Theoretisieren, Argumentieren, Disziplinieren. Machtträger und (Krisen-) Management im Zeichen der Moral (8.–16. Jahrhundert)

Theoretisieren, Argumentieren, Disziplinieren. Machtträger und (Krisen-) Management im Zeichen der Moral (8.–16. Jahrhundert)

Veranstalter
TU Darmstadt, Institut für Geschichte, Fachgebiet Mittelalter (Lehrstuhl Prof. Dr. Gerrit J. Schenk): Stephan Ebert, Kristin Zech
Veranstaltungsort
TU Darmstadt, Rundeturmstraße 10, Gebäude S3/20, Raum 18
Ort
Darmstadt
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.12.2016 - 10.12.2016
Deadline
30.11.2016
Website
Von
Stephan Ebert / Kristin Zech

„Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen“. Als Zuspitzung schwer beherrschbarer Situationen fordern Krisen Machtträger heraus. Sie verlangen zeitnah nach Maßnahmen zur Überwindung der Krise. Diese Maßnahmen sind jedoch kein reines Improvisationsprodukt. Sie haben vielschichtige Grundlagen. Einerseits entstehen sie auf Basis theoretischer Konzepte von Herrschaft, wie sie etwa in Fürstenspiegeln fassbar sind, andererseits bilden sie auch zeitgenössische Wahrnehmungs- und Deutungsmuster einer Gemeinschaft ab, indem sie zum Beispiel Stellung „zur Überwindung gegenwärtiger Not“ beziehen. Daneben bieten Krisensituationen grundsätzlich die Möglichkeit, neue oder bereits länger diskutierte Ideen normativ umzusetzen.

Aufgrund ihrer Dringlichkeit eignen sich Maßnahmen zur Krisenbewältigung gut, um sie auf ihre Entstehungshintergründe und ihre Begründungszusammenhänge hin zu untersuchen.
Für politischen Erfolg ist die ‚richtige‘ Argumentation in diesem Kontext entscheidend. Wie argumentieren Machtträger des Mittelalters in solchen Momenten und welche Rolle spielt dabei die Moral?
Diese zunächst allgemeine Frage geht davon aus, dass ‚richtige‘ Argumentation mehrere Felder gleichzeitig bespielen muss. Sie sollte politisch und moralisch vertretbar sein und – so bleibt zu prüfen – traditionelle und progressive Vorstellungen vereinen. Die Tagung möchte diese Vielschichtigkeit in den Argumentationen von Machtträgern anhand ihrer Korrespondenzen auf dem Weg zur Entscheidungsfindung, anhand normativer Texte oder aber der historiographischen Darstellung von krisenhaften Entwicklungen diskutieren. Explizit soll das Argument der Moral in den Fokus rücken. Dabei kann es sich um die Moral des Machtträgers selbst handeln, um die behauptete Unmoral der ‚Konkurrenz‘ oder um die disziplinierende Durchsetzung von Moralvorstellungen zur Überwindung der Krise.

Mittelalterliche Quellen werden über die longue durée der Epoche entsprechend neu befragt und Beiträge aus der Karolingerzeit sowie dem Hoch- und Spätmittelalter diskutiert. Ein ‚Ausblick‘ in das 16. Jahrhundert und die Nutzung der Moral in den Argumentationen von Policeyordnungen rundet die Veranstaltung ab.

Die Tagung, die insbesondere Beiträge junger WissenschaftlerInnen berücksichtigt, soll so das Gespräch über Wandlungsprozesse oder persistente Spezifika des Krisenmanagements von Machtträgern im Zeichen der Moral während des Mittelalters in Gang setzen.

Programm

Freitag, 9. Dezember 2016

Ab 13 Uhr Eintreffen
14.00 Uhr Begrüßung und Einführung: Stephan Ebert, Kristin Zech (Darmstadt)

Moderation: Tim Geelhaar (Frankfurt am Main)

Sektion I: Moral als Handlungsanweisung und Diskreditierungsinstrument
14.30 Uhr Georg Friedrich Heinzle (Köln): „Moral und Recht im Bürgerkrieg. Zur Verknüpfung argumentativer Ebenen bei Nithard“
15.15 Uhr Simon Groth (Düsseldorf): „Der ‚Tyrann‘ und der ‚Räuber‘. Argumentationsmuster in der karolingischen ‚Krise‘ des Jahres 858“
16.00 Uhr Kaffeepause

Sektion II: Moral. Die Richtschnur der Entscheidungsfindung?
16.30 Uhr Stephanie Plass (Erlangen): „Was der Herr verhindern möge. Giraldus Cambrensis und der suspendierte Erzbischof von Canterbury“
17.15 Uhr Andrea Riedl (Wien): „Summi pontificis sit vigilare diligenter. Kirchliches Krisenmanagement im Umfeld des II. Konzils von Lyon (1274)“
18.30 Uhr Gemeinsames Abendessen

Samstag, 10. Dezember 2016

Moderation: Jessika Nowak (Frankfurt am Main)

Sektion III: Moral in Theorie und Praxis. Konzeptionelle Grundlagen, machtpolitische Umsetzungen
9.00 Uhr Silke Schwandt (Bielefeld): „Herrscherlegitimation und Herrscherhandeln. Der Gebrauch von ‚virtus‘ in mittelalterlichen Fürstenspiegeln“
9.45 Uhr Matthias Heiduk (Erlangen): „Zeitalter der Krise, Zeitalter der Verschwörung? Spätmittelalterliche politische Kommunikation und die Moral des Königs am Beispiel des Templerprozesses“
10.30 Uhr Kaffeepause

Sektion IV:Disziplinieren. Machtausübung und Rechtfertigung
11.00 Uhr Eileen Bergmann (Trier): „Krisenmanagement in Venedig. Der Consiglio dei dieci zur Zeit der Handelssperren Sigismunds (1412-1433)“
11.45 Uhr Saskia Limbach (St. Andrews): „'Zu ferner Verhütung solchs verderblichen Nachteils'. Zur Argumentation in Policeyordnungen des 16. Jahrhunderts”
12.30 Uhr Imbiss

13.15 Uhr Gerrit J. Schenk (Darmstadt): Zusammenfassung und Abschlussdiskussion
14.30 Uhr Ende der Tagung

DiskutantInnen und ZuhörerInnen sind herzlich willkommen! Wir bitten um entsprechende Anmeldung bis zum 30.11.2016 unter: ebert@pg.tu-darmstadt.de

Kontakt

Stephan Ebert

Institut für Geschichte, Fachgebiet Mittelalter, Dolivostraße 15 64293 Darmstadt

0049-6151-16 5 73 25

ebert@pg.tu-darmstadt.de