Der Dreißigjährige Krieg betraf zahlreiche mitteleuropäische Städte in erheblichem Maße. Viele von ihnen verzeichneten als direkte oder indirekte Kriegsfolge einen deutlichen demographischen Rückgang, der auf Truppendurchzüge und Schlachten in der unmittelbaren Umgebung, auf Belagerungen, Zerstörungen und militärische Besetzungen sowie auf Epidemien, Unterernährung, Hungersnöte und Zwangsemigration zurückzuführen war, die mit den Feldzügen einhergingen. Viele Städte gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die auch von der Kriegskonjunktur einiger Handwerke nicht aufgewogen werden konnten; die Kriegslasten führten häufig zu einer fatalen Verschuldung mit langfristigen Auswirkungen.
Das Alltagsleben in den städtischen Kommunen ging jedoch weiter. Dazu gehörte auch eine Reihe sich zyklisch wiederholender oder gelegentlicher Riten und Feierlichkeiten, die sich bislang der systematischen Aufmerksamkeit der historischen Forschung und anderer gesellschaftswissenschaftlicher Fächer entzogen. Auf sie konzentriert sich die internationale Konferenz, die im Rahmen der Tagungsreihe Altdorfer Gespräche über ‚Wallenstein und seine Zeit‘ am 26. Und 27. Juni 2020 in Altdorf bei Nürnberg stattfinden wird.
Zwischen dem ausgehenden zweiten Jahrzehnt und dem Ende des fünften Jahrzehnts des 17. Jahrhunderts fanden sowohl im katholischen wie im protestantischen städtischen Umfeld zahlreiche Feste und öffentliche Zeremonien statt. Neben den mit dem militärischen Geschehen verbundenen Einzügen von Generälen und hohen Offizieren, militärischen Vereidigungen, Paraden und Siegesfeiern handelte es sich um festliche Einzüge von Monarchen, Fürsten und anderen weltlichen und geistlichen Würdenträgern sowie um verschiedene akademische, kirchliche, städtische und weitere Feste verschiedener Art. Leichenbegängnisse, Theatervorstellungen, Musikveranstaltungen, Schützenfeste, aber auch ritualisierte öffentliche Hinrichtungen waren Teil einer Theatralisierung des öffentlichen Lebens, die auch in den Zeiten des Krieges mit barocker Pracht inszeniert wurde.
Für die geplante Konferenz begrüßen wir nicht nur historiographische Beiträge, sondern streben einen interdisziplinären Zugang zu dem Themenkomplex an, der die Perspektiven der Kunst- und Literaturgeschichte, der Ethnologie, der Musik- und Theaterwissenschaft wie der Linguistik (Bohemistik, Germanistik, Neolatinistik) einschließt.
Länge der Beiträge: 20 min. Konferenzsprachen: Englisch und Deutsch.
Referatsangebote einschließlich Abstract (bis zu 1 Seite) bitten wir, bis 31. Januar 2020 an: andresova@hiu.cas.cz zu senden.
Der Ausschuss der Konferenzveranstalter behält sich das Recht auf die Auswahl der Beiträge vor.
Es ist vorgesehen, die Beiträge zur Tagung in einem Sammelband zu publizieren.
Prof. Dr. Martin Holý (Historisches Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, Prag)
Prof. Dr. Georg Seiderer (Department Geschichte, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)