Transformation als Erfahrungsraum. Transnationale Perspektiven

Transformation als Erfahrungsraum. Transnationale Perspektiven

Veranstalter
Institut für Zeitgeschichte München - Berlin, Abteilung Berlin; Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, Regensburg
Veranstaltungsort
Finckensteinallee 85/87, 12205 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.03.2019 - 08.03.2019
Deadline
25.02.2019
Website
Von
Prof. Dr. Dierk Hoffmann

Transformationen werden zumeist als durch politische und wirtschaftliche Akteure zielgerichtet gesteuerte Prozesse aufgefasst. Beeinflusst durch die klassischen Transformationstheorien der 1990er Jahre wird in der Forschung somit in erster Linie auf die Makroebene abgehoben, Ergebnisse von Transformationsprozessen werden häufig als Erfolgs- oder Verlustgeschichten dargestellt. Makroökonomische und politische Transformationsprozesse wirken aber ebenso tief in gesellschaftliche Strukturen hinein und auf kulturell verankerte Normen zurück. Sie ordnen nicht nur Eigentumsverhältnisse, sondern parallel dazu soziale Beziehungen (z. B. in Industriebetrieben) neu und verändern sozial-geographische Räume (z. B. Städte). Sie schaffen neben Verlustgeschichten auch neue Erfahrungswelten und Ermöglichungsräume, lassen neue Akteure (z. B. Gewerkschaften) die Bühne betreten und neue Strukturen (z. B. Märkte) entstehen. Kurzum: Transformationen sind einerseits transnationale Prozesse, die sich andererseits jedoch im Lokalen materialisieren und „vor Ort“ mit höchst unterschiedlichen Erfahrungen einhergehen.

Diese erfahrungs- bzw. mikrogeschichtliche Dimension von Transformationsprozessen ist in der historischen Forschung bislang nicht systematisch in den Blick genommen worden. Der Workshop greift dieses Desiderat auf und verfolgt das Ziel, in Auseinandersetzung mit kulturwissenschaftlichen und ethnologischen Ansätzen neue Perspektiven auf die Geschichte von zeitgeschichtlichen Transformationen zu eröffnen und begriffliche Diskussionen anzuregen. Dazu möchte er neue Forschungsergebnisse bzw. Zwischenergebnisse aus laufenden Projekten bündeln und unter übergreifenden Fragestellungen diskutieren.

Im Zentrum stehen post-sozialistische Transformationserfahrungen in der DDR und Ostmittel- bzw. Südosteuropa nach 1990 sowie Transformationserfahrungen, die in die 1980er-Jahre zurückreichen. Zusätzlich möchte der Workshop vergleichende Blicke auf Transformationsprozesse in westeuropäischen Regionen werfen, die etwa in den 1970er-Jahren einsetzten und nicht durch einen politischen Regimewechsel gekennzeichnet waren. Gleichwohl bilden aber etwa De-Industrialisierungsprozesse einen gemeinsamen Erfahrungshintergrund, den westeuropäische und post-sozialistische Regionen teilen. Damit möchte der Workshop nicht nur den interdisziplinären, sondern auch den disziplinären Dialog zwischen Zeithistoriker/innen fördern, deren Forschungsgebiete (Ostmittel- und Südosteuropa, DDR, Westeuropa) bislang vor allem in den jeweils eigenen subdisziplinären Diskursen verankert sind.

Den Ausgangspunkt bilden vier zentrale Erfahrungsräume, die zugleich unterschiedliche Akteursfelder und Kommunikationsräume konstituieren und sich methodisch für einen transnationalen Vergleich eignen:

- Industriebetriebe
- Märkte
- Gewerkschaften und soziale Bewegungen
- Städte/Regionen

Aufgrund begrenzter Platzkapazitäten wird um schriftliche Anmeldung bis spätestens 25. Februar 2019 per Email (berlin@ifz-muenchen.de) gebeten.

Programm

Donnerstag, 7. März 2019
Ab 13.30 Uhr: Begrüßungskaffee

14.00 Uhr: Begrüßung (Dierk Hoffmann, Berlin/Ulf Brunnbauer, Regensburg)

14.15 -16.00 Uhr: Sektion I – Industriebetriebe: das Beispiel Werften
Moderation und Kommentar: Klaus Weinhauer (Bielefeld)

- Zwischen Zukunftsoptimismus und Krise. Die Transformation der ostdeutschen Werftindustrie als Erfahrungsraum nach der "Wende" (Eva Lütkemeyer, München)

- Transformation als Dauerprojekt: Die Werften Uljanik (Pula) und Gdynia im Vergleich (Ulf Brunnbauer, Regensburg)

- Wahrnehmung und Reaktion von Gewerkschaftern auf Krisen- und Transformationsprozesse in der westeuropäischen Schiffbauindustrie (Johanna Wolf, Leipzig)

16.00 - 16.30 Uhr: Kaffeepause

16.30 - 19.00 Uhr: Sektion II – Märkte
Moderation und Kommentar: Thomas Lindenberger (Dresden)

- Vom "Polenmarkt" zum Millionär? Markterfahrungen und Marktdenken in der polnischen Transformationszeit (Florian Peters, Berlin)

- Directing Foreign Investments to Eastern Germany: Swiss Engagements after (and before) 1989 (Keith Allen, Berlin)

- Why was totalitarism good for business until it was no more: Revisiting the East European debt crisis of the early 1980s (Adrian Grama, Regensburg/München)

- Marktkritik und Markttransformation: „Fairer Handel“ und ethischer Konsum in Westeuropa (Benjamin Möckel, Köln)

Freitag, 8. März 2019
9.30 - 11.15 Uhr: Sektion III – Gewerkschaften und Betriebsräte
Moderation und Kommentar: Stefan Berger (Bochum)

- Ein „gewerkschaftsfreier Raum“? Gewerkschaftsstrukturen und -kulturen in Ostdeutschland in den frühen 1990er Jahren (Christian Rau, Berlin)

- 'Hilfe zur Selbsthilfe'? Entstehung und (vorläufiges) Scheitern eines Beteiligungsansatzes der IG Metall in den 1970er und 1980er Jahren (Moritz Müller, Bochum)

- Privatisation and its Aftermath: Diversified Experience of Polish Industry Workers (Joanna Wawrzyniak, Warschau)

11.15 - 11.45 Uhr: Kaffeepause

11.45 - 13.30 Uhr Sektion IV – Stadt und Region
Moderation und Kommentar: Kerstin Brückweh (Potsdam)

- Der Betrieb als Krake: Wohlfahrt, Infrastruktur und andere Verflechtungen der Werft Uljanik (Andrew Hodges/Peter Wegenschimmel, Regensburg)

- Die Siebziger als Achterbahn: Krisen und Transformationen in Wilhelmshaven und Wolfsburg (Jörn Eiben, Hamburg)

- Ehrenamtliche Arbeit in Gemeinden Sloweniens und Serbiens zwischen Staatssozialismus und liberalen Kapitalismus (Ana Kladnik, Dresden)

13.30 - 14.00 Uhr
Abschlusskommentar: Joachim von Puttkamer (Jena)

Kontakt

Prof. Dr. Dierk Hoffmann
Institut für Zeitgeschichte München - Berlin
Abteilung Berlin
Finckensteinallee 85/87
12205 Berlin

berlin@ifz-muenchen.de