Neuere und neueste Forschungen haben in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass Geopolitik in der Frühen Neuzeit, d.h. im Zeitraum zwischen dem 16. und dem späten 18. Jahrhundert, auf Informationsbeschaffung und Kommunikationssysteme in einem hohen Maße angewiesen war – nicht nur auf Soldaten, Waffen und Versorgungssysteme. Spione, Spionage und Geheimdiplomatie waren wichtige Elemente dieser Informations- und Kommunikationssysteme.
Mit unserer Tagung möchten wir in einer vergleichenden und “entangleden” Perspektive die Rolle von Spionen, Spionage und Geheimdiplomatie im Kontext der Entstehung bzw. des Ausbaus der europäischen Imperien – in Europa und in Übersee – beleuchten: dem spanischen, portugiesischen, britischen, französischen, niederländischen, dem Osmanischen und dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Unser Fokus liegt dabei auf der Frage, ob sich „Kulturen der Spionage“ und der Geheimdiplomatie herausbildeten, wo es Gemeinsamkeiten/Unterschiede, aber auch ein wechselseitiges Lernen von Informations- und Kommunikationssystemen anderer Staaten bzw. Imperien gab – nicht zuletzt durch Doppelagenten oder das Abwerben von Spionen.
Unsere Panels und Vorträge widmen sich folgenden Fragekomplexen:
Akteure: Eine akteurszentrierte Perspektive hat sich in den letzten Jahren zunehmend auch in der Diplomatiegeschichte bzw. der Geschichte der Spionage in der Frühen Neuzeit etabliert. Wer agierte als Spion? Offizielle Diplomaten, Dienerschaft, Soldaten/Offiziere, Migranten, Kaufleute? Entwickelte sich ein „Berufsbild“ des Spions bzw. gab es Spione/Geheimdiplomaten, die sich immer wieder in den Dienst unterschiedlicher Fürsten begaben – wie wir das beispielsweise aus dem Pfälzischen und Spanischem Erbfolgekrieg kennen?
Kommunikation: Wie funktionierten Geheimdiplomatie und Spionagesysteme auf der Ebene von Netzwerkbildung, Technologien und Institutionen?
Rekrutierung und transkulturelle Aspekte von Spionagesystemen: Wer rekrutierte eigentlich Spione? Wo erwuchsen Kommunikations-, Übersetzungsprobleme? Wie wurden Letztere gelöst?
Konferenzsprachen werden Englisch, Französisch und Deutsch sein.