Wahrnehmungen im Widerstreit. Umstrittene Organisationen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts

Wahrnehmungen im Widerstreit. Umstrittene Organisationen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts

Veranstalter
Marcus Böick; Marcel Schmeer, Historisches Institut der Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltungsort
Veranstaltungszentrum der Ruhr-Universität Bochum, Saal 4
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.11.2017 - 18.11.2017
Deadline
01.11.2017
Website
Von
Böick, Marcus; Schmeer, Marcel

Organisationen verschiedenster Art standen und stehen im Fokus zahlreicher (zeit-)historischer Forschungsbemühungen. In letzter Zeit erlebte gerade dieses Feld bedingt durch einen geschichtspolitischen Trend zur „Aufarbeitung“ der (NS-)Vergangenheit staatlicher Dienststellen oder privater Unternehmen einen regelrechten Boom. Zwar wurden in diesem Zusammenhang besonders die spezifischen Herausforderungen einer „Auftragsforschung“ im Spannungsfeld von wissenschaftlichen Ansprüchen, institutionellen Eigeninteressen sowie öffentlichen Erwartungen breit thematisiert. Demgegenüber spielten methodische bzw. theoretische Reflexionen in diesen Debatten bislang jedoch keine prominente Rolle. Im Rahmen einer interdisziplinären Konferenz sollen nun insbesondere Organisationssoziologie und Zeitgeschichte in einen produktiven Austausch darüber gebracht werden, was Forscher/innen eigentlich genau tun, wenn sie sich der Geschichte von (historischen) Organisationen zuwenden.

Anhand vielfältiger empirischer Beispiele aus den Sphären von Wissenschaft, Politik, Militär, Wirtschaft oder Kultur, die sich auf umstrittene Organisationen in spezifischen Konflikt- oder Krisensituationen konzentrieren, sollen verschiedene methodische Ansätze und theoretische Grundfragen der gegenwärtigen Organisationsgeschichtsschreibung diskutiert werden: Wie reagieren verschiedene Organisationen und ihr Personal auf entsprechende Szenarien (wie politisch-gesellschaftliche Umbrüche, mediale Skandale oder technologische Revolutionen)? Wie beeinflussen externe Interventionen die Strukturen und die Identitäten innerhalb der Organisationen? Wie können Historiker/innen die zeitgenössisch produzierten internen Selbstbeschreibungen und externen Fremddeutungen im Quellenmaterial in ihren eigenen Darstellungen verarbeiten? Durch diesen Fokus auf wechselseitige Interaktionen und Interpretationen in den Binnenräumen sowie Umwelten umstrittener Organisationen will die Konferenz einen Impuls zu einer breiteren Debatte über Theorie und Methode im expandierenden Feld der Organisationsgeschichtsschreibung leisten.

Die Konferenz wird ermöglicht durch die großzügige Unterstützung der Research School der Ruhr-Universität Bochum.

Anmeldungen zur Tagung werden bis zum 1. November 2017 unter der E-Mail-Adresse zeitgeschichte@rub.de entgegengenommen.

Programm

Freitag, 17. November 2017

12:00 Uhr:
Eröffnung

Marcus BÖICK/Marcel SCHMEER (Bochum): Begrüßung und Einführung

12:30 Uhr:
Panel I: Organisationstheorie und Geschichtswissenschaft

Chair/Moderation: Constantin GOSCHLER (Bochum)

Christian MENTEL (Potsdam): Historiker als Aufarbeitungsdienstleister. Kritische Anmerkungen zur aktuellen Behördenforschung

Rena SCHWARTING (Bielefeld): Methodische und theoretische Herausforderungen bei der Erforschung historischer Organisationen

Sören EDEN/Henry MARX (Berlin): „Beamtenherz“ und „Verwaltungsmaschine“. Individuelle Spielräume in Organisationen

Sebastian BRÜNGER (Berlin): Geschichte und Gewinn. Der Umgang deutscher Konzerne mit ihrer NS-Vergangenheit

15:30 Uhr:
Panel II: Staat und Militär

Chair/Moderation: Sandra MAẞ (Bochum)

Peter BECKER (Wien): Staatliche Verwaltung auf dem Prüfstand. Die Enquete von 1912 und die Verwaltung der Habsburgermonarchie

Lutz BUDRAẞ (Bochum): Wie organisiert man eine schwarze Luftwaffe? Die Entstehung der Koalition von Hermann Göring und Lufthansa, 1929-1933

Reiner FENSKE (Dresden): Vom globalen Imperialismus zum Siedlungskolonialismus eines „Volkes ohne Raum“. Die „Neuerfindung“ kolonialer deutscher Organisationen 1918-1936

Martin PLATT (Köln): Davonrennen oder Vogel-Strauß? Militär und Militärs zwischen Weltkrieg und Weimar

18:00 Uhr:
Abendvortrag

Stefan KÜHL (Bielefeld): Perspektiven der historischen Organisationsforschung – Möglichkeiten und Grenzen soziologischer Zugänge

Moderation: Rüdiger GRAF (Potsdam/Berlin)

Samstag, 18. November 2017

9:00 Uhr
Eröffnungsvortrag am zweiten Konferenztag

Wolfgang SEIBEL (Konstanz): Umstrittene Organisationen – Theoriekonzepte, Falltypologien und interdisziplinäre Forschung

Moderation: Marcel SCHMEER (Bochum)

10:00 Uhr:
Panel III: Kulturen und Ideen

Chair/Moderation: Thomas WELSKOPP (Bielefeld)

Gunnar MERTZ (Wien): Umstrittene Berge: Der Konflikt um die Nachfolge des nationalsozialistischen Alpenvereins in Österreich

Jürgen MITTAG (Köln): Wahrnehmungsprozesse von Sport-/Fußballverbänden im 20. Jahrhundert im Wandel: Zwischen Respekt, Bewunderung und Verspottung

Anne-Christine HAMEL (Leipzig): Die „Deutsche Jugend des Ostens“ (DJO) als Gegenstand gesellschaftspolitischer Kontroversen der deutschen Nachkriegszeit

Vojin Saša VUKADINOVIĆ (Zürich): Radikale für den Kapitalismus. Die Objektivisten in New York City, 1962-1968

13:00 Uhr
Panel IV: Sicherheit und Risiko

Chair/Moderation: Ute SCHNEIDER (Essen)

Christoph WEHNER (Bochum): Umstrittene Risikopolitik. Die Versicherungswirtschaft in den Spannungslinien des bundesdeutschen Atomkonflikts

Daniel TRABALSKI (Bochum): Von der Konfrontation zur Partizipation – Zum Verhältnis von Unternehmern und Versicherten in der Unfallversicherung der Bonner Republik

Marcel SCHMEER (Bochum): Produzenten innerer (Un-)Sicherheit? Bundesdeutsche Sicherheitsbehörden im Fokus öffentlicher Gegenbeobachtung

Sebastian VOIGT (München / Bochum): Dinosaurier des Industriezeitalters oder Gegenmacht zum Kapital? Diskurse über die und in den Gewerkschaften seit den 1970er-Jahren

15:30 Uhr:
Panel V: „Transformationen“ und Konflikte

Chair/Moderation: Ralph JESSEN (Köln)

Christoph LORKE (Münster): Sozialstaatsdebatten: Krisenrhetorik und Diskursstrategien seit den 1980er Jahren

Marcus BÖICK (Bochum): Eine Gemeinschaft entsteht im Kreuzfeuer der Kritik? Die Treuhandanstalt als umstrittene Organisation

Markus GOLDBECK (Münster): Zwischen Moral- und Realpolitik: Die Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU) als Gegenstand und Akteur in der Auseinandersetzung um die DDR-Vergangenheit

Myriam NAUMANN (Berlin): Institutionalisierte Paradoxie: Über die ehemaligen MfS‐Mitarbeiter in der Stasi‐Unterlagen‐Behörde (BStU)

17:30 Uhr:
Abschlussrunde

Moderation: Marcus BÖICK (Bochum)

Kontakt

Marcus Böick
Marcel Schmeer

Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Geschichtswissenschaft
Historisches Institut
Professur für Zeitgeschichte (GA 4/58)
Universitätsstr. 150
44780 Bochum

0234 32 22540

marcel.schmeer@rub.de
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zeitgeschichte@rub.de