Eines der obersten Ziele schulischer Bildung und aller Unterrichtsfächer ist es, junge Menschen zu gesellschaftlicher Teilhabe und demokratischer Partizipation zu befähigen. Die Fragen, wie sich dieser Anspruch an Demokratiebildung in der Gestaltung von Unterricht und Schulleben, in Inhalten, didaktischen Konzepten und Methoden oder im Professionshandeln von Lehrpersonen umsetzen lässt und welche Ambivalenzen, bildungspolitischen Implikationen und didaktischen Herausforderungen sich mit ihm verbinden, beschäftigt die reflektierende Schulpraxis im 20. Jahrhundert in besonderer Weise. 2019 jähren sich nicht nur der 100. Geburtstag der ersten parlamentarischen Demokratie auf deutschem Boden 1919, die Gründungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik 1949 sowie die friedliche Revolution 1989. 1909 entstand bereits im Kaiserreich mit der „Vereinigung für staatsbürgerliche Erziehung des deutschen Volkes“ die erste bürgerliche Organisation für eine demokratisch orientierte Bildung. Das mehrfache Jubiläumsjahr gibt damit vielfältigen Anlass, auf die Unterrichtsgeschichte der Demokratiebildung zurückzublicken.
Historische Fachunterrichtsforschung ist dabei weniger an normativer Ideengeschichte interessiert, sondern fragt nach der kollektiven Wissenskonstitution, die sich in der Bildungspraxis entwickelt. Die historische Rekonstruktion von fachdidaktischen Vorstellungen, Prinzipien und Paradigmen, unterrichtlichen Lehr-Lern-Prozessen, Inhalten, Methoden, Medien und Zielen kann das Selbstverständnis der Fachdisziplinen stärken und die Innovation der Fachdidaktiken fördern, indem sie vergessene Lösungsvarianten und Praktiken erschließt und eigene Ansichten von Schule und Unterricht im Vexierspiegel des Historischen infrage stellt. Die Tagung "Bildung und Demokratie im 20. Jahrhundert – Perspektiven bildungsgeschichtlicher Fachunterrichtsforschung" möchte Raum geben zum interdisziplinären Austausch über Studienergebnisse und Forschungsvorhaben zur Geschichte der Demokratiebildung in Schule und Unterricht. Erbeten sind methodologische oder wissens-und kulturgeschichtliche Beiträge, die sich mit Rekonstruktionen historischer Lehr-Lern-Prozesse beispielsweise anhand von Unterrichtsberichten, Schülerprodukten, Unterrichtsmedien, pädagogischen, didaktischen und bildungspolitischen Diskursen, Filmen oder Lehrerbiographien mit Fragen demokratischer Bildung in allen Unterrichtsfächern und dem Schulleben beschäftigen. Es können sowohl Vorträge für die Dauer von 30 Minuten (plus 20 Minuten anschließende Diskussion) als auch Werkstattbeiträge (mit ca. 15 Minuten Impulsreferat und 35 Minuten gemeinsamer Arbeitsphase) eingereicht werden.
Die Tagung wird organisiert im Rahmen des 2018 an der Universität Trier gegründeten Archivs für bildungsgeschichtliche Fachunterrichtsforschung. Sammlungsgut sind Unterrichtsmedien und Artefakte des Lernens und Lehrens in den Fächern Deutsch, Geschichte und Politik mit einem Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert. Das Archiv steht in Kooperation mit der Universitätsbibliothek Trier allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern offen und unterstützt insbesondere Studierende der Universität Trier in bildungsgeschichtlichen Forschungsprojekten.
Zum Einreichen eines Beitrags mailen Sie bitte ein Paper (1 Seite, ca. 2.500 Zeichen inkl. Leerzeichen) bis zum 30. Mai 2019 an Matthias Busch (buschm@uni-trier.de).
Die Veröffentlichung eines Tagungsbandes ist vorgesehen.
Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!
Mit freundlichen Grüßen
Anke Wegner und Matthias Busch