DGEJ-Jahrestagung 2017: "Katholische Aufklärung in Europa und Nordamerika"

DGEJ-Jahrestagung 2017: "Katholische Aufklärung in Europa und Nordamerika"

Veranstalter
Arbeitsstelle für Deutsch-Amerikanische Bildungsgeschichte, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Münster / Deutsche Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts (DGEJ)
Veranstaltungsort
Fürstbischöfliches Schloss Münster, Schlossplatz 2, 48149 Münster
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.09.2017 - 15.09.2017
Deadline
01.09.2017
Von
Oberdorf, Andreas

Für lange Zeit galt es als ausgemacht, dass man die an Rationalität und freiheitlichem Denken orientierten Prinzipien der Aufklärung mit einer katholischen Glaubensfrömmigkeit würde schwerlich in Einklang bringen können: Bereits von den wirkmächtigsten Schriftstellern und Philosophen des 18. Jahrhunderts wurden Bedingungen und Potentiale einer genuin katholischen Aufklärung in sehr skeptischer oder sogar ablehnender Weise beurteilt – und vielfach wurde eine solche negative Einschätzung dann von Generation zu Generation weitergereicht. Auch die Aufklärungsforschung machte hier bis weit ins 20. Jahrhundert keine Ausnahme. Es ist vor allem den wegweisenden Studien zu verdanken, die im Rahmen der DGEJ-Tagung "Katholische Aufklärung – Aufklärung im katholischen Deutschland" im November 1988 in Trier vorgelegt und im Nachgang von Harm Klueting 1993 herausgegeben wurden, dass die Katholische Aufklärung im letzten Vierteljahrhundert sukzessive als ernstzunehmender Gegenstand der Forschung anerkannt und gewürdigt wurde. In der vergangenen Dekade sind zunehmend Studien durchgeführt worden, welche die Katholische Aufklärung als gesamteuropäisches Phänomen zu beschreiben versuchen, oder – noch ganz am Anfang – gar als weltweit wirksame Reformbewegung des 18. Jahrhunderts auslegen. Eine noch recht grobe, aber dennoch anregende und weiterführende Kartographierung des möglichen globalen Forschungsfeldes zur Thematik wurde kürzlich von Ulrich L. Lehner vorgelegt ("The Catholic Enlightenment. The Global History of a Forgotten Movement", 2016). Lehner weist hier vor allem Nordamerika und die jungen Vereinigten Staaten als die vielversprechendsten Gebiete einer aktualisierten Erforschung der Katholischen Aufklärung aus. In diesen Forschungskontext fügt sich nun die DGEJ-Jahrestagung 2017 ein.

Die Tagung will insbesondere, wenn auch nicht ausschließlich, den transatlantischen Raum als einen die Kontinente übergreifenden, bedeutenden Wirkungskreis katholisch-aufklärerischer Bestrebungen erkunden. Denn es waren ja nicht zuletzt die britischen Kolonien Maryland und Pennsylvania, in denen aufgeklärte Katholiken, die sich aus Europa als Missionare, Lehrer oder Künstler nach Amerika aufgemacht hatten, mit großem Erfolg wirkten. Als dann 1776 die Vereinigten Staaten von Amerika gegründet wurden, konnten aufgeklärte Katholiken dort noch während des ausgehenden 18. Jahrhunderts unter Beweis stellen, dass der von ihnen gelebte Katholizismus mit einem von den Grundsätzen der politischen Aufklärung geprägten republikanisch-demokratischen Staatswesen vollständig in Einklang zu bringen war. Dies blieb dann auch für das katholische Selbstverständnis in Europa nicht ohne Wirkung. Für den Münsterschen Premierminister Franz von Fürstenberg, der einer der bedeutendsten Repräsentanten einer originär Katholischen Aufklärung war, aber auch für viele weitere katholische Geistliche, Denker und Staatenlenker boten die jungen Vereinigten Staaten ein anregendes Beobachtungsfeld.

Mit Blick auf diese Ausführungen verfolgt die Tagung im Wesentlichen drei Ziele: Zum einen soll die Untersuchung der Katholischen Aufklärung einmal mehr verdeutlichen, dass die Aufklärungsbewegung ein vielschichtiges Phänomen war und es eine idealtypische Aufklärung nicht gab. Gerade wenn man aber trotz der gegebenen Vielfalt den wenigen Kernprinzipien der Aufklärung auf die Spur kommen möchte, ist es unerlässlich, möglichst viele – regionale, konfessionelle etc. – Varianten dieser Reformbewegung des 18. Jahrhunderts in den Blick zu nehmen. Zweitens ist es nicht minder bedeutsam, sich immer wieder die grenzüberschreitenden Zusammenhänge der Aufklärung bewusst zu machen, denn dass die Aufklärung in verschiedenen Varianten existierte, heißt ja nicht, dass ihre Vertreter nicht grundsätzlich davon überzeugt gewesen wären, an der Erstellung universal gültiger Regeln des Zusammenlebens und der Wahrheitsfindung zu arbeiten. Die Aufklärer verstanden sich durchaus als Mitglieder einer internationalen, miteinander korrespondierenden "république des lettres", eines "commonwealth of learning". Ihr Aufklärungsdiskurs wurde zwischen Europäern und Nordamerikanern in besonders intensiver Weise geführt, zu denen auch Reformkatholiken und katholische Aufklärer auf beiden Seiten des Atlantiks gehörten. Schließlich dient die Erforschung der Katholischen Aufklärung auch immer der Klärung der bis heute relevanten Frage, wie sich religiöse Traditionen und Überzeugungen mit den Einsichten und normativen Prinzipien einer säkularen Weltordnung vereinbaren lassen. Mit der notwendigen Distanz zu aktuellen religiös-politischen Problemfeldern wird durch die Bearbeitung ganz ähnlich gelagerter Konfliktlinien des 18. Jahrhunderts die Möglichkeit zu einer angemessenen Reflexion geschaffen. Dabei ist gerade die Einbeziehung der Forschungen zum katholischen Bildungswesen im traditionellen Einwanderungsland Nordamerika vielversprechend, weil hier auch aktuelle Fragen nach dem Umgang mit religiösen Minderheiten, mit Zuwanderung und mit der Wahrnehmung fremder Kulturen aufgeworfen werden.

Programm

11.00 Uhr
Anmeldung im Tagungsbüro, Foyer

13.00 Uhr
Eröffnung, Aula

14.00 Uhr
Plenarvortrag, Aula
"Bündnis auf Zeit" zwischen gegensätzlichen Elementen oder "Wahre Aufklärung": Aporemata der Forschung zur katholischen Aufklärung von 1969 bis 2017
Harm KLUETING, Köln

15–16.45 Uhr
Sektionsvorträge, S1 - Moderation: Norbert KÖSTER, Münster

Kirche und Freiheit – die Amerikanische Revolution in der süddeutsche Aufklärung
Rainald BECKER, München

Die Emmerizianischen Schulreformen in Kurmainz. Zum Schulwesen im geistlichen Staat des 18. Jahrhunderts
Sascha WEBER, Gießen

Im Namen der historischen Wahrheit. Der Beitrag der französischen Benediktiner zu einer "aufgeklärten" Geschichtsschreibung
Lisa REGAZZONI, Frankfurt am Main

17.15–19.00 Uhr
Sektionsvorträge, S9 - Moderation: Markus FRIEDRICH, Hamburg

Reflexe der Aufklärung im lateinischen Schultheater
Simon WIRTHENSOHN, Innsbruck

"Würde man also eine Uebung loben, wenn man nicht glaubte, daß sie nützlich seyn könnte?" – Charles Porées "Discours sur les spectacles" und seine Bedeutung für das Theater der Aufklärung in Deutschland
Tim ZUMHOF, Münster

"Fort mit Dir nach Paris, und das bald". Leopold Mozart als Erzieher - Matthias KORNEMANN, Berlin

19.30 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag, Aula

Heide unter Katholiken. Goethe in Münster
Gerhard SAUDER, Saarbrücken

Mittwoch, 13. September

9.30 Uhr
Plenarvortrag, Aula

Between Continuity and Change: Catholic Enlightenment in the Footsteps of Trent?
Ulrich L. LEHNER, Milwaukee, WI

10.30–12.15 Uhr
Sektionsvorträge, S10 - Moderation: Franklin KOPITZSCH, Hamburg

Maria Theresia und die katholische Aufklärung
Barbara STOLLBERG-RILINGER, Münster

Katholische Aufklärung unter der Ägide des Staates. Die Reformpolitik Kaiser Josephs II. als katholisch aufgeklärte Praxis?
Dennis SCHMIDT, Tübingen

Nutzen und Grenzen des Forschungsparadigmas "Katholische Aufklärung"
Thomas WALLNIG, Wien; Wolfgang GÖDERLE, Graz

13.15–15.00 Uhr
Sektionsvorträge, S2 - Moderation: Claus-Dieter OSTHÖVENER, Marburg

Im Diskurs um Zielgruppen, Finanzierung und Partizipation. Anton Kohlmann SJ als Gestalter der Bildungslandschaft in den USA
Johanna SCHMID, Mainz

Frontiers of Faith – Der Missionar und Bildungspionier Demetrius von Gallitzin zwischen katholischer Frömmigkeit und Aufklärung
Andreas OBERDORF, Münster

German Catholic Architecture and Material Culture in Early Pennsylvania
Lisa MINARDI, Newark, DE

15.30–17.15 Uhr
Sektionsvorträge, S10 - Moderation: Hans-Erich BÖDEKER, Göttingen

Kindred Republics? Haiti and the United States in Henri Grégoire’s Political Thought
Luis RAMOS, New York City, NY

An American Cisalpine: Archbishop Carroll as an Inheritor of English Catholic Reform
Shaun L. BLANCHARD, Milwaukee, WI

Revisiting Catholic Enlightenment in Early America
Michael BREIDENBACH, Ave Maria, FL

Donnerstag, 14. September

9.30–11.15 Uhr
Sektionsvorträge, S10 - Moderation: Stefanie STOCKHORST, Potsdam

Literatur und Religion im Zeitalter der Aufklärung
Daniel FULDA, Halle

"Du liebst, wie deine Frau, die Menschlichkeit": Katholische Aufklärung in der Dichtung des Siebenjährigen Kriegs
Steffen MARTUS / Annika HILDEBRANDT, Berlin

Johann Georg Hamann und der Kreis von Münster
Manfred GEIER, Hamburg

11.30–13.15 Uhr
Sektionsvorträge, S9 - Moderation: Hanno SCHMITT, Potsdam

Franz von Fürstenberg und die Gründung der Universität Münster als ein "katholisches Göttingen" – eine Contradictio in adiecto?
Jürgen OVERHOFF, Münster

Katholische Aufklärung in Banz: Religion, Theologie und Philosophie
Volodymyr O. ABASCHNIK | Kharkiv

Zwischen Sakraltherapie und Medikalisierung. Krankheit, Pastoral und Pastoralmedizin im Horizont der katholischen Aufklärung
Bernhard SCHNEIDER, Trier

14.15–16.00 Uhr
Sektionsvorträge, S1 - Moderation: Ute POTT, Halberstadt

Unter dem Krummstabe ist gut drucken… Oberdeutsche theologische Fachzeitschriften als Indikator der Katholischen Aufklärung im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts
Jochen KRENZ, Aschaffenburg

Und es gab sie doch! Katholische Aufklärung im Innerschweizer Kloster Einsiedeln
P. Thomas FÄSSLER OSB, Einsiedeln

Das Schweizer Elementarschulwesen in den katholischen Orten im ausgehenden 18. Jahrhundert
Mauro DI CIOCCIO | Bern

16.30–18.15 Uhr
Sektionsvorträge, S2 - Moderation: Wolfgang HIRSCHMANN, Halle

Gegen das "Genus Viperarum" – Katholische Aufklärung im Fürstbistum Augsburg und ihre Folgen in der Deckenmalerei
Angelika DREYER, München

Simul Jansenismo et Pietismo? Zur literarischen Kostümierung orthodoxer Kritik an innerkirchlichen Reformbestrebungen. Am Beispiel von L. A. v. Gottscheds "Pietistery im Fischbein-Rocke" (1736)
Christoph SCHMITT-MAAß, Oxford

Päpstlicher Segen für eine Tragödie der Aufklärung
Vanessa DE SENARCLENS, Berlin

19.30 Uhr
Abendveranstaltung, Erbdrostenhof, Salzstraße 38

Bachs "Französische Suiten" und Montesquieus "Reisen in Deutschland" – Ein musikalisch-literarisches Rendezvous
Tamara KORNEMANN, Klavier; Jürgen OVERHOFF, Lesung

Freitag, 15. September

9.30–10.45 Uhr
Sektionsvorträge, S1 - Moderation: Carsten ZELLE, Bochum

Die katholische Aufklärung und ihr Einfluss auf den aufgeklärten Absolutismus der spanischen Bourbonen-Monarchie
Beate MÖLLER, Kassel

Die Überwindung des Konfessionellen durch das Nationale in der irischen Aufklärung
Michael MAURER, Jena

10.45–12.00 Uhr
Sektionsvorträge, S2 - Moderation: Friedhelm BRÜGGEN, Münster

Aufklärung und Ökumene in Hessen – Ein kaum bekanntes Projekt zur Vereinigung von Katholizismus und Protestantismus unter dem katholischen Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel
Karl-Hermann WEGNER, Kassel

Universitätsstudium versus Klosterstudium. Staatliche Forderungen und kirchliche Stellungnahmen in den neupreußischen geistlichen Territorien Westfalens 1804/05
Alwin HANSCHMIDT, Vechta

13.15–14.30 Uhr
Podiumsdiskussion, Aula - Moderation: Jürgen OVERHOFF, Münster

Barbara STOLLBERG-RILINGER, Münster
Steffen MARTUS, Berlin
Ulrich L. LEHNER, Milwaukee, WI
Harm KLUETING, Köln

Kontakt

Andreas Oberdorf

Arbeitsstelle für Deutsch-Amerikanische Bildungsgeschichte
Georgskommende 26, 48143 Münster
02518324255

dgej2017@wwu.de

http://go.wwu.de/dgej2017