Caritas – Charity – Philantrophie – Corporate Citizenship
Gute Werke, das katholisches Milieu und die Spende
Symposium der Draiflessen Collection in Mettingen (Westfalen) im Rahmen des Projektes „Wohltätigkeit in Netzwerken. Unternehmensphilanthropie und katholische Identität aus der Sicht von Stiftern“.
27.-29. Juni 2019
Private caritative Stiftungen verfügen weltweit über große Vermögen. Mittels durch Stiftungen initiierter Projekte oder an Dritte vergebener Fördergelder werden gesellschaftliche Entwicklungen bewusst oder unbewusst im Sinne der individuellen Ideen und Vorstellungen von Stiftern beeinflusst.
Bei großen Stiftungen handelt es sich um ein Elitenphänomen, früher des Adels, heute des Wirtschaftsbürgertums oder Unternehmen, das sich nicht allein aus religiösen Motiven bzw. der Menschenfreundlichkeit speist. Distinktionsmechanismen und Habitusvorstellungen, Zirkel des Gebens in Netzwerken von Gebern und das Bedürfnis wirksam zu sein, bestimmen die Motivation reicher Eliten zur Gründung von Stiftungen. Philanthropisches Engagement zeigt jedoch auch heute noch konfessionelle und nationale Spezifika.
Katholische Fürsorgeverpflichtigungen, Werke der Barmherzigkeit, ergaben sich historisch bedingt aus dem Jenseitsglauben und die Bedeutung der Guten Werke. Vor allem der Adel und wohlhabende Bürger versuchten über Stiftungen für Notleidende das eigene Seelenheil zu sichern. Während in protestantischen Milieus dieser Glaube nach der Reformation langsam an Bedeutung verlor, blieb er im Katholizismus immer erhalten und wurde im 19. Jahrhundert durch die katholische Soziallehre transformiert. Die Caritas, als persönlicher Einsatz oder durch finanzielle Unterstützung, ist elementarer Bestandteil des gläubigen Handelns. Dies gilt für alle Laien, vom wohlhabenden Unternehmer bis hin zum Kind mit einem Fastenopfer. Dabei ging und geht es jedoch auch um eine demonstrierte katholische Identität, z. B. in der sogenannten Diaspora.
Heute agierende Hilfswerke und Organisationen und auch sozial tätige Orden haben ihre Wurzeln in diesem Milieu. Trotz vielfältiger Transformationen und Auseinandersetzungen mit der Moderne und der Postmoderne gründen sie in der katholischen Soziallehre, so dass sich diese Form der Caritas z. B. deutlich von der im amerikanischen Protestantismus gründenden Charity unterscheidet, auch wenn sich in heutigen Weiterentwicklungen einer globalen Philanthropie unter dem Schlagwort „Force for Good“ die Unterschiede zu nivellieren scheinen.
Vor allem seit den 1990er-Jahren sind Forschungen zum katholischen Milieu vielfältig betrieben worden. Bedingungen und Ausformungen der Entstehung des Milieus und verschiedener Regionalmilieus angesichts Ultramontanismus, Antimodernismus, Kulturkampf, Aufblühen des katholischen Pressewesens, die Feminisierung der Frömmigkeit und eine Fülle einzelner Kulte sind gut untersucht und publiziert worden. Kaum untersucht ist jedoch die tatsächliche Prägung individueller Werte und daraus folgender Handlungsweisen durch dieses Milieu, vor allem die persönliche Perspektive agierender Laien.
Welche Rolle spielen religiöse Überzeugung, konfessionelle Netzwerke, Demonstration von konfessioneller Identität z. B. in der Entwicklung von philanthropischen Engagements? Welche Bedeutung haben Stiftungen und einflussreiche Unterstützer für Missionsorden und Hilfswerke und somit für katholische Netzwerke insgesamt? Welche konfessionellen Prägungen lassen sich bis heute in der Philanthropie rekonstruieren?
Das interdisziplinär angelegte Symposium will sich den hier kurz dargelegten Inhalten vor allem akteurszentriert und praxeologisch annähern. Dabei soll es sowohl um die historischen Fundierungen im katholischen Milieu als auch um Transformationen von Philanthropie angesichts der Globalisierung gehen.
Denkbar sind Beiträge etwa zu folgenden Themenschwerpunkten:
- Zur caritativen und missionarischen Tätigkeit von Orden seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
- Zur Katholischen Soziallehre als Movens für private Finanzgeber
- Zur Rolle westfälisch-münsterländischer und niederländischer Regionalmilieus in globalen katholischen Netzwerken
- Identität und Erziehung durch konfessionelle Bildung in Privatschulen, Ordensuniversitäten, Missionsschulen und Wissenschaftsorganisationen (Görres-Gesellschaft etc. )
- Ziele von Hilfswerken und deren Transformationen
- Vom ehrbaren Kaufmann zur Good Citizenship und Unternehmern als „Entwicklungshelfern“
- Philanthropie als Markenzeichen von Unternehmen: „Force for Good“ und „Corporate Social Responsability“
Wir bitten um unveröffentlichte Beiträge von ca. 30 Minuten Länge. Die Beiträge sollen in einem dreisprachigen Tagungsband (Deutsch, Englisch, Niederländisch) veröffentlicht werden. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage unter www.draiflessen.com.
Bitte reichen Sie einen Themenvorschlag mit einem kurzen CV bis zum 1. November 2018 ein bei:
Prof. Dr. Christine Aka (chraka@uni-mainz.de)
Kai Bosecker, M. A. (kai.bosecker@draiflessen.com)