Autumn School "Kultur als zweite Natur?"

Autumn School "Kultur als zweite Natur?"

Veranstalter
Cluster I "Kultur und Lebensform" des Forschungsschwerpunktes "Kulturelle Orientierung und normative Bindung" der Universität Koblenz-Landau (Ralf Becker, Christian Bermes, Jürgen Goldstein)
Veranstaltungsort
Kurhaus Trifels
Ort
Annweiler am Trifels
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.10.2017 - 18.10.2017
Deadline
01.07.2017
Website
Von
Thomas Schimmer

Die Autumn School richtet sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler (Doktorandinnen/Doktoranden, Post-Doktorandinnen/-Doktoranden) aus den Bereichen Pädagogik, Philosophie und Soziologie sowie angrenzenden Disziplinen, die Forschungsvorhaben rund um die Begriffe „Kultur“, „kulturelle Praxis“, „Handeln“ und „Verbindlichkeit“ verfolgen und Interesse haben, ihre Überlegungen anhand eines Vortrags mit ausgewiesenen Fachvertreterinnen und -vertretern zu diskutieren.

Die Rede von der „zweiten Natur“ kann Verschiedenes bedeuten. Eine Verwendungsform geht auf Aristoteles zurück, der Gewohnheiten als unsere zweite Natur charakterisiert. In diesem Sinne sagen wir auch alltagssprachlich, dass uns eine Handlungs- oder Herstellungsweise in „Fleisch und Blut“ übergegangen sei. Und tatsächlich bewegen wir uns alltäglich innerhalb von selbstverständlichen Verbindlichkeiten, indem wir unseren Alltag bewältigen und gestalten. Damit eröffnet dieses Verständnis einen Blick sowohl auf kulturelle Praktiken und deren Verbindlichkeit sowie auf die generelle Bedeutung kultureller Orientierung, indem wir alltäglich impliziten Normen folgen.
Ein weiterer Gebrauch steht in der Tradition von Hegel und Marx und eröffnet eine Gegenüberstellung der Begriffe „Kultur“ und „Natur“. Demnach ist die zweite Natur die bearbeitete erste Natur. Die Philosophische Anthropologie des 20. Jahrhunderts findet im Resultat dieser Arbeit die Kultur als Inbegriff des von Menschen Hervorgebrachten. Für Arnold Gehlen ist die Kultur die Kompensationsleistung für die bloß mangelhafte Ausstattung der menschlichen Natur: Der Mensch muss selbst für das aufkommen, was ihm die Natur versagt. Nach Plessner ist der Mensch von Natur aus auf Kultur angelegt, weil er als exzentrisches Wesen sein Leben führen muss und sich so erst zu dem macht, der er ist. Schließlich wären noch die Versuche im Ausgang von der Evolutionstheorie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zu nennen, menschliche Kulturleistungen naturgeschichtlich aus einer „Vorgeschichte der Moral“ herzuleiten.

Die Ableitung der menschlichen Kultur mit ihren Normen, Handlungs- und Lebensformen sowie Institutionen aus einem (bloß gedachten oder rekonstruierten) Naturzustand wirft Fragen auf, denen sich die Autumn School widmen möchte. Das grundsätzliche Problem lautet, ob (und gegebenenfalls wie) eine Naturgeschichte der Kultur überhaupt vernünftigerweise konstruiert werden kann. Überdies lohnt es sich, den Spieß umzudrehen und zu fragen, weshalb das von Menschen Gemachte als etwas Naturgegebenes aufgefasst wird. Möglicherweise erweist sich, wie bereits Adorno bemerkt, die zweite Natur als die in Wahrheit erste. Wenn wir geschichtlich und gesellschaftlich Hervorgebrachtes als Natur ansehen, erzeugen wir nach Roland Barthes Mythen. Die Naturalisierung von Normen und Institutionen entzieht diese der Kritik. Außerdem fällt auf, dass der Begriff der Natur unbestimmt zumeist als selbstverständlich vorausgesetzt wird, was er keineswegs ist. Was ist eigentlich so attraktiv daran, Kultur in irgendeiner Hinsicht als (erste oder zweite) Natur zu begreifen? Wie verhält sich die Konstellation „erste und zweite Natur“ angesichts der alltäglich vollzogenen kulturellen Praktiken und der Selbstverständlichkeit kultureller Orientierung?

Ihre Antworten auf den Call for Papers mit bis zu 500 Worten senden Sie bitte bis zum 01.07.2017 an schimmer@uni-landau.de. Sie bekommen von den Veranstaltern der Autumn School bis zum 31.07.2017 eine Rückmeldung auf Ihre Einsendung.

Reise- und Übernachtungskosten werden übernommen.

Weitere Informationen zu den Veranstaltern und ihrer Zusammenarbeit finden Sie unter www.kulturelle-orientierung.de

Für Rückfragen können Sie sich jederzeit an Thomas Schimmer, Koordinator des Forschungsschwerpunktes am Campus Landau, wenden: schimmer@uni-landau.de, Telefon: 06341 / 28032282.

Programm

Kontakt

Thomas Schimmer

06341 28032282

schimmer@uni-landau.de