Baltische Bildungsgeschichte(n)

Baltische Bildungsgeschichte(n)

Veranstalter
Prof. Dr. Jürgen Joachimsthaler (Philipps-Universität); Prof. Dr. Silke Pasewalck (Universität in Kooperation mit dem Baltisch-Deutschen Netzwerk Germanistik
Veranstaltungsort
Universität Tartu
Ort
Tartu
Land
Estonia
Vom - Bis
19.09.2016 - 22.09.2016
Website
Von
Prof. Dr. Jürgen Joachimsthaler

Interdisziplinäre Tagung, 19.-22.9.2016, Tartu

Im Zuge von Handelskontakten, Christianisierung, Ordenskriegen und Rechtsimport gerieten die autochthonen Völkerschaften des baltischen Raums unter kulturelle, sprachliche und politische Einflüsse unterschiedlichen Gewichts. Sie wurden dadurch Formierungsprozessen ausgesetzt, die immer wieder mit kolonialen Prozessen verglichen werden. Auf Seite der dominierenden Kulturen (Deutsche, Dänen, Polen, Schweden, Russen) hatte dies ein beträchtliches Aufgebot an wirtschaftlichen, juristischen, religiösen und kulturellen Einrichtungen zur Folge, ein Heer von Spezialisten (Amtsleute, Juristen, Pfarrer, Literaten, Pädagogen) sollte die Machtverhältnisse auch im Bewusstsein der Beherrschten verankern. Zu diesem Zweck und aufgrund des Muttersprachengebots seit der Reformation mussten viele dieser Spezialisten sich mit den dominierten Kulturen und Sprachen beschäftigen, was in Publizistik, Literatur und Wissenschaft zu einer verstärkten Reflexion über die baltischen Sprachen und Ethnien sowie über das asymmetrische Spannungsgefüge zwischen jeweils überlegener und unterlegener Kultur führte. Gesetzgebung und kulturelle Arbeit sollten zugleich das soziale und kulturelle Überleben der herrschenden Minderheiten sichern. Diese Situation führte zu einer zeitweise in ganz Europa sichtbaren außergewöhnlichen Dichte an Bildungsanstrengungen im Baltikum (man denke nur an die zahlreichen Hofmeister des 18. Jahrhunderts, die den geistigen Austausch weit über das Baltikum hinaus sicherten). In die kulturelle Sphäre der Mächtigen hineinsozialisierte Gelehrte oft bäuerlicher Herkunft begannen schließlich von den dominanten Bildungswelten aus und mit deren Mitteln, aber gegen sie Konzepte einer ‚eigenen‘ Kultur der jeweiligen baltischen Sprachgemeinschaften zu erarbeiten. Damit einher ging eine innere Formierung der baltischen Völker seit der Zeit des ersten „nationalen Erwachens“, die oft ihrerseits Symptome einer „inneren Kolonisation“ (wie in Preußen die planmäßige Ausformung der eigenen Gesellschaft genannt wurde) zeigen. Wie alle Nationen konstituieren ja auch die baltischen Nationen sich selbst – zeitweise in erzwungener Abstimmung mit sowjetischen Vorgaben – mit Hilfe von Bildungsmaßnahmen, Schulen, Literatur, Kultur, Medien, Sprachpolitik etc. In der Gegenwart müssen sie nun umgehen mit Minderheiten, insbesondere natürlich der russischen, sowie mit Sprach- und Kulturkontaktsituationen verschiedenster Art.

Baltische Geschichte, aber auch Wirtschaft, Verwaltung, Sprache, Recht, Kultur und Literatur der baltischen Länder berühren so fast unvermeidlich in fast allen ihren Dimensionen den Aspekt „Bildung“ – über die Sprach- und Kulturgrenzen hinweg lassen die Geschichten der baltischen Völker und Kulturen sich (auch) als Bildungsgeschichten erzählen. Für das Thema „Bildung“ stellt das Baltikum drüber hinaus eine Schlüsselregion von besonderem exemplarischen Wert dar: Bildung hat ja ohnehin immer eine koloniale Dimension, insofern als überlegen definierte Personen angeblich Unterlegenen mit dem Versprechen oder dem Anspruch gegenübertreten, diese einem Konzept gemäß zu „bilden“, demzufolge sie erst zu richtig ‚gebildeten‘ Menschen werden können sollen. Dass der Gegensatz zwischen Bildenden und zu Bildenden im Baltikum lange Zeit auf verschiedene ethnische Gruppen verteilt sein konnte, macht diese jeder Bildung inhärente Spannung umso sichtbarer. Das Thema „Baltische Bildungsgeschichte(n)“ bietet so Platz für viele Forschungsansätze aus allen Bereichen der kulturhistorischen wie der gegenwartsbezogenen Baltikumsforschung. Wir bitten um Tagungsbeiträge, die in dieses breite Spektrum passen, seien es Analysen relevanter Diskursfelder, religiöser oder kultureller Strömungen und Einrichtungen oder ganzer wissenschaftlicher Fächer, seien es Forschungen zu exemplarischen oder herausragenden Geschichten Einzelner, Gruppen oder ganzer Völker.

Programm

Baltische Bildungsgeschichte(n).
Interdisziplinäre Tagung
Tartu, 19.-22.09.2016

Programm
19.09.
Ankunftstag (Begrüßungstreffen am Abend)

20.09.
Hauptgebäude der Universität Tartu, Aula (reserviert von 8:30-12:30)

9:00 Tagungseröffnung
Margit Sutrop (Dekanin der Philosophischen Fakultät): Offizielle Begrüßung
Christoph Eichhorn (Deutscher Botschafter in Estland): Offizielle Begrüßung
Jürgen Joachimsthaler (Marburg): Baltische Bildungsgeschichte(n)
Silke Pasewalck (Tartu): Das Baltikum als Modellregion
10:00-11:00 Eröffnungsvortrag
Heinrich Bosse (Freiburg): Ständische Bildung in den russischen Ostseeprovinzen
11:00-11:30 Kaffeepause

Jakobi 2-114 und weitere Räume in Jakobi 2 und Lossi 3 (13:30-18:30)
Sektion 1: Medien der Bildung (Sektionsleitung Ulrike Plath und Maris Saagpakk)
In der Sektion soll die Vielfalt der Medien aufgezeigt werden, über die Bildungsinhalte vom Ende des 18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts vermittelt wurden. Auch wenn das Buch häufig als Inbegriff und Symbol der Bildung angesehen wird, müssen doch gerade für den baltischen Raum mit seinen ausgeprägten Strukturen der Mündlichkeit auch andere Medien sowie mediale Übergangs- und Mischformen mitberücksichtigt werden. Neben dem gedruckten Wort in seinen unterschiedlichen Ausprägungen wollen wir daher auch über Theater, Musik und Kunst sprechen und die in den jeweiligen Medien gewählten Bildungsinhalte vergleichend diskutieren.
11:45-12:00 Eröffnung der Sektion: Ulrike Plath (Tallinn) und Maris Saagpakk (Tallinn)
12:00-12.30 Ruth Florack (Göttingen): Gelebte Bildung: Die Gelegenheitsschriften der Sammlung Recke
12:30-13:00 Alīda Zigmunde (Riga): Die in Riga herausgegebene Presse für Bildung und Erziehung in deutscher Sprache (vom Anfang 19. Jahrhunderts bis 1939)
13:00-13:30 Tiina-Mall Kreem, Linda Kaljundi (Tallinn): Visual media and entangled pasts: Estonian and Latvian adaptations of the Baltic German historical images
13:30-15:00 Mittagspause
15:00-15:30 Maris Saagpakk (Tallinn): Komische Bildung oder Bildung durch die Komödie. August von Kotzebue und sein estnisches Publikum
15:30-16:00 Tiiu Ernits (Tartu): Die Lehrbücher im Musikunterricht als Medien der Bildung und wesentliche Kulturträger in den deutsch- und estnischsprachigen Schulen 1860–1914
16:00-16.30 Kaffeepause
16:30-17:00 Ulrike Plath (Tallinn): Deutschbaltische Kinder- und Jugendbücher als Medien der Bildung
17:00-17:30 Abschlussdiskussion zur Sektion

Sektion 2: Sprachen der Bildung – Bildung der Sprachen (Sektionsleitung Reet Bender und Eglė Kontutytė)
In der Sektion soll die Rolle der Sprache als Instrument der Bildung in Geschichte und Gegenwart (z.B. anhand der Bibelübersetzung aus dem Deutschen oder der Funktion von Mehrsprachigkeit in der Sowjetzeit und heute) sowie als Ziel der Bildung diskutiert werden. Zu erörtern wird dabei auch die Frage sein, inwiefern Sprache als Ausdruck von Identität (nationaler, regionaler, europäischer) verstanden werden kann.
11:45-12:00 Eröffnung der Sektion: Eglė Kontutytė (Vilnius) und Reet Bender (Tartu)
12:00-12.30 Stephan Kessler (Greifswald): Johann Wischmann (†1705) – der Opitz von Nordkurland?
12:30-13:00 Lina Plaušinaitytė, Vilma Zubaitienė (Vilnius): Die litauische Übersetzung des Neuen Testaments (1727, 1735) als Quelle der litauischen Lexikographie des 18. Jhs.
13:00-13:30 Reet Bender (Tartu): Deutschbaltische Studentensprache als eine Widerspiegelung der historischen Sprachsituation im Baltikum
13:30-15:00 Mittagspause
15:00-15:30 Gita Bērziņa (Riga): Ancient Greek in Educational History of Riga
15:30-16:00 Brigita Cīrule (Riga): Latin Teaching in the Early Educational History of Riga
16:00-16.30 Kaffeepause
16:30-17:00 Heiko Marten (Potsdam/Rēzekne): Lettgallisch im Bildungssektor: Traditionen, Unterdrückung und Revitalisierung im europäischen Kontext
17:00-17:30 Eglė Kontutytė (Vilnius): Mehrsprachigkeit in linguistischen Publikationen in Litauen zu der Sowjetzeit und heute

Sektion 3: Bildung, Schule und Integration (Sektionsleitung: Jürgen Joachimsthaler und Monika Reif-Hülser)
Die Beiträge dieser Sektion blicken auf Bildung im Sinn von Erziehung und Sozialisation durch Bildungsinstitutionen, wobei auch das auf Bildung blickende Medium wie der Bildungsroman oder Erinnerungsliteratur mit in den Blick genommen wird. Thematisch umfasst das Spektrum der Beiträge den Umgang mit dem Problem zu geringer Bildungsmöglichkeiten sei es in der Frühen Neuzeit, sei es für die „Findlinge“ nach dem Zweiten Weltkrieg über (weibliche) Bildungsmigration aus dem Baltikum, konkreten Schulerfahrungen von Autoren unterschiedlicher nationaler Zugehörigkeit bis hin zu aktuellen Problemen der Bildung im Baltikum.
11:45-12:00 Eröffnung der Sektion: Jürgen Joachimsthaler (Marburg) und Monika Reif-Hülser
12:00-12.30 Liina Lukas (Tartu): Der Bildungsroman - ein Tartuer Beitrag zur Romantheorie
12:30-13:00 Trude Maurer (Göttingen): ‚Baltische‘ Doktorinnen deutscher Universitäten. Zur Prägung weiblicher Studien- und Berufswege durch ethnisch-kulturelle und soziale Herkunft
13:00-13:30 Valentina Talerko (Daugavpils): Verstellte Wahrheit: Darstellung des Schul- und Studentenalltags in Werken deutschbaltischer Autoren der Zwischenkriegszeit
13:30-15:00 Mittagspause
15:00-15:30 Monika Reif-Hülser (Konstanz): Findlings-Geschichten als Bildungsgeschichte(n), oder: ein Thema der Integration?
15:30-16:00 Olaf Mertelsmann (Tartu): Der Umbau des estnischen Bildungswesens unter den Sowjets in den vierziger und fünfziger Jahren
16:00-16.30 Kaffeepause
16:30-17:00 Kairit Kaur (Tartu): Die Vermittlung der deutschbaltischen literarischen Kultur in der estnischen Schule von heute? Möglichkeiten und Herausforderungen
17:00-17:30 Karlheinz Hülser (Konstanz): Baltische Bildungsgeschichte und ein altes Bildungsideal

Sektion 4: Symbolische ordnungen (Sektionsleitung: Karsten Brüggemann
und Jaan Undusk)
Der Begriff der „Symbolischen Ordnungen“ soll für diese Sektion recht weit gefasst und auf allerlei Vorstellungen von kulturellen Verhältnissen bzw. sozialen Strukturen angewandt werden. Zur Sprache kommen ganz allgemein Vorstellungen vom Menschen in der Aufklärung, die ordnungsschaffende Kategorie des Wissens, literarische Bilder des Baltikums, eine transnationale Praxis als Kern nationaler Kultur sowie Bilder der Vergangenheit, die im Heute sinnstiftend wirken sollen.
11:45-12:00 Eröffnung der Sektion: Karsten Brüggemann (Tallinn) und Jaan Undusk (Tallinn)
12:00-12.30 Andris Levans (Riga): Von rechtsgelehrten Schreibern und Mädchen, die Briefe schreiben können. Bildungsnot und -stand in Livland des späten Mittelalters
12:30-13:00 Hans Graubner (Göttingen): Zur anthropologischen Differenz zwischen den frühen Erziehungs- und Bildungskonzepten bei Hamann und Herder
13:00-13:30 Jörg Hackmann (Szczecin): Sängerfeste und symbolische Ordnungen
13:30-15:00 Mittagspause
15:00-15:30 Gabriela Ociepa (Marburg): Das Baltikum in den Romanen von Henryk Sienkiewicz
15:30-16:00 Jürgen Joachimsthaler (Marburg): Baltikum und Weltordnung. Die archäologischen Phantasien der Marija Gibutas.
16:00-16.30 Kaffeepause
16:30-17:00 Abschlussdiskussion zur Sektion

Weißer Saal des Universitätsmuseums auf dem Domberg
19:00-22:00 Abendvortrag
Gert von Pistohlkors (Göttingen): Schulbildung und sozialer Aufstieg für Esten und Letten in Livland in deutschbaltischer Perspektive (1860 bis 1914)

anschließend Büffet
21.09.
Hauptgebäude der Universität Tartu, Auditorium 128 (reserviert von 8:00-12:00 Uhr)
9:00-10:00 Plenarvortrag Ljubov Kisseljova (Tartu): Imperial ideology in the high-school history textbooks at the end of the 19th and the beginning of the 20th century
10:00-11:00 Plenarvortrag Jaan Undusk (Tallinn)
11:00-11:30 Kaffeepause

Jakobi 2-114 (11:00-17:00)
Sektion 5: Institutionen der Bildung (Sektionsleitung: Liina Lukas und Silke Pasewalck)
Die Sektion fokussiert am Leitfaden der Chronologie zahlreiche Bildungseinrichtungen im historischen Estland und Livland vom 17. Jahrhundert bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen (Geschichte, Rechtgeschichte, Theologie, Germanistik). Dabei werden sowohl spezifische Institutionen (wie etwa das Lyceum zu Riga, die Rigaer Domschule oder die Universität Dorpat) in den Blick genommen als auch verschiedene Institutionen-Typen (Gerichtsstube, orthodoxe Schulen, universitäre Einrichtungen) auf deren Bildungsfunktion hin näher beleuchtet.
11:30-11:45 Eröffnung der Sektion: Liina Lukas (Tartu) und Silke Pasewalck (Tartu)
11:45-12:15 Peter Wörster (Marburg): Drei Jahrhunderte Bildungsgeschichte im Spiegel einer Einrichtung: Das Lyzeum zu Riga und seine Nachfolgeeinrichtungen (1675-1917)
12:15-12:45 Matthias Asche (Tübingen): Die Professorenprofile an den beiden ersten Dorpater Universitäten – akademische Mobilitäts- und soziale Vernetzungs-phänomene in der nord- und mitteleuropäischen Gelehrtenrepublik des 17. und frühen 18. Jahrhunderts
12:45-13:15 Kaspar Renner (Berlin): Mikrologie der Bildung: Herder als Lehrer an der Domschule zu Riga (1764-1769)
13:15-14:30 Mittagspause
14:30-15:00 Felix Köther (Marburg): „Professor Kalendermacher“ – Die Kalender- und Zeitungsprivilegien der Mitauer Academia Petrina
15:00-15:30 Beata Paškevica (Riga): Zur Geschichte der Lehrerausbildungsstätte von Magdalena Elisabeth von Hallart (1683 – 1750) für die Nationalen (die Letten) in den Jahren 1738 bis 1742
15:30-16.00 Michael Rocher (Halle-Wittenberg): Das Waisenhaus in Alp – eine Bildungseinrichtung des 18. Jahrhunderts für alle?
16:00-16:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Sektion 6: Akteure der Bildung (Sektionsleitung: Jost Eickmeyer und Anu Schaper)
In dieser Sektion wird ein bildungsgeschichtlich weiter Bogen vom 16. bis ins 20. Jahrhundert geschlagen, um aus Perspektive diverser Disziplinen (Geschichte, Literaturwissenschaft, Theologie, Philosophie, Musikwissenschaft) wichtige Akteure der Bildungslandschaft Baltikum (u.a. Vestring, Hamann, von der Recke, Cimze), ihr Handeln und ihre Wirkungen zu beleuchten. Dabei wird es gleichermaßen um das sozialgeschichtliche Umfeld gehen, in dem agiert wird (etwa die Möglichkeiten eines frühen Humanismus in Livland), wie auch um publizistische oder philosophische Konzeptionen von Bildung und die jeweilige pädagogische oder bildungspolitische Praxis. Ein Vortrag über Otto A. Webermann soll als Reflexion über die Geschichte der baltischen Bildungsgeschichtsschreibung das Panorama abrunden.
11:30-11:45 Eröffnung der Sektion: Jost Eickmeyer (Berlin) und Anu Schaper (Berlin/Tallinn)
11:45-12:15 Martin Klöker (Osnabrück/Tallinn): Schule und Kirche: Heinrich Vestring als Reformer des Revaler Schulwesens
12:15-12:45 Ludmila Dub’eva (Tartu): Senator Manasein’s revision in 1882‐1883 and the teachers of Rural Orthodox Peasant schools
12:45-13:15 Raivis Bičevskis (Riga): Johann Georg Hamann zwischen der Bildung der Handelsrepublik und der Bildung des Nichtwissens
13:15-14:30 Mittagspause
14:30-15:00 Aiga Šemeta (Riga/Berlin): C. George [i.e. Johann Georg Czarnewski] (1766‐1832) und seine Zeitschrift „Geoponika“ in Zeiten des Bildungsraubs (18. Jhd.). Zu Bildungsmöglichkeiten in den deutschen Ostseeprovinzen Russlands ohne “Mutterland” Deutschland.
15:00-15:30 Valérie Leyh (Liège): Die Familie von Medem: Zur Verbindung von Bildung, Literatur und Politik in Kurland
15:30-16.00 Aīda Krūze / Ieva Sproģe (Riga): Jānis Cimze (1814-1881) – eine herausragende Persönlichkeit in der Baltischen Bildungsgeschichte
16:00-16:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Sektion 7: Nation building – Bildung der Nationen (Sektionsleitung: Thomas Taterka und Olga Basileviča)
Die Sektion beschäftigt sich mit der Rolle der Kategorie der Nationalität in Geschichte und Gegenwart des Baltikums als einer ausgesprochen pluriethnischen und multikulturellen europäischen Region. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei Prozessen der Formierung kollektiver Identitäten in Recht, Religion, Schule, Literatur, Massenmedien, Historiographie und Memorialkultur. Notwendig stehen dabei Phänomene des Kulturkontakts ebenso im Mittelpunkt wie Kulturkontraste und Kulturkonkurrenzen.
11:30-11:45 Eröffnung der Sektion: Thomas Taterka (Riga) und Olga Basileviča (Gießen)
11:45-12:15 Olga Bazileviča (Gießen): Von Versuchen, sich (neu) zu konzipieren. Letten, Lettland und „Lettentum“ nach 1986
12:15-12:45 Anja Lange (Kiew): „Unser Lettland“ – Nationenerziehung für Kinder
12:45-13:15 Petr Mirejovsky (Camrose): The teaching of History in Bohemia and the Czech-German Conflict (1845 – 1945)
13:15-14:30 Mittagspause
14:30-15:00 Elina Adamson (Tartu): Dorpat-Bilder in der deutschsprachigen Literatur als ein Raum des Kulturtransfers: wie wird der Andere in der Musenstadt erzogen?
15:00-15:30 Benedikts Kalnačs (Riga): Ein Doppelgänger: Der Schriftsteller Rūdolfs Blaumanis (1862 – 1908) zwischen der lettischen und der deutschen Kultur
15:30-16.00 Silke Pasewalck (Tartu): Estnische Geschichte im Spannungsfeld kultureller Diversität. Jaan Kross’ Romane als Bildungsgeschichten
16:00-16:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Sektion 8: Strukturen der Macht in Sprache, Literatur und Kultur (Sektionsleitung: Rūta Eidukevičienė und Andreas F. Kelletat)
In der Sektion sollen die durch religiöse, politische und kulturelle Kolonisierungsprozesse verursachten Machtverhältnisse im baltischen Raum, einschließlich Preußisch Litauen, aus kulturhistorischer Perspektive diskutiert werden. Chronologisch betrachtet liegt der Schwerpunkt auf den Missionierungsanstrengungen und erzieherischen Schriften lutherischer Pastoren und Prediger (17. und 18. Jahrhundert), den politischen Bildungskonzepten des deutsch-baltischen Bürgertums Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts und den komplexen Identitätsdiskursen der Deutschbalten in den 1950er und 1960er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Beiträge sollen deutlich machen, dass die genannten Machtverhältnisse sowohl den Ideengehalt der publizistischen und literarischen Schriften der beteiligten Akteure als auch verschiedene sprachliche Konstellationen und den sprachlichen Ausdruck selbst bestimmen.

11:30-11:45 Eröffnung der Sektion: Rūta Eidukevičienė (Kaunas) und Andreas F. Kelletat (Germersheim)
11:45-12:15 Andres Andresen (Tartu): Between Colonialism and Enlightenment: The Lutheran Church as the Formative Cultural Force in the Baltic Provinces
12:15-12:45 Gregor Babelotzky (Cambridge): Lenz und Lenz: Allmächtiger Vater und verlorener Sohn – Die Gewalt/Macht der Predigt und ihre Transformation durch die Literatur
12:45-13:15 Alina Kuzborska (Olsztyn): Die Polarität von Macht und Gesellschaft in den ,Metai’ von Kristijonas Donelaitis
13:15-14:30 Mittagspause
14:30-15:00 Anja Wilhelmi (Lüneburg): Deutschbaltische Pastoren und ihr Verständnis von Bildungsvermittlung
15:00-15:30 Anton Philipp Knittel (Flein): „Durch die Macht der Verhältniße zur Ordnung gezwungen“. Die Kügelgens, eine deutsch-baltische Familie des Bildungsbürgertums
15:30-16.00 Antje Johanning-Radžienė (Daugavpils): Bedeutung von Bildung in der Minderheitenpolitik Paul Schiemanns
16:00-16:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Nachmittagsangebote: Museumsbesuch oder Stadtführung

Stadtmuseum
19:00-22:00 Uhr Buffetempfang mit Musik

22.09.
Jakobi 2-114 (8:30-12:00)
Sektion 5: Institutionen der Bildung (Sektionsleitung: Liina Lukas und Silke Pasewalck)
9:00-9:30 Markus Käfer (Heidelberg): Das Bildungsprogramm der 1802 wiedergegründeten Universität Dorpat
9:30-10:00 Marju Luts-Sootak (Tartu): Die Gerichtsstube als Bildungsanstalt: die Gerichtsbarkeit in den bäuerlichen Rechtssachen im 19. Jahrhundert
10:00-10.30 Alexei Kouprianov / Tatiana Kostina (St. Petersburg): Turning from a peripherial European into a provincial Russian University: mobility patterns of the faculty at Dorpat and their temporal dynamics (1802-1884)
10:30-11:00 Irina Paert (Tartu): Organic intellectuals or troublemakers? Teachers in the Orthodox schools in Baltic provinces between 1840 and 1914.
11:00-11:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Sektion 6: Akteure der Bildung (Sektionsleitung: Jost Eickmeyer und Anu Schaper)
9:00-9:30 Jost Eickmeyer (Berlin): „Sodalitas litteraria Rigensis“? Umrisse eines Netzwerks livlandischer Humanisten im sechzehnten Jahrhundert
9:30-10:00 Anu Schaper (Berlin/Tallinn): Johann Valentin Meder (1649–1719) und der Musikunterricht am Revaler Gymnasium
10:00-10.30 Ulrich Kronauer (Heidelberg): Garlieb Merkels Rousseau (Garlieb Merkel als Vermittler Rousseaus im Baltikum)
10:30-11:00 Dorothee M. Goeze (Marburg): Der "zu Bildende" oder der "Bildende"? Kultur- und Wissensvermittlung in Zeiten des Kalten Kriegs am Beispiel des Esten Otto A. Webermann
11:00-11:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Sektion 7: Nation building – Bildung der Nationen (Sektionsleitung: Thomas Taterka und Olga Basilevica)
9:00-9:30 Alīna Romanovska (Daugavpils): Tätigkeit der Herrnhuter im Bildungsbereich: Geschichte und Literaturdiskurs
9:30-10:00 Viktorija Šeina (Vilnius): Zur Formierung des Verständnisses von Nationalität im Unterricht der litauischen Literatur (1918 – 1940)
10:00-10.30 Benjamin Naujoks (Köln): Bildung am Bösen? Černobyl‘ und Ignalina – vom (post-)kolonialen Erbe zur europäischen Frage
10:30-11:00 Abschlussdiskussion zur Lektion
11:00-11:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Sektion 8: Strukturen der Macht in Sprache, Literatur und Kultur (Sektionsleitung: Rūta Eidukevi
ienė und Andreas F. Kelletat)
9:00-9:30 Łukasz Sommer (Warschau): Imagined geographies of language kinship: The Finno-Ugric conferences (1921-1938) and the Baltic space
9:30-10:00 Rolf Füllmann (Köln): Elegische Ethnographie und ‚alte Burschenherrlichkeit‘ an der Universität Tartu: das estnisch-deutsche Verhältnis von ‚Jaschka und Janne‘ (Siegfried von Vegesack)
10:00-10.30 Silvia Machein (Heidelberg): Baltisches Erbe – (post)kolonialer Diskurs und kulturelle Verortung der Deutschbalten in Selbst- und Fremdzeugnissen der fünfziger Jahre
10:30-11:00 Lina Uzukauskaite (Salzburg): Gegen die Sprache der Macht: Zur ,äsopischen Sprache‘ in der litauischen Literatur der Sowjetzeit
11:00-11:30 Kaffeepause (Jakobi 2, Raum 115)

Hauptgebäude der Universität Tartu, Auditorium 128 (11:30-16:00)
12:00-13:00 Plenarvortrag Rūta Eidukevičienė (Kaunas): Deutsche Bildungskonzepte in Litauen während und zwischen den beiden Weltkriegen: Zwangsmaßnahmen und Innovationen
13:00-14:00 Plenarvortrag Thomas Taterka (Riga)
14:00-15:00 Mittagspause
15:00-16:00 Abschlussveranstaltung

Danach individuelle Abreise

Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

http://www.kulturstaatsministerin.de

Kontakt

Prof. Dr. Jürgen Joachimsthaler

Institut für Neuere deutsche Literatur

Philipps-Universität Marburg

Wilhelm-Röpke-Straße 6A

D-35039 Marburg

e-mail: juergen.joachimsthaler@uni-marburg.de

Tel.:06421 28-24673 / 24674