Tschernobyl – Wendepunkt oder Katalysator? Umweltpolitische Praxen, Strukturen, Wahrnehmungen im Wandel (1970er-1990er)

Tschernobyl – Wendepunkt oder Katalysator? Umweltpolitische Praxen, Strukturen, Wahrnehmungen im Wandel (1970er-1990er)

Veranstalter
Heinrich-Böll-Stiftung - Bundesstiftung Berlin, Dr. Marianne Zepp, Berlin; Archiv Grünes Gedächtnis, Dr. Christoph Becker-Schaum, Berlin; Dr Jan-Henrik Meyer, Saxo-Institute, Faculty of Humanities University of Copenhagen
Veranstaltungsort
Heinrich-Böll-Stiftung - Bundesstiftung Berlin, Schumannstr. 8 10117 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
02.12.2016 - 03.12.2016
Deadline
30.11.2016
Von
Jan-Henrik Meyer

Am 26. April 1986 kam es im Atomkraftwerk Tschernobyl zu einem Super-GAU. In der Folgezeit wurden die Risiken der Atomenergie breit diskutiert, bekam die Anti-Atom-Bewegung enormen Zulauf, mussten sich die AKW-Betreiber viele Fragen und neue Regelungen gefallen lassen.

In der Bundesrepublik reagierte die Regierung auf die Katastrophe in der Sowjetunion. Sie richtete ein eigenständiges Umweltministerium ein, das erstmals die Kompetenzen für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bündelte.

Die Konferenz zielt darauf ab, Tschernobyl in den Kontext der Umweltpolitik einzubetten, die sich seit den 1970er Jahren entwickelte. Die Beiträge nehmen verschiedene Akteure in den Blick, die diese Politik maßgeblich gestaltet haben: die Zivilgesellschaft, die Umweltverbände, die Wirtschaft, die Medien.

Stellt das Reaktorunglück einen Wendepunkt in der Geschichte der Umweltpolitik dar mit gravierenden Einschnitten?
Oder beschleunigte die Katastrophe nur vorhandene und absehbare Entwicklungen?
Rückte der Unfall umweltpolitische Ziele verstärkt in den Vordergrund der politischen Debatte?
Stärkte dies die Umweltpolitik wirklich nachhaltig?
Veränderten sich die Wahrnehmungen von Umweltproblemen, politischer Mobilisierung, politischem Handeln und politischen Strukturen? Welche Rückwirkungen hatte die Reaktorkatastrophe auf die westdeutsche Parteienlandschaft, insbesondere auf die SPD und die Grünen?
Welche marktkonformen Lösungen diskutierten Politik und Wirtschaft, wie kamen nach 1986 die ökologische Modernisierung und die Energiewende voran? Welchen Anteil daran hatte die Explosion im ukrainischen Reaktor wirklich?
Die Wirkung von Tschernobyl war grenzüberschreitend.
Mit Beiträgen aus westeuropäischen Ländern (Schweden, Italien. Frankreich, Großbritannien, Belgien) und einem besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung in den ehemaligen Ostblockländern (die ehemalige Sowjetunion, Ukraine, DDR, Polen Litauen, Rumänien und Bulgarien) öffnet die Konferenz die Perspektive auf die transnationale Wirkungsgeschichte von Tschernobyl.

Programm

Chernobyl – Turning Point or Catalyst? Changing Practices, Structures and Perceptions in Environmental Policy and Politics (1970s-1990s)

Tschernobyl – Wendepunkt oder Katalysator? Umweltpolitische Praxen, Strukturen, Wahrnehmungen im Wandel (1970er-1990er)
Internationale Konferenz, 2.-3. Dezember 2016
Haus der Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin

organisiert von Christoph Becker-Schaum (Heinrich-Böll-Stiftung), Jan-Henrik Meyer (Kopenhagen/HoNESt/ZZF) und Marianne Zepp (Heinrich-Böll-Stiftung)

Kooperationspartner: Rachel Carson Center for Environment and Society, München, HoNESt – History of Nuclear Energy and Society Project/Universität Kopenhagen, das Center for Metropolitan Studies (TU Berlin) und das Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam.

Konferenzprogramm

Freitag / Friday, 2. Dezember 2016
Großer Saal im Haus der Heinrich-Böll-Stiftung /
Great Hall, Heinrich Boell Foundation headquarters

8:30 – 9:00 Uhr
Christoph Becker-Schaum, Marianne Zepp, Jan-Henrik Meyer:
Begrüßung und Einführung ins Thema / Welcome and Introductory Remarks

9:00 – 11:00 Uhr
Zwischen Politik und Gesellschaft: Umweltpolitische Folgen von Tschernobyl in Ost und West: Teil 1:
Between Politics and Society: Environmental policy responses after Chernobyl: Eastern and Western Europe: Part 1
Chair: Alison Kraft
Arne Kaijser: The effects of the Chernobyl disaster on Swedish energy and environmental policies
Luigi Piccioni: Towards a non-nuclear country: The impact of the Chernobyl accident on the institutionalization of environmental policy and politics in Italy
Karena Kalmbach: Chernobyl and no Consequences? Impacts on environmental policy in France and the UK
Kommentar: Elisabetta Bini

11:00 – 11:30 Kaffeepause / Coffee break


11:30 – 13:00
Staat und Verwaltung: Risikoabwehr und Sicherheit nach Tschernobyl
State and Public Administration: Risk and Safety after Chernobyl
Chair: Jan-Henrik Meyer
Susanne Benöhr-Laqueur: Routineprogramm? Der Regelungsmechanismus des Strahlenschutzvorsorgegesetzes auf kommunaler Ebene – dargestellt am Beispiel der Stadt Bremerhaven
Bruno de Corte: Tschernobyl, Wendepunkt der belgischen Energie- und Umweltpolitik
Kommentar: Lutz Mez

13:00 – 14:00 Uhr Mittagessen

14:00 – 16:00 Uhr
Zwischen Politik und Gesellschaft: (Umwelt-)politische Folgen von Tschernobyl in Ost und West: Teil 2
Between Politics and Society: (Environmental) policy responses after Chernobyl: Eastern and Western Europe: Part 2
Chair: Franz Mauelshagen
Ivaylo Hristov: The Green change in Bulgaria. Dynamics in Bulgarian environmental policies in a period of transition (1985-1995)
Tatiana Perga: The role of the Chernobyl disaster in the formation of the protest movement in Ukraine (1986-1991)
Dimitry V. Efremenko: Chernobyl, eco-nationalism and the downfall of the Soviet Union
Kommentar: Barbara Curli

16:00 – 16:30 Kaffeepause / Coffee break

16:30 – 18:00
Industrie und Politik: Sicherheit nach Tschernobyl /
Industry and Politics: Safety after Chernobyl
Chair: Aristoteles Tympas
Anna Veronika Wendland: Von der Angstabwehr zur Sicherheitskultur. Diskursive und technologische Strategien der Atomwirtschaften im globalen Norden nach Tschernobyl
Andrei Stsiapanau: The techno-political controversies in Belarus and Lithuania after Chernobyl
Kommentar: Rüdiger Graf

19:00 Uhr
Intro: Marianne Zepp
Abendvortrag / Evening Talk
Joachim Radkau:
Tschernobyl: Wendepunkt oder Katalysator der Umweltpolitik?

Empfang
Reception

Samstag, 3. Dezember 2016
9:00 – 10:30
Zwischen Politik und Gesellschaft: Umweltpolitische Folgen von Tschernobyl in Ost und West: Teil 3
Between Politics and Society: Environmental policy responses after Chernobyl: Eastern and Western Europe: Part 3
Chair: Astrid Mignon Kirchhof
Julia Ault: Chernobyl as a Turning Point in Communist Eastern Europe. Protest and System-Critique in East Germany and Poland
Maria Schubert: Tschernobyl – Anfang vom Ende der DDR
Kommentar: Timothy Scott Brown

10:30 – 11:00 Uhr Kaffeepause / Coffee break

11:00 – 12:30
Politische Parteien und Tschernobyl: Wandel oder Kontinuität umweltpolitischer Positionen
Party Politics and Chernobyl: Changing positions on environmental policy?
Chair: Marianne Zepp
Jan-Eric Hansen: Streit um die Zukunft: Der umweltpolitische Diskurs in der deutschen Sozialdemokratie
Christoph Becker-Schaum: Atomausstieg als Markenkern. Die Grünen und Tschernobyl
Kommentar: Frank Bösch

12:30-13:30 Uhr Mittagessen / Lunch

13:30 - 15:30
Jenseits der Reaktoren: Tschernobyl und die Energiewende
Beyond the reactors: Chernobyl and energy transition(s)
Chair: Eleonora Rohland
Jan-Henrik Meyer: The Critique of Nuclear Power and the Search for Alternatives in Denmark
Stephen Milder: Between Apokalypses: Chernobyl, Global Warming, and the Beginnings of Germany’s Energiewende
Miina Kaarkoski: The German ‘Energiewende’ and Re-assessing the Importance of the Chernobyl Nuclear Accident
Kommentar: Ute Hasenöhrl

15.30 - 16:30 Uhr
Abschlussrunde / Conclusions: What have we learnt and where to go?

Die Konferenz findet auf Deutsch und Englisch mit Simultanübersetzung statt.

Kontakt

Jan-Henrik Meyer

c/o ZZF Potsdam, Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam

jhmeyer@gmx.de

https://calendar.boell.de/sites/default/files/flyer_tschernobyl_-_wendepunkt_oder_katalysator.pdf