"Die Vernunft befiehlt uns, frei zu sein." 200 Jahre Mathilde Franziska Anneke

"Die Vernunft befiehlt uns, frei zu sein." 200 Jahre Mathilde Franziska Anneke

Veranstalter
Kunst- und Kulturinitiative Sprockhövel e.V.
Veranstaltungsort
Veranstaltungsraum der Sparkasse Sprockhövel, Hauptstraße 68, 45549 Sprockhövel
Ort
Sprockhövel
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.04.2017 - 28.04.2017
Deadline
13.04.2017
Website
Von
Karin Hockamp

„Die Vernunft befiehlt uns, frei zu sein.“ 200 Jahre Mathilde Franziska Anneke
Forschungsstand, Analysen und Ausblicke

Unter den Westfalen, die im Vormärz und der Revolution von 1848/49 für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit kämpften, war sie die prominenteste Frau: Mathilde Franziska Anneke (1817-1884), Schriftstellerin, Journalistin, Pädagogin. Heute gilt sie zudem als eine der Begründerinnen der deutschen und amerikanischen Frauenbewegung.
Ihr aufregendes Leben begann auf einem ländlich-beschaulichen Gut in Sprockhövel-Hiddinghausen. Kindheit und Jugend verbrachte sie in (Hattingen-)Blankenstein und Hattingen. In einer bürgerlichen Familie behütet aufgewachsen, erfuhr Mathilde Franziska Anneke schon als junge Frau Unterdrückung, Armut und Ungerechtigkeit. Innerhalb der Freiheitsbewegung in Rheinland/Westfalen vor und während der bürgerlichen Revolution von 1848/49 nahm sie eine führende Stellung ein und musste nach deren Scheitern mit ihrer Familie in die USA emigrieren. Dort engagierte sie sich gegen die Sklaverei, für die Rechte der indigenen Bevölkerung und vor allem für die Gleichberechtigung der Frau. In einer von Anneke mit gegründeten und geleiteten Mädchenschule in Milwaukee/Wisconsin wurden bereits in den 1860er bis 1880er Jahren emanzipatorische Lernziele vermittelt.
Als 1904 in Berlin der Weltbund für Frauenstimmrecht gegründet wurde, berichtete die greise amerikanische Frauenrechtlerin Susan B. Anthony von der „tapferen westfälischen Frau“ Mathilde Franziska Anneke, die als treueste Gefährtin mit ihr für das Frauenstimmrecht in den USA gekämpft habe. Ihr gebühre der erste Platz auf dem Gebiet der Frauenstimmrechtsbewegung.
Aus Anlass des 200. Geburtstags Annekes veranstaltet die Kunst- und Kulturinitiative Sprockhövel e.V in Zusammenarbeit mit der Sparkasse, dem Heimat- und Geschichtsverein und der Stadt Sprockhövel ein wissenschaftliches Symposium mit Forscher_innen verschiedener Fachrichtungen, um eine Bestandsaufnahme der aktuellen und breit gefächerten Forschungsvorhaben zu präsentieren. Die Tagung steht nicht nur dem Fachpublikum, sondern auch interessierten Laien offen und könnte als Impulsgeberin für ein zukünftiges Netzwerk in Sachen Anneke-Forschung und –vermittlung, eine Art „Anneke-Forum“, fungieren.
Freitag, 28. April 2017, 10:00 Uhr bis 17:30 Uhr, Veranstaltungsraum der Sparkasse Sprockhövel (OT Niedersprockhövel), Hauptstraße 68
www.anneke.de

Programm

10:00 Uhr
Eröffnung durch Daniel Rasche, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Sprockhövel
Grußworte von Ulli Winkelmann, Bürgermeister der Stadt Sprockhövel
Vorstellung des Tagungsablaufs durch Karin Hockamp, Stadtarchiv Sprockhövel

10:15 Uhr
Prof. Dr. Anne Schlüter (Duisburg/Essen)
Gender als Kategorie für Theoriefundierung und Analyse sozialer Praxis
Geschichte wird von Akteurinnen und Akteuren gemacht. Ihre biographischen Dokumente geben Zeugnis über ihre Aktivitäten und Denkstrukturen. Mathilde Franziska Anneke hat Dokumente ihres Selbstverständnisses geschaffen, die über gesellschaftliche Verhältnisse Auskunft geben und über subjektive Eindrücke hinausgehen. Am Beispiel der von ihr eingerichteten Mädchenschule soll der Zusammenhang von politischen, sozialen und individuellen Strukturen der Gesellschaft im 19. Jahrhundert dargestellt werden.

11:00 Uhr
Dr. Irina Hundt (Schwielowsee)
Leben und Werke Mathilde Franziska Annekes
Im Referat werden die Ergebnisse der Mathilde-Franziska-Anneke-Forschung seit 2000 kurz skizziert. Dabei steht die Erschließung neuen Quellenmaterials im Vordergrund. Darüber hinaus wird auf Desiderate und weitere Forschungsschwerpunkte hingewiesen. In diesem Zusammenhang wird auf die Problematik der politischen Verortung Mathilde Franziska Annekes zwischen Sozialismus und Frauenemanzipation eingegangen und ein Vergleich mit der anderer deutscher Frauenrechtlerinnen der Generation 1848/49 versucht.

12:00 Uhr
Dr. Birgit Mikus (Oxford)
Menschenrechte literarisch – Mathilde Franziska Anneke und ihre Texte
Die Memoiren einer Frau aus dem badisch-pfälzischen Feldzug (1853) ist nicht der erste politische Text, den Mathilde Franziska Anneke schrieb, während sie noch in Deutschland lebte. In ihrem ersten politischen Essay Das Weib im Conflict mit den socialen Verhältnissen von 1847 legte Anneke glasklar dar, wie sie die Stellung der Frau in der deutschen Gesellschaft erfuhr und klagte die bestehenden Normen und Doppelmoral an, die eine Entfaltung von weiblichen Lebensentwürfen rigoros verhinderten. Die Forderung nach universellen Menschenrechten blieb ein Hauptthema auch in ihren literarischen Werken. In mehreren kurzen Geschichten und einem Roman, Uhland in Texas (1866), die allesamt in Amerika entstanden und dort situiert sind, behandelte Anneke zusätzlich zum Thema der unabhängigen und freien Frau in der Neuen Welt auch das Schicksal der schwarzen Sklaven, insbesondere die Ausbeutung von Sklavinnen durch ihre Besitzer, und reihte sich damit eindeutig in die politische Linie der Abolutionisten ein. In diesem Beitrag werden zunächst die grundlegenden politischen Positionen Annekes dargestellt und dann deren literarische Bearbeitungen anhand der Texte Die Sclaven-Auction (1862), Die gebrochenen Ketten (1864) und Uhland in Texas aufgezeigt.

14:30 Uhr
Dr. Wilfried Korngiebel (Hattingen)
Zwei Organe der Demokratie – zwei Publikumsprojekte
Die Neue Rheinische Zeitung und die Neue Kölnische Zeitung 1848/49
Zwei in Köln erscheinende Tageszeitungen republikanisch-demokratischer Orientierung mischten sich während der Revolution 1848/49 in besonderer Weise in die Gemengelage der politischen Öffentlichkeit ein: die Neue Rheinische Zeitung mit ihrem Chefredakteur Karl Marx und die Neue Kölnische Zeitung, herausgegeben von Fritz Anneke und Friedrich Beust. De facto aber wurde dieses Blatt über weite Strecken allein von Mathilde Franziska Anneke gestaltet. Trotz ähnlicher politischer Ausrichtung und enger persönlicher Verbindungen zwischen beiden Organen zeigen sich signifikante Unterschiede: Anhand von Beispielen sollen die jeweilige Wahl der Sprachebene und die damit verbundenen Ansprachen an differente Leserschichten herausgestellt werden.

15:30 Uhr
Dr. Irmgard Stamm (Rastatt)
Das Scheitern des badisch-pfälzischen Aufstands und die Flucht von Mathilde und Fritz Anneke
Von Köln über die Pfalz nach Baden: So zogen mutige Menschen im Frühsommer 1849 in einen Freiheitskampf, dessen Ausgang ungewiss war und von dem viele nicht wussten, ob sie ihre Heimat wiedersehen würden. Fritz und Mathilde Anneke gehörten zu den wenigen Ehepaaren, die sich der badisch-pfälzischen Revolution anschlossen und am Ende ihr Leben nur durch Flucht retten konnten. Wie es ihnen damals ergangen ist, soll der Vortrag ebenso erläutern wie den Eindruck, den eine Frau und Kampfgefährtin wie Mathilde Anneke damals auf die Zeitgenossen machte. Abenteuer oder „blutige Posse“ - für sie war die Revolution viel mehr!

16:15 Uhr
Susanne Slobodzian M.A. (Bochum)
Die Briefwechsel zwischen Mathilde Anneke, Mary Booth und Cäcilie Kapp
Die (politischen) Frauenfreundschaften der Mathilde Franziska Anneke in Europa und den USA
Der Titel des Vortrages verbindet gleich zwei Begriffe mit dem der Freundschaft, die sich auch nach unserem heutigen Verständnis eher ausschließen: Das Politische und die Frauen. Während mit „Politik“ das professionalisierte, öffentliche System der Herstellung bindender Entscheidung assoziiert wird, dominiert ein Begriffsverständnis von „Freundschaft“ als einer in freiwilliger Gegenseitigkeit konstituierten Privatbeziehung. Frauen dagegen galten seit jeher zu ‚echter‘ Freundschaft nicht fähig. Entlang dieser Konfliktlinien soll anhand der Analyse der Briefwechsel von Mathilde Franziska Anneke mit zwei ihrer engsten Weggefährtinnen nachgezeichnet werden, welch spezifischer Typus von Freundschaft hier unter den Bedingungen des gemeinsamen, politischen Kampfes, von Exil, beruflichen Engagement und familiärer Fürsorge entsteht.

Moderation: Susanne Slobodzian und Karin Hockamp
Anmeldungen bis 13. April im Stadtarchiv Sprockhövel, Tel.: 02324 – 9701 555, Fax: - 554,
E-Mail: stadtarchiv@sprockhoevel.de
Die Teilnahme ist kostenlos.
Alle Veranstaltungen zu Mathilde Franziska Anneke: www.anneke.de

Kontakt

Karin Hockamp

Stadtarchiv Sprockhövel

02324 - 9701 555
02324 - 9701 554
karin.hockamp@sprockhoevel.de