Ländliche Marktproduktion und Infrastruktur in der Vormoderne

Ländliche Marktproduktion und Infrastruktur in der Vormoderne

Veranstalter
Arbeitskreis für Spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte und Institut für Historische Landesforschung der Universität Göttingen
Veranstaltungsort
Nidersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Historisches Gebäude, Papendiek 14, Alfred-Hessel-Saal
Ort
Göttingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.06.2019 - 27.06.2019
Deadline
19.06.2019
Von
Dr. Niels Petersen

Die ländliche Produktion machte bis weit in das 19. Jahrhundert den größten Wirtschaftssektor aus. Ab dem 15. Jahrhundert erlebte sie in vielen Bereichen eine zunehmende Kommerzialisierung. Diese Entwicklung verlief weder geradlinig hin zu wachsender Marktorientierung, noch ist dieses Phänomen flächendeckend in gleicher Intensität anzutreffen. Die Intensivierung agrarischer Produktion insgesamt ermöglichte den Verkauf von Teilen des Ertrags, bei Gerste zum Teil bis zu zwei Dritteln der Ernte, anstatt zum Selbstverbrauch, der Subsistenz und der Zahlung von Abgaben. Überdies erleichterte die bessere Bewirtschaftung den Anbau spezieller Gewächse wie Flachs oder Waid, Wein, Hopfen oder Obst, daneben spezialisierte sich auch die Tierhaltung in Zucht, Fleisch- oder Milchproduktion. Hieraus entwickelten sich spezialisierte, regional begrenzte Wirtschafts- und Produktionslandschaften, die spätestens zu Beginn des 17. Jahrhunderts voll ausgebildet waren, jedoch meist schon viel früher in Erscheinung traten. Die Regionen standen zudem oft in enger funktionaler Beziehung zueinander, so war die Viehhaltung auf Futterproduktion angewiesen, der Ackerbau auf tierischen Dünger. Je nach Konjunkturen hatten solche regionalen Spezialisierungen über einige Generationen oder einige Jahrhunderte Bestand, bis letztlich alle Regionen früher oder später einer wirtschaftlichen Neuorientierung und damit einem Strukturwandel unterlagen.
Zu den Faktoren, die solche Landschaften hervorbrachten und letztlich auch prägten gehörten die kulturlandschaftlichen Grundlagen und das Klima, aber in besonderem Maße die Gravitation der städtischen Märkte und die Nachfrage des Fernhandels. Ein für diese Entwicklung neuralgisches Element ist die Ausbildung entsprechender Infrastrukturen, um Transaktionskosten niedrig zu halten oder den Absatz der Produkte überhaupt erst zu ermöglichen. Die Reichweite der Märkte und damit der Abnehmerzentren war bis zu einem gewissen Grad abhängig von der Verfügbarkeit der Transportwege, den Straßen und vor allem den Flüssen und auch die See. Hierzu gehören auch die dazugehörigen Objekte und Lagerkapazitäten wie Scheuer und Speicher. Ferner Institutionen wie Normen und Organisationsformen der Produktion und des Verkaufs. Schließlich wurden auch einzelne Institutionen prägend für die landwirtschaftliche Struktur, im Falle der außereuropäischen Expansion brachten diese ihre Kulturtechniken und Erfahrungen mit in die Zielländer.
Das Tagungsthema berührt verschiedene Forschungsfelder, darunter die Agrargeschichte und die Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Landesgeschichte hat zudem seit langem die jeweiligen Regionen in vielerlei Hinsicht bearbeitet.
Im Anschluss an diese Tagung findet die Tagung der Gesellschaft für Agrargeschichte statt (https://www.agrargeschichte.de/pagecontents-ansehen-1329-80-0-VW5zZXJlIFRhZ3VuZ2Vudec0.htm).

Programm

26.06.2019
13:00 Uhr Ankunft
14:30 Uhr Einführung, Niels Petersen, Göttingen
Moderation des Tages, Ulla Kypta, Basel

14:45 Uhr Keynote: Why go to market? Questions on the causes and consequences of commercialisation, Shami Ghosh, Toronto

16:15 Uhr Produzent, Verbraucher, ökonomischer Akteur. Das Regensburger St. Katharinenspital und sein Getreidekasten im 17.-19. Jh., Kathrin Pindl, Regensburg

17:00 Uhr Vom Feld zum Markt. Klöster und Städte zwischen Kooperation und Konkurrenz in der Landwirtschaft, Christian Stadelmaier, Gießen

18:15 Uhr Handel als Missionsstrategie – Die Jesuiten als Akteure der ländlichen Marktproduktion in Südamerika, Philip Knäble, Göttingen

20:00 Uhr Abendessen (Selbstzahler)

27.06.2019
9:30 Uhr Zwischen Infrastruktur und Struktur: Danzig, Memel und Agrarverfassung in der östlichen Ostseeregion im 15.‒16. Jh., Vytautas Volungevičius, Vilnius

10:15 In betracht dat hirin unser gedeyg und vorderff gelegen - Der dithmarsische Getreidehandel mit den Niederlanden im Schatten der Hanse und Fürstenherrschaft, Stefan Brenner, Kiel

11:00 Uhr Märkte im Netz der Transportwege: Das Vorhaben der Digitalen Karte vormoderner Verkehrswege, Bart Holterman, Göttingen
11:45 Uhr Zusammenfassung und Schlussdiskussion, Julia Bruch, Köln
12:00 Uhr Abschied

Kontakt

Niels Petersen
Institut für Historische Landesforschung der Universität Göttingen
Heinrich-Düker-Weg 14, 37085 Göttingen

niels.petersen@phil.uni-goettingen.de

http://www.wirtschaftsgeschichte.org