Der Unvollendete Krieg? Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und die Konstruktion der polnischen Identität

Der Unvollendete Krieg? Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und die Konstruktion der polnischen Identität

Veranstalter
Zentrum für Historische Forschung Polnischen Akademie der Wissenschaften, Berlin
Veranstaltungsort
Zentrum für Historische Forschung Polnischen Akademie der Wissenschaften, Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
21.06.2018 - 22.06.2018
Deadline
31.01.2018
Von
Malgorzata Stolarska-Fronia

Das Ende des Ersten Weltkriegs bedeutete nicht nur den Zerfall der damaligen politischen Ordnung und die Neugestaltung der Kräfteverhältnisse in Europa. Die Folgen des Krieges waren für die die jeweiligen Kriegsparteien noch lange nach 1918 spürbar. In Polen etwa dauerten die Kämpfe bis 1921 an. Sowohl die ehemaligen Großmächte als auch die sich neu herausgebildeten Staaten mussten sich die Fundamente ihres Staatswesens, ihrer Kultur und ihres politischen wie gesellschaftlichen Lebens neu aufbauen. Diese Prozesse vollzogen sich innerhalb nationaler Strukturen, die ihre Werte, gesellschaftliche Beziehungen, politische Ideen sowie ihr Image neu neudefiniert haben. Polen, wie zahlreiche andere Staaten, stand vor der Herausforderung, sowohl sein Staatsterritorium als auch die Grundpfeiler seiner Identität so festzulegen, dass die Gesellschaft, die zuvor 123 Jahre lang auf die jeweiligen Gebiete der drei Teilungsmächte (Österreich, Russland, Preußen/Deutschland) aufgeteilt worden ist, sich zu einer modernen nationalen Gemeinschaft vereinen konnte.

Ziel der Konferenz ist der Versuch, die Frage nach dem Einfluss des Ersten Weltkriegs auf die Konstruktion, Re – und Dekonstruktion des Polentums zu beantworten. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Entstehungs- und Transformationsprozesse der Identität der polnischen Gesellschaft, und damit auch diejenigen der sogenannten alternierenden Identitäten. Eine nicht weniger wichtige Rolle spielt auch die Außenwahrnehmung der „neuen polnischen Identität“, vor allem seitens Deutschlands und Russlands.

Antworten auf die grundlegende Forschungsproblematik der Konferenz versuchen wir über Teilstudien, u.a. zu folgenden Problembereichen zu finden:

- die Grundeinstellung der polnischen Gesellschaft während der Kriegshandlungen: es geht hierbei sowohl um die Haltung gegenüber bekannten Ereignissen als auch gegenüber jenen, die in den Forschungsarbeiten marginalisiert wurden oder gänzlich fehlten, wie z.B. die Teilnahme an politisch inszenierten Staatsfeiern, Begräbniszeremonien, historischen Reenactments, Festen sowie politischen Demonstrationen.

- Ereignisse aus den Jahren 1914 -1920, die zur Konstruktion / Festigung des polnischen Nationalgefühls führten vs. Ereignisse, die nicht in den nationalen Kanon aufgenommen wurden

- „Ikonen“ und „Verräter“ – biografische / biografisch motivierte Dilemmata bezüglich der Identitätswahl; Berücksichtigung von Erfahrungen folgender Persönlichkeiten (Vorschläge): Alexander Brückner Feliks Koneczny, Ferdynand Ossendowski, Rosa Luxemburg, Julian Marchlewski, Jakub Jasieński, Witold Gombrowicz, Wiktor Hulewicz, Eugeniusz Romer, Mykolas Römeris, Andrej und Stanisław Szeptycki, Marian und Tadeusz Kantor (es können auch andere Vorschläge eingereicht werden)

- die vergessenen „Anderen“: Grundpositionen von Frauen, Jungs während des Krieges

- die Außenwahrnehmung polnischer Persönlichkeiten, z.B. aus der Perspektive von Isaak Babel, Hans Hartwig von Beseler, Alexander Döblin usw.

- Märtyrer- und Pazifismusdiskurs, als Alternative zur dominierenden Unabhängigkeits- und Heldennarration

Gleichermaßen interessant sind die Zusammenhänge zwischen den Kriegs- und Gewalterfahrungen und denjenigen aus dem Bereich der Ästhetik sowie die daraus resultierenden Veränderungen in der polnischen Kunst nach 1918. Die Art und Weise, auf die sich der Krieg im Theater, der Kunst und Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts dauerhaft eingeschrieben hat, lässt die Frage nach der Erinnerung und ihrer visuellen Repräsentation zu. Eine nicht zu unterschätzende Rolle in diesem Zusammenhang spielt der Film als neues Medium der Kriegsdokumentation, welcher de facto mit dem Krieg entstand und sich weiterentwickelte. Vor dem Hintergrund der Schaffung oder / bzw. Entwicklung einer Identität ist das Entstehen staatlicher Kulturministerien, Archiven, Museen etc. ein wichtiger Faktor, dank dessen sich die Funktion der Kunst, vor allem der Literatur, veränderte.

Die Konferenz findet auf Polnisch, Deutsch und Englisch statt. Für Simultandolmetschen wird gesorgt.

Bitte senden Sie Ihre Abstracts in polnischer, deutscher oder englischer Sprache (ca. 2.000 Zeichen), einen kurzen wissenschaftlichen Lebenslauf sowie Angaben zu Kontakt und Affiliation bis zum 31. Januar 2018 per Email an: malgorzata.stolarska-fronia@cbh.pan.pl.

Programm

Kontakt

Malgorzata Stolarska-Fronia

Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Majakowski 47, 13156 Berlin-Pankow
030 486 285 58

malgorzata.stolarska-fronia@cbh.pan.pl

http://www.cbh.pan.pl