Ressourcenabhängigkeit und ökonomisches Kalkül. Entscheidungsfindung in der chemischen Industrie des 19. und 20. Jahrhunderts

Ressourcenabhängigkeit und ökonomisches Kalkül. Entscheidungsfindung in der chemischen Industrie des 19. und 20. Jahrhunderts

Veranstalter
SFB 1095 Schwächediskurse und Ressourcenregime, Teilprojekt B01: Ressourcenverbrauch und ökonomisches Kalkül
Veranstaltungsort
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Ort
Frankfurt am Main
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.05.2018 - 25.05.2018
Von
Frederic Steinfeld

Entscheidungen von Unternehmen unterliegen einer für sie konstitutiven Paradoxie: Einerseits können sich diese Entscheidungen nur auf eine angenommene Zukunft beziehen, deren Realität die Unternehmen simulieren müssen, um überhaupt entscheiden zu können. Andererseits können Unternehmen trotz dieser Situation nicht auf Entscheidungen verzichten, denn ihre zukünftige Handlungsfähigkeit hängt von den vorherigen Entscheidungen zwingend ab. Diese notwendigen, aber zugleich fiktiven Entscheidungen betreffen dabei zum einen die Unternehmensorganisation selbst, zum anderen deren materielle Handlungsfähigkeit. Bei der Analyse dieser Paradoxie hat die wirtschafts- und unternehmenshistorische Forschung den Vorteil, keiner normativen Zwangslage zu unterliegen, da sie bereits abgeschlossene Entscheidungsserien, deren Konstitution und deren Folgen anhand des in Unternehmensarchiven gesammelten Materials rekonstruieren und so die Bedingungen der Möglichkeit unternehmerischer Entscheidungen aufklären kann, ohne gegenüber bereits erfolgten Entscheidungen in die unangenehme Rolle des normativen Beraters zu geraten.
In diesem Kontext ist das wirtschaftshistorische Teilprojekt des DFG Sonderforschungsbereiches „Schwächediskurse und Ressourcenregime“ situiert, das sich mit den in den Unternehmen Bayer und BASF abspielenden Entscheidungsprozessen bezüglich deren zukünftiger materieller Handlungsfähigkeit auseinandersetzt. Konkret geht es dabei um die ressourcenbezogene Zukunftsplanung und die davon abhängenden Entscheidungs- und Handlungsprozesse, in deren Folge es in den Unternehmen zu zugleich begleitenden wie einengenden Pfadabhängigkeiten kommt.
Ziel der Konferenz soll es sein, diese empirischen und theoretischen Forschungsergebnisse des Teilprojektes im Rahmen einer internationalen Expertengruppe kritisch zu diskutieren. Dabei sollen sowohl entscheidungstheoretische wie auch historisch empirische Fragestellungen im Mittelpunkt stehen. Zusammengeführt werden sollen die beiden Themenfelder unter der Leitfrage, welche Entscheidungen die Entwicklung der chemischen Industrie von der Teerfarbenchemie hin zur komplexen Großchemie begleiteten.

Programm

Donnerstag, 24. Mai 2018

11:00 Uhr
Begrüßung: Werner Plumpe

11:15 Uhr
Alexander Engel (Göttingen): Die Indigosynthese und der Indigomarkt um 1900

12:00 Uhr
Carla Thiel (Frankfurt): Brot für die Welt. Die BASF und die Stickstofffixierung

12:45 Uhr
Mittagessen

13:45 Uhr
Jörg Sydow (Berlin): Pfadschöpfung, Pfadabhängigkeit, Pfadbruch – was bestimmt die Entscheidungssequenzen in Unternehmen?

14:30 Uhr
Ernst Homburg (Maastricht): Patente, Allianzen, Diversifizierung: Die internationalen Strategien und Verteidigungsmechanismen von Solvay & Cie., 1863-1939

15:15 Uhr
Kaffeepause

15:45 Uhr
Frederic Steinfeld (Frankfurt): Das quantifizierte Unternehmen. Die Bedeutung des betrieblichen Rechnungswesens für Entscheidungsprozesse bei Bayer

16:30 Uhr
Jan-Otmar Hesse (Bayreuth): Ölpreiskrisen und Währungsturbulenzen. Planungssicherheit deutscher Unternehmen in den 1970er Jahren

17:15 Uhr
Pause

18:15 Uhr
Abendvortrag, Alfred Kieser (Mannheim): Wie Organisationen versuchen, aus ihren Erfahrungen zu lernen, und wie sie sich dabei mitunter stärker von ihrem Aberglauben als von ökonomischen Kalkülen leiten lassen.

20:30 Uhr Abendessen

Freitag, 25. Mai 2018

9:00 Uhr
Carsten Reinhardt (Bielefeld): Wahrnehmungen und Strukturen industrieller Forschung bei BASF und Hoechst um 1900

9:45 Uhr
Michael C. Schneider (Düsseldorf): Die Eigenlogik der Forschung und die Entscheidungsfähigkeit des Unternehmens

10:30 Uhr
Kaffeepause

11:00 Uhr
Ray Stokes (Glasgow): Die Entthronung von König Kohle. Entscheidungsmomente in der westdeutschen chemischen Industrie 1949-1961

11:45 Uhr
Christian Marx (Trier): Zwischen Kohlechemie und Kernkraft. Ressourcenbezogene Entscheidungsprozesse in der deutschen Chemieindustrie seit den 1960er Jahren

12:30 Uhr
Mittagessen

13:30 Uhr
Abschlussdiskussion: Werner Plumpe

Kontakt

Frederic Steinfeld

Gräfstr. 78
60486 Frankfurt am Main

steinfeld@em.uni-frankfurt.de

http://www.sfb1095.net/infos/veranstaltungen/workshop-ressourcenabhaengigkeit-oekonomisches-kalkuel.html
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Deutsch
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