Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2020 - Itʼs the economy, stupid! Oder: Von China lernen, heißt siegen lernen?

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2020 - Itʼs the economy, stupid! Oder: Von China lernen, heißt siegen lernen?

Veranstalter
Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2020
Veranstaltungsort
Kronenstraße 5, 10117 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.02.2018 -
Deadline
19.02.2018
Von
Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung

CfP: Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2020
Itʼs the economy, stupid! Oder: Von China lernen, heißt siegen lernen? Wie die kommunistischen Staaten ab den 1970er-Jahren auf ökonomische und gesellschaftliche Herausforderungen reagierten

Einsendeschluss für Abstracts: 19. Februar 2018

CfP, deutsch: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/uploads/2018-pdf/cfp-jhk-2020_de.pdf

CfP, English: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/uploads/2018-pdf/cfp-jhk-2020_en.pdf

Programm

„It´s the economy, stupid!“ – in der historischen Rückschau scheint das Diktum der US-Präsidentschaftskampagne Bill Clintons von 1992 auch für den Bestand bzw. das Ende der kommunistischen Regime des 20. Jahrhunderts zu gelten.
Die Einführung eines „Marktsozialismus“ in der Volksrepublik China mit der Reform- und Öffnungspolitik ab 1978 gilt als Grundlage für den Aufstieg des „Reichs der Mitte“ zur neuen Weltmacht. Während sich die kommunistischen Regime in China, Vietnam und Laos nicht zuletzt aufgrund des dortigen Wirtschaftswachstums bis heute behaupten konnten, verschwanden die kommunistischen Diktaturen Ostmitteleuropas zwischen 1989 und 1991 von der Bildfläche. Anders als in China folgten auf die wirtschaftliche Stagnation der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten der 1970er-Jahre in den 1980er-Jahren eine schwere Rezession sowie eine vielerorts dramatische Versorgungskrise. Diese Entwicklung war gleichzeitig auch eine wesentliche Voraussetzung für die weithin friedliche Überwindung der kommunistischen Regime Ostmitteleuropas zum Ende des Jahrzehnts.
Vom 22. bis zum 24. November 2018 lädt eine Konferenz des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung (JHK) Historikerinnen und Historiker aus dem In- und Ausland dazu ein, die ökonomischen und (sozial)politischen Antworten der kommunistischen Staaten auf wirtschaftliche und politische Krisenerscheinungen seit den 1970er-Jahren in transnationaler Perspektive nachzuzeichnen. Veranstalter der Konferenz, deren Beiträge in der Ausgabe 2020 des JHK dokumentiert werden, sind die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Professur für Moderne China-Studien an der Universität zu Köln sowie das Berliner Kolleg Kalter Krieg. Anlass des Vorhabens ist die denkwürdige Koinzidenz von vier Jahrestagen, die 2018 dazu einladen, die Geschichte innerkommunistischer Reformbemühungen in den letzten drei Dekaden des 20. Jahrhunderts in globaler Perspektive neu auszuleuchten: 2018 wird die Niederschlagung des Prager Frühlings fünf Jahrzehnte zurückliegen. Vier Jahrzehnte werden seit dem Beginn der Reform- und Öffnungspolitik Chinas vergangen sein, drei Jahrzehnte seit dem Höhepunkt von Perestroika und Glasnost in der Sowjetunion. Schließlich leitet die Konferenz thematisch auch zum finalen Scheitern des europäischen Kommunismus im Jahr 1989 über, das 2019 neuerliche öffentliche Aufmerksamkeit finden wird.
Bereits in den 1960er-Jahren hatten Parteikader und Ökonomen in Osteuropa an der wirtschaftlichen Überlegenheit der zentralen Planwirtschaft über den westlichen Kapitalismus zu zweifeln begonnen. Doch die in diesem Jahrzehnt insbesondere in der ČSSR, aber auch in der DDR angestoßenen Wirtschaftsreformen, im Rahmen derer die Planwirtschaft sowohl effizienter als auch mit marktwirtschaftlichen Komponenten ausgestaltet werden sollte, waren nicht von langer Dauer. Die Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 markierte – sieht man von Ungarn ab – in weiten Teilen des Ostblocks den vorläufigen Endpunkt ökonomischer, aber auch politischer Reformexperimente. Gleichzeitig unternahmen viele Partei- und Staatsführungen von nun an den Versuch, politische Stabilität durch soziale Wohltaten, Wohnungsbau sowie Steigerung der Konsumgüterproduktion zu erkaufen. Die damit verbundenen Ausgaben erfolgten zulasten dringend erforderlicher Investitionen, die Industrien wurden auf Verschleiß gefahren, zugleich wuchs die Staatsverschuldung im kapitalistischen Ausland beständig an. Während sich die Partei- und Staatsführung in Peking ab 1978 aufmachte, die „eiserne Reisschüssel“, d.h. den sozialistischen Versorgungsstaat zu zerschlagen, schreckten die verfeindeten Genossen in Moskau lange vor den Folgen eines verstärkten wirtschaftlichen Wettbewerbs zurück. Die mit dem Schlagwort „Perestroika“ verbundenen Wirtschaftsreformen, die Michail Gorbatschow in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre auf den Weg brachte, trugen – zumindest in der Wahrnehmung der Zeitgenossen – eher dazu bei, die ökonomischen Probleme zu verschärfen, statt sie zu lösen. Hier wie in den anderen Ostblockstaaten ging der wirtschaftliche Verfall mit einer wachsenden Unzufriedenheit in der Gesellschaft einher, die den Boden für den großen Umbruch des Jahres 1989 bereitete.
Das JHK und seine Kooperationspartner laden Historikerinnen und Historiker aus dem In- und Ausland dazu ein, Exposés für Beiträge einzureichen, die sich mit den unterschiedlichen ökonomischen und (sozial)politischen Antworten der kommunistischen Staaten auf wirtschaftliche und politische Krisenerscheinungen seit den 1970er-Jahren auseinandersetzen. Besonders willkommen sind Beiträge, die sich auf nachfolgende Themen- und Fragestellungen beziehen und dabei nach Möglichkeit transnationale Perspektiven einnehmen:
- Krisenwahrnehmung und -bewältigung: Wie und auf welchen Ebenen wurden wirtschaftliche Krisenerscheinungen seit den 1970er-Jahren in den kommunistischen Staaten registriert und gedeutet, welche Lösungsstrategien wurden diskutiert und ggf. mit welchem Erfolg umgesetzt? Wie reagierten die kommunistischen Staaten auf die Herausforderungen der „3. industriellen Revolution“ und warum waren diese nicht in der Lage, selbige zu vollziehen? Gab es eine globale wechselseitige Wahrnehmung akuter ökonomischer und gesellschaftlicher Probleme sowie diesbezüglicher Reformbemühungen innerhalb der kommunistischen Staatenwelt? Inwieweit beeinflussten solche Wahrnehmungen ggf. die unterschiedlichen nationalen Krisenbewältigungs- bzw. Reformstrategien? Gab es darüber Debatten im RGW? Wie gestaltete sich die Wahrnehmung des Ostblocks seitens der chinesischen Reformer ab den 1970er-Jahren bzw. wie hat der Ostblock die chinesische Reformpolitik reflektiert?
- Innere Bedingungsfaktoren kommunistischer Reformpolitiken: Welche fördernden oder hemmenden Auswirkungen hatten zeitgenössische Rahmenbedingungen, nationale Besonderheiten, Erfahrungen und kulturelle Prägungen sowie damit einhergehende ideologische Interpretationen auf die Bereitschaft zu Reformen bzw. auf die Gestalt sowie den Erfolg der konkreten Reformbemühungen? Inwieweit wurden bei Reformen, die auf eine stärkere Partizipation und das materielle Interesse der wirtschaftlichen Akteure wie auch der Beschäftigten setzten, Fragen der politischen Partizipation mitgedacht bzw. inwieweit zogen sie Forderungen nach politischen Reformen nach sich? Wie gingen die kommunistischen Regime mit dem Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher und politischer Freiheit um? Welche Auswirkungen hatten die Wirtschaftslage bzw. die Wirtschaftsreformen auf die Lebensverhältnisse der Bürger und deren Verhältnis zum Staat?
- Äußere Bedingungsfaktoren kommunistischer Reformpolitiken: Welchen Einfluss hatten die Weltwirtschaft und insbesondere deren Krisen (z.B. Ölkrise) auf die Ökonomien der kommunistischen Staaten? Welchen Anteil hatte der Westen am Erfolg bzw. Misserfolg ökonomischer Reform- und Konsolidierungsbemühungen in den kommunistischen Staaten? Wie wirkten sich dabei der Rüstungswettlauf aber auch die Phasen der Entspannungspolitik aus? Begünstigte der Westen die chinesischen Reformanstrengungen, um den Bruderzwist zwischen Moskau und Peking zu vertiefen? Mit welchem Erfolg nutzte der Westen seine politische und wirtschaftliche Macht, um einzelne Staaten des kommunistischen Lagers zu schwächen oder auch zu stabilisieren? Welche Auswirkungen hatte der sino-sowjetische Konflikt für die Volkswirtschaften Chinas und des Ostblocks? Welche Auswirkungen hatte die wirtschaftliche Entwicklung des Ostblocks sowie Chinas auf deren Bündnis- und Außenpolitik gegenüber den Staaten des „Global South“ sowie insbesondere gegenüber den dortigen Bündnispartnern? Inwieweit und mit welchem Erfolg wurden Reformkonzepte auf diese Staaten übertragen? Welche Wechselwirkungen waren ggf. zu verzeichnen?
- Konsequenzen: Welche Schlussfolgerungen haben kommunistische Regime nach 1989 aus dem Zusammenbruch des Ostblocks gezogen? Wie wird die Entwicklung der kommunistischen Staaten seit den 1970er-Jahren insbesondere mit Blick auf die Wirtschaftsgeschichte im heutigen China, in den verbliebenen kommunistischen Staaten sowie in anderen (post)kommunistischen Diskursen erzählt und gedeutet? Was bleibt nach 40 Jahren Reformen an dem politischen und ökonomischen System der VR China „sozialistisch“? Wie wird in unterschiedlichen sozialen Schichten und Generationen heute die Reform- und Öffnungspolitik erinnert und bewertet? Warum nimmt der positive Bezug auf Mao Zedong bei Parteiführung und Bevölkerung wieder zu?
Bitte richten Sie Ihr Beitragsangebot für das JHK 2020 bis zum 19. Februar 2018 in Form eines kurzen Exposés (2000 Zeichen) an die Redaktion, in dem Sie die Konturen Ihres Themas umreißen, Ihre Quellenlage und Methoden darlegen sowie Auskunft zu Ihren bisherigen Arbeitsschwerpunkten geben.
Im JHK können Beiträge mit einem Umfang von in der Regel 40.000 Zeichen (inklusive Fußnoten und Leerzeichen) in deutscher Sprache veröffentlicht werden. Übersetzungen aus dem Englischen werden bei Bedarf veranlasst. Eine Honorierung der Beiträge ist leider nicht möglich. Bei Annahme des Exposés wird um die Vorlage des Manuskripts bis zum 10. November 2018 gebeten. Die Konferenz vom 22. bis zum 24. November 2018 ersetzt das sonst im JHK übliche Review-Verfahren. Daher ist die Teilnahme der Autorinnen und Autoren an der Tagung ausdrücklich erwünscht. Die Reise- und Übernachtungskosten werden bei fristgerechter Übersendung des Beitrags von den Veranstaltern erstattet. Die nach der Konferenz ggf. zu überarbeitenden Texte sind – soweit nicht anders vereinbart – bis zum 8. Januar 2019 an die Redaktion des Jahrbuchs zu übermitteln. Die Beiträge werden dort lektoriert sowie ggf. zuvor übersetzt. Beiträge, die nicht auf der Konferenz vorgestellt werden, sind ebenfalls bis spätestens zum 8. Januar 2019 an die Redaktion zu übermitteln. Diese Texte durchlaufen vor der Annahme ein Review-Verfahren.
Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten: Die Konferenz beginnt am Donnerstagabend, dem 22. November 2018 und endet am Samstag, dem 24. November 2018 um die Mittagszeit. Die Hotelzimmer werden durch die Veranstalter gebucht und bezahlt. Für Referentinnen und Referenten aus Europa werden in der Regel die Kosten für zwei Übernachtungen übernommen. Für Referentinnen und Referenten, die von außerhalb Europas anreisen, werden bis zu vier Übernachtungen ermöglicht. Die An- und Abreise ist durch die Referentinnen und Referenten zu buchen. Für Anreisen aus Deutschland und seinen Nachbarstaaten werden die tatsächlichen Reisekosten bis zu einer Höhe von maximal 200 Euro übernommen. Für Anreisen aus allen anderen europäischen Staaten erfolgt die Übernahme von nachgewiesenen Reisekosten bis zu einer Höhe von 300 Euro. Kosten für Anreisen zur Konferenz aus Nord- oder Südamerika sowie Asien werden bis zu 1.000 Euro erstattet (bis zu 800 Euro bei Anreisen ab Bejing, Shanghai oder New York oder vergleichbar). Taxikosten können grundsätzlich nicht erstattet werden. Für Referentinnen und Referenten, die aus anderen Regionen der Welt anreisen, werden analoge Regelungen gesondert vereinbart. Die Übernahme der Reise- und Übernachtungskosten erfolgt nur bei fristgerechter Übersendung des Textentwurfs. Die Veranstalter empfehlen eine frühzeitige Buchung der Reise sowie den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung.
Nähere Informationen zum Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung finden Sie unter www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/jahrbuch. Die Ausgaben 2002 bis 2015 des JHK stehen in elektronischer Form auf der Website www.kommunismusgeschichte.de zur Verfügung.

Kontakt

Birte Meyer

Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Redaktion - Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung
Kronenstraße 5, 10117 Berlin

jhk@bundesstiftung-aufarbeitung.de

https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/jahrbuch