspause

Schrift und Bild
14:00-14:45

Dr. Dietrich Diederichs-Gottschalk (Padingbüttel), Schriftaltäre des 16. Jh. als inter-konfessionelle Zeugnisse in Ostfriesland

14:45-15:30

Jacolien Wubs, MA (RUG, Groningen), 'To Proclaim, to Instruct and to Discipline. The Visuality of Texts in Calvinist Churches in the Dutch Republic'

15:30-16:00 Kaffeepause

Kunst und Kirchengeschirr
16:00-16:45
Dr. Ruth Slenczka (Berlin), Die Gebetbücher und die Silberbibliothek Albrechts von Preußen

16:45-17:30
Angela Schiffauer, MA (Fribourg/Zürich), Emder Glasmaler in England: Berend und Abraham van Lingen

Stadtführung

19.00 Abendessen

Freitag, 29. April
Europäische Vergleiche

9:00-9:45
Prof. Dr. Raingard Esser (Groningen)
Shared confessional space in the Netherlands

9:45-10:30
Prof. Dr. Steven Ellis, (Galway), 'Planting true religion’: the Reformation of churches in Tudor Ireland

10:30-11:15
Dr. Martin Wangsgaard Jürgensen (Kopenhagen), Danish Village Churches

11:15 – 11:30 Wrapping up / Abschlussdiskussion

12:00 gemeinsames Mittagessen
Abreise

Kontakt

Prof.Dr. Raingard Esser
Department of History
University of Groningen
Oude Kijk in't Jatstraat 26
9712 EK Groningen
The Netherlands


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