Heroisches Handeln zwischen Exemplarität und Exzeptionalität in der griechisch-römischen Antike. Interdisziplinäre-altertumswissenschaftliche Tagung

Heroisches Handeln zwischen Exemplarität und Exzeptionalität in der griechisch-römischen Antike. Interdisziplinäre-altertumswissenschaftliche Tagung

Veranstalter
Sebastian Bauer, SFB 948 Helden-Heroisierungen-Heroismen; Philipp Brockkötter, GCSC/JLU Gießen
Veranstaltungsort
Haus zur Lieben Hand
Ort
Freiburg i.Brsg.
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.04.2020 - 09.04.2020
Deadline
31.10.2019
Website
Von
Philipp Brockkötter

_Durch neue, auf meine Veranlassung (me auctoritate) hin eingebrachte Gesetze habe ich viele Einrichtungen der
Väter (multa exempla maiorum), die in unserer Epoche schon zu verschwinden drohten, wieder zum Leben erweckt und selbst in vielen Belangen Beispiele zur Befolgung (ipse multarum rerum exempla imitanda) der Nachwelt überliefert._
Augustus, res gestae § 8
Mit diesen wenigen Worten umreißt Augustus in seinen res gestae eines der wohl wichtigsten Konzepte des Altertums, die Exemplarität: eine Normenethik, vermittelt u.a. durch episodische Erzählungen, um beispielhafte Figuren, mit dem Ziel, scheinbar nachahmenswertes Verhalten aus der Vorzeit als Maßstab für die Gegenwart zu etablieren. Der Prinzeps betont dabei nicht nur die moralische Implikation dieses Verhaltens- und Normensystems, sondern verweist gerade auch auf die Akteure bzw. Schöpfer (auctores) dieser nachzuahmenden exempla. Hierbei gelingt es ihm, sich selbst neben und über diese etablierten exempla zu stellen und schlussendlich neue exempla zu etablieren.
Die Spannbreite dessen, was als exemplum gilt, kann dabei als ausgesprochen weit bezeichnet werden. Exempla sind soziale Praktiken, aber auch Medien einer politischen Kommunikation. Sie verbinden dabei individuelle und partikulare, faktische wie fiktionale Handlungen, mit ihrer gesellschaftlichen Tradierung. Einzelne Zielgruppen, partikuläre Werte und Normen, aber auch erinnerungskulturelle Belange werden so gleichsam durch diese individuell singulären Vehikel der exempla miteinander verwoben und gesamtgesellschaftlich relevant.
Exempla werden uns daher in der gesamten Bandbreite altertumswissenschaftlicher Quellen überliefert: von Lyrik und Historiographie über Inschriften und Münzen, bis hin zu Statuen, Wandgemälden, Bauplastiken und philosophischen Bildungstraktaten. Diesem prinzipiell offenen Charakter von exempla ist es geschuldet, dass sie nicht nur der Selbstversicherung einer Gesellschaft über Werte und Normen dienen können, sondern sich ebenso zu etablierten Ordnungen subversiv bzw. konterkarierend verhalten können. Dabei ist zu betonen, dass zur Konstruktion eines exemplum untrennbar die exzeptionelle Tat des auctor gehört, die ihre herausgehobene Stellung oft durch Devianz oder Transgression zu gängigen Normen etabliert und somit in ein Spannungsverhältnis zu bestehenden Ordnungen tritt.
Dieses in der Forschung bisher weniger beachtete Element soll bei der anvisierten Tagung im Fokus stehen. Die im SFB 948 ‚Helden-Heroisierungen-Heroismen‘ in der Vergangenheit entwickelten Konzepte und Theoreme können hierbei als erstes Theorieangebot herangezogen werden.1 Exemplarität und Exzeptionalität wird so zu einem Kernbestandteil der Idee des Heroischen und damit verbunden der Heroisierung. Phänomene der Exemplarität können so mithin vor dem Hintergrund der Heroisierung gelesen werden, und Exemplarität teilweise selbst als Heroisierungs- und nicht nur als Legitimationsstrategie begriffen werden. Die Tagung möchte darüber hinaus aber ebenso zu einer weiteren Theoretisierung der Begriffe Exzeptionalität und Exemplarität beitragen und ist dabei zugleich offen für andere Methoden und Theorieansätze.
Uns interessierende Fragehorizonte bilden dabei das Verhältnis von mos maiorum und exempla, der Bezug auf Exzeptionalität und Exemplarität in Rhetorik und Bildungskontexten der Antike, Beispiele exemplarischer Figuren in ihrer zeitlichen Entwicklung und Rezeption und vor allem die Frage von Identitätskonstruktionen um und mittels exempla. Damit verbunden wollen wir uns insbesondere der Frage einer transkulturellen Anschlussfähigkeit von exempla bzw. paradeigmata im griechisch – römischen Austausch widmen. Ferner kann auch der Themenbereich der Rolle von Frauen und weiblichen Heldinnen in Exemplaritäts- und Exzeptionalitätsdiskursen ein mögliches Themenfeld bilden.
Die Tagung ist explizit interdisziplinär und international angelegt und hat eine intensive gemeinsame Diskussion als Anliegen. Wir möchten so Altertumswissenschaftler_innen aller Fächer und Qualifikationsstufen ansprechen und in einen Dialog bringen. Da wir zudem auch alle zeitlichen Epochen der Antike in einen Austausch setzen möchten und über die bereits zugesagten Vorträge (u.a. Prof. Dr. Hartmut Leppin [Frankfurt a.M.], Prof. Dr. Katharina Lorenz [Gießen], Prof. Dr. Susanne Lüdemann [LMU], Prof. Dr. Matthew Roller [Baltimore], Prof. Dr. Karen Piepenbrink [Gießen] und Prof. Dr. Peter Scholz [Stuttgart]) die römische Kaiserzeit bereits stark vertreten ist, möchten wir insbesondere Vortragende mit Forschungsinteresse in der frühen, mittleren und späten römischen Republik und/oder in der griechischsprachigen Welt (Archaik, Klassik, Hellenismus, Griechenland unter röm. Herrschaft) ansprechen und für einen Redebeitrag gewinnen. Ca. Sechs Plätze für Nachwuchswissenschaftler_innen stehen hierbei zur Verfügung, von denen wir max. 4 eine Reisekosten- und Unterkunftsübernahme für Inlandsanreisen gewähren können. Die Tagung wird finanziell gefördert durch den SFB 948, die Fritz Thyssen Stiftung und die Mommsen-Gesellschaft.

Vorschläge für Beiträge in deutscher oder englischer Sprache (max. 500 Wörter mit 3 Schlagwörtern) können inkl. eines kurzen CV bis zum 31.10.2019 bei den Organisatoren der Tagung eingereicht werden. Für die Redebeiträge und deren Diskussion ist ein Zeitfenster von 45 Minuten vorgesehen, wobei die Vorträge 30 Minuten nicht überschreiten sollten. Gäste und Interessierte sind herzlich willkommen. Eine Publikation der Beiträge in einem Sammelband ist angedacht.

Anmerkungen
1 Tobias Schlechtriemen, Der Held als Effekt. Boundary work in Heroisierungsprozessen, in: Berliner Debatte Initial 29 (2018), S. 106-119; Anna Schreurs-Morét/Ralf von den Hoff/Felix Heinzer et al. (Hgg.), Imitatio Heroica. Heldenangleichung im Bildnis (Helden - Heroisierungen - Heroismen 1), Würzburg 2015; Ulrich Bröckling/Christian Dries/Tobias Schlechtriemen et. al., Das Andere der Ordnung denken. Eine Perspektivverschiebung, in: Das Andere der Ordnung. Theorien des Exzeptionellen, hrsg. v. Ulrich Bröckling, Christian Dries u. Tobias Schlechtriemen u.a., Weilerswist 2015, S. 9-52.

Programm

Kontakt

Philipp Brockkötter

International Graduate Center for the Study of Culture Alter Steinbacher Weg 38 35394 Gießen

Philipp.Brockkoetter@gcsc.uni-giessen.de


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