Eine Expertenrunde aus Kunsthistorikern und Kuratoren widmet sich aktuellen Forschungsergebnissen zu den Gemäldesammlungen und zum Kunsthandel in Preußen - und damit den Hintergründen der Berliner Museumsgründung 1830. Anlass ist die Neuerscheinung "Altitalienische Malerei als preußisches Kulturgut. Gemäldesammlungen, Kunsthandel und Museumspolitik 1797-1830" von Robert Skwirblies.
Die Berliner Gemäldegalerie verfügt – auch nach den schweren Verlusten des Zweiten Weltkriegs – über eine weltweit einzigartige Sammlung italienischer Malerei des Mittelalters und der Renaissance. Ihre Vielfalt und ihr Reichtum verdanken sich der historischen Umstände, unter denen Anfang des 19. Jahrhunderts das Berliner Museum entstand: In ganz Europa, aber besonders in Preußen, wuchs das Interesse für frühe italienische Gemälde aus der Zeit von Giotto bis Raffael. Der ästhetische, historische und politische Wert der Bilder war dabei kaum zu unterschätzen. Sie fungierten als identitätsstiftende Kulturträger, gleichzeitig waren sie auch politische Druckmittel und Spekulationsobjekte. Sie setzten Maßstäbe für Geschmacksbildung und Kulturverständnis des Publikums und für das Schaffen zeitgenössischer Künstler.
Zwei Aspekte rücken besonders aus dem Schatten der Geschichte: zum einen die europaweite Dynamik und Vernetzung, zum anderen die Gestaltungsmöglichkeiten von heute zum Teil fast unbekannten Händlern, Sammlern und Staatsbeamten. Was war obrigkeitliche Planung, was verdankte sich der Initiative von Bürgern und Gelehrten? Welchen historischen und künstlerischen Wert maß man damals den Gemälden bei, und welchen sehen wir heute in ihnen? Wer brachte meterhohe Altartafeln aus oberitalienischen Kirchen der Provinz zu Hunderten über die Alpen in die preußische Hauptstadt? Nicht zuletzt: Woher genau kamen all die Werke, und wie gehen wir mit diesen Provenienzen um?