Prag im „erneuerten“ Staat – von der Landesmetropole zur Hauptstadt der neuen Republik

Prag im „erneuerten“ Staat – von der Landesmetropole zur Hauptstadt der neuen Republik

Veranstalter
Archiv der Hauptstadt Prag in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, der Fakultät für Humanistische Studien der Karls-Universität und dem Lehrstuhl für Geschichte der Philosophischen Fakultät der J. E. Purkyně-Universität in Ústí nad Labem
Veranstaltungsort
Ort
Praha (Prag)
Land
Czech Republic
Vom - Bis
16.10.2018 - 17.10.2018
Deadline
15.04.2018
Von
Olga Fejtová

Das Thema unserer diesjährigen Konferenz, die in eben jenem Gemeindehaus stattfinden wird, in dem im Jahr 1918 der Nationalausschuss tagte und die ersten Gesetze des neuen Staates verabschiedet wurden, ist die Entwicklung Prags und der Städte Mitteleuropas im Zeitraum zwischen 1918 und 1938.
Durch den Zerfall der mittel- und osteuropäischen Imperien nach dem Ersten Weltkrieg wurden gleich mehrere neue Republiken ins Leben gerufen. Den traditionellen Landesmetropolen fielen neue Funktionen zu, die ehemals imperialen Hauptstädte hingegen erlebten ihre Verwandlung in republikanische Zentren. Prag erhielt in diesem Kontext einen starken Wachstumsimpuls. Zugleich stand die Stadt jedoch vor der Herausforderung, die Infrastruktur für die Verwaltung der neuen Republik wie auch das Hinterland für ihre neue Rolle als vollwertiges politisches und repräsentatives Zentrum des neuen Staates auszubauen. Damit verbunden war eine radikale Entwicklung der Stadt, und zwar sowohl auf der Basis urbanistischer Innovation (die Entstehung neuer Viertel und die Ausarbeitung eines Konzepts für die Großstadt als Ganzes) als auch hinsichtlich der Modernisierung der historischen Viertel. Der Ausbau der Infrastruktur und die Fortentwicklung der Bebauung wurden dabei sowohl vom Prager Rathaus als auch von Privatfirmen getragen. Eine Folge dieser gelungenen Kooperation war eine sehr dynamische Bevölkerungsentwicklung und Expansion des Stadtgebietes, was wiederum einen systematischen Ausbau der Kommunalverwaltung und der Kommunalunternehmen erforderte.
Zugleich musste das – weiterhin multinationale – Prag eine Masse von neu Zugezogenen und vorübergehenden Migranten integrieren, was nicht nur eine schnelle Lösung der ohnehin angespannten Wohnungssituation verlangte, sondern die Stadt auch vor die Herausforderung stellte, die Entwicklung des Schulwesens wie auch der sozialen und kirchlichen Einrichtungen auf allen Ebenen und für verschiedene Nationalitäten voranzutreiben. Nicht zuletzt brachte die neue Rolle Prags auch eine wesentliche Expansion des Kulturlebens mit sich. Dieser große, letztlich erfolgreich abgeschlossene Prozess der komplexen Modernisierung der Stadt wurde dabei von einer breiten Skala interessanter Persönlichkeiten aus den Reihen der Kommunalpolitiker, der Fachbeamten des Magistrats wie auch der technischen Experten im breitesten Sinne konzipiert, getragen, manchmal allerdings auch erschwert. Hier erscheint es lohnenswert, wenigstens die – nicht immer unkomplizierten – Schlüsselpersönlichkeiten dieser interessanten Galerie vorzustellen.
Soll jedoch die urbane Dynamik der Zwischenkriegszeit allgemeiner erfasst werden, so muss – mindestens in Auswahl und gebotener Kürze – auch die schnelle Umgestaltung weiterer bedeutender städtischer Regionalzentren unserer Republik in den Blick rücken: von Bratislava über Brünn und Ostrau bis nach Pilsen. Alle genannten Themenkreise können überdies nur im Kontext der Entwicklung anderer europäischer Hauptstädte und ihrer Schlüsselpersönlichkeiten in der Zwischenkriegszeit relevant beleuchtet werden. Im Zentrum unseres Interesses stehen dabei traditionell Wien, Warschau und Berlin, aber auch die Regionalmetropolen München oder Krakau – Letzteres nicht zuletzt als „geistige Hauptstadt“ des geteilten Polens, die jedoch nicht zum Zentrum der neuen Republik wurde. In der Aufzählung der für die komparative Bewertung der Prager Situation relevanten republikanischen Hauptstädte und urbanen Zentren des sich modernisierenden Zwischenkriegseuropas könnte fortgefahren werden. Stellvertretend sei an dieser Stelle nur das dauerhaft inspirierende Paris genannt.
Es geht uns also zum Jubiläum der Republikgründung nicht um eine bloße feierliche Beschreibung der Modernisierungsentwicklung der Hauptstadt Prag, ihrer urbanistischen Entfaltung und der Dominanten dieser Prozesse. Vielmehr interessieren uns auch die Impulsquellen für die Entwicklung der Stadt und die Frage, ob die einzelnen Maßnahmen rational fundiert oder eher politisch (Macht, Prestige etc.) motiviert waren. Als grundlegende Aufgabe unserer Konferenz betrachten wir ebenfalls die Identifizierung der wesentlichen Momente, die eine bremsende Wirkung hatten: die politisch motivierte Einschränkung der Selbstverwaltungsfreiheit der Metropolen, die gelungenen und die gescheiterten Versuche ihrer politischen oder finanziellen „Unterwerfung“ durch die demokratischen wie autokratischen bzw. diktatorischen Regierungen der neuen Republiken. Wir betrachten Prag dabei als exemplarisches Beispiel einer europäischen Hauptstadt der Zwischenkriegszeit und vermuten, dass das Verständnis der Probleme der Vergangenheit dabei helfen könnte, diejenigen der Gegenwart zu lösen.

Interessenten werden gebeten, den geplanten Titel ihres Vortrags zusammen mit einem Abstract bis zum 15. April 2018 an die untenstehende Kontaktadresse zu senden. Die Organisatoren behalten sich vor, unter den eingesandten Beiträgen eine Auswahl zu treffen. Die vorgetragenen Referate werden in überarbeiteter Fassung in Form eines monothematischen Bands in der Reihe Documenta Pragensia veröffentlicht. Die Unterbringung der ausländischen Referenten erfolgt auf Kosten der Organisatoren in den Gästehäusern der Akademie der Wissenschaften und der Karls-Universität. Ein Tagungsbeitrag wird nicht erhoben. Die offiziellen Tagungssprachen sind Tschechisch und Deutsch (ggf. Englisch), für eine Simultanübersetzung wird gesorgt.

Für die Organisatoren:

Prof. PhDr. Jiří Pešek, CSc., PhDr. Olga Fejtová, Ph.D., Mgr. Aleš Vyskočil, Ph.D., Doc. PhDr. Michaela Hrubá, Ph.D.

Programm

Kontakt

Markéta Růčková

Archiv hl. města Prahy, Archivní 6, CZ-149 00 Praha 4, Tschechische Republik

00420236004020

Marketa.Ruckova@praha.eu

http://www.ahmp.cz/eng/index.html?mid=46