Sicherheit in unsicheren Umwelten herzustellen, war im 20. Jahrhundert ein wesentliches Ziel von Technik, Planung und Steuerung. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen stand zumeist der Mensch; er war sowohl Objekt als auch Subjekt unzähliger Konzepte, Strategien und Maßnahmen, mit denen versucht wurde, den (Lebens-)Risiken der Moderne zu begegnen. Ob großangelegte Versuche im Geiste eines Social Engineering in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder die Verlagerung von Verantwortlichkeiten ins Subjekt, etwa durch Techniken der Selbstführung, in der zweiten Hälfte – stets ging es darum, den „menschlichen Faktor“ handhabbar zu machen und die schwer zu kalkulierende Kontingenz menschlichen Verhaltens als Ursache von Unsicherheit zu reduzieren. Sicherheitsbezogene Praktiken hielten Einzug in den Alltag der Menschen ebenso wie Einrichtungen zur Vermittlung entsprechender Kenntnisse und Fertigkeiten. Das Einüben risikoaverser Verhaltensweisen wurde zu einer wichtigen Aufgabe im Rahmen von Sozialisation und Bildung.
Vor diesem Hintergrund fragt der Workshop in vergleichender Perspektive nach den historischen Wandlungen von Theorien des Lehrens und Lernens in sicherheitsbezogenen Unterrichtsfeldern und ihren spezifischen methodischen Umsetzungen. Sicherheitsdidaktiken, so ließe sich definieren, sollen die Lernenden zu erwünschten Verhaltensanpassungen im Sinne eines Zugewinns an Sicherheit bzw. der Vermeidung von Risiken motivieren. Zentraler Untersuchungsgegenstand sind Unterrichtskonzeptionen und -inhalte sowie der Aufbau und die Gestaltung von Lehrmaterialien. Jedoch beschränken sich Sicherheitsdidaktiken nicht auf schulische Kontexte, sondern sind in jeder Art von Lernumfeld (vorschulischer Bereich, Erwachsenenbildung, Selbststudium, öffentliche Kampagnen) und jeder Art von Medien (Präsenzunterricht, klassische Lehrbücher, Massenmedien, Plakate, Objekte) anzutreffen. Neben theoretisch-methodischen Konzepten nimmt der Workshop unterschiedliche Modi der Appellation sowie der Evidenz- und Legitimitätsproduktion, Visualisierungsstrategien bis hin zu filmischen Umsetzungen in den Blick. Insbesondere sollen Repräsentationen von Bedrohungen und sicherheitsadäquatem Verhalten sowie Fehlverhalten untersucht werden. Erfordert das Lehren von Sicherheit eine spezifische Ansprache? Welchen Ansätzen liegen welche Menschenbilder und Ordnungsvorstellungen zugrunde? Welche Verhaltensnormen werden jeweils postuliert und auf welche Weise begründet? Wie bewegen sich Sicherheitsdidaktiken in den Spannungsfeldern von Regulierung und Selbstorganisation, von Disziplinierung und Selbstermächtigung? Welche Unterschiede motivieren zur Rede von „Erziehung“, „Aufklärung“ oder „Präventionsarbeit“? Nicht zuletzt geht es um eine kritische Überprüfung der heuristischen und analytischen Potenziale des Begriffs der „Sicherheitsdidaktik“.
Folgende Bereiche sollen auf ihre sicherheitsdidaktischen Konzepte und Praxen hin befragt werden: Arbeitsschutz bzw. betriebliche Unfallverhütung, Kriminalitätsprävention, Zivilschutz, Technische Sicherheit, Verkehrssicherheit, Sexual- und Gesundheitsaufklärung, Demokratieerziehung und Friedenserziehung. Der Workshop konfrontiert ausdrücklich Safety-bezogene Felder mit solchen, die in einem weiter gefassten Bezug zu Security stehen.
Der Workshop soll explorativ gehalten sein und vor allem der gemeinsamen Diskussion dienen. Die Vorträge sollen daher eine Dauer von 20 bis 25 Minuten nicht überschreiten und dürfen durchaus einen vorläufigen Arbeitsstand wiedergeben. So sind insbesondere Beiträge vertreten, die konzeptionelle Überlegungen eng am empirischen Material entwickeln und versuchsweise ausloten, welche speziell auf Sicherheit bezogenen didaktischen Ansätze im betreffenden Bereich zum Einsatz kamen.