Unfertige Architekturen: Unvollendete Bauwerke des Mittelalters zwischen Scheitern und Offenheit (11.-14. Jahrhundert)

Unfertige Architekturen: Unvollendete Bauwerke des Mittelalters zwischen Scheitern und Offenheit (11.-14. Jahrhundert)

Veranstalter
Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte
Veranstaltungsort
Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte
Ort
Rom
Land
Italy
Vom - Bis
17.01.2020 -
Deadline
17.01.2020
Von
Margherita Tabanelli

Das Konzept des "Unfertigen" in der zeitgenössischen Architektur hat in den letzten Jahren wachsendes Interesse erfahren. Damit verbinden lassen sich einerseits Versuche die prinzipielle Offenheit und Unabschließbarkeit des Schaffensprozesses in der zeitgenössischen Kunst theoretisch zu fassen, wie es z.B. Umberto Eco in "Das offene Kunstwerk" unternimmt. Andererseits ist in Italien angesichts der großen Anzahl von Bauruinen die Aufmerksamkeit für unfertige Werke gewachsen. Dies mündete in die provokative Formulierung: "Das Unvollendete ist der wichtigste Baustil in Italien seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute" (Alterazioni Video 2018).

Heute wird das Phänomen als typisch für die Gegenwart verstanden. Historische Vergleiche werden allenfalls mit der Ruinenfaszination der Romantiker gezogen, während das Mittelalter selbst eher als Gegenpol zur Postmoderne angesehen wird. Die Mediävisten hingegen haben das Unvollendete noch gar nicht als Phänomen erkannt und untersucht, geschweige denn theoretisch reflektiert. Gerade hier müsste der Dialog mit der Forschung zur Gegenwartskunst einsetzen, z.B. in Bezug auf den unterbrochenen Schaffensprozess und die Offenheit des Werks.
Die Geschichte der mittelalterlichen Architektur ist reich an komplexen Bauaufgaben, die unvollendet geblieben sind und oft zu den kühnsten Unternehmen gehörten (siehe z.B. die geplante Erweiterung des Doms von Siena). Die Gründe bleiben epochenübergreifend dieselben: Erlahmung des politischen Willens, Tod der Auftraggeber, technische Probleme, Wirtschaftskrisen, Kriege oder Naturkatastrophen. Über die Erforschung dieser Kontexte hinaus, bietet das unvollendete Bauwerk selbst einen komplexen Untersuchungsgegenstand, in dem – gleich einer Momentaufnahme des Bauprozesses – sonst unsichtbare Elemente offengelegt und verfügbar sind. Ein methodisches Problem liegt darin, dass ein unfertiges Gebäude von seiner Entstehungszeit bis heute weitere Veränderungen durchlaufen hat: vom Verfall bis zu Fertigstellungsversuchen in späterer Zeit, von der Wieder- und Umnutzung von Strukturen über ihre Integration ins Stadtbild bis hin zur Musealisierung der Ruine.
Der Call for Papers richtet sich an Forscher*innen aus der Kunst- und Architekturgeschichte, der Archäologie, der historischen Bautechnik, der Restaurierungsgeschichte, der Archivwissenschaft und anderer verwandter Felder, um das Phänomen der unvollendeten Bauwerke und Bauruinen des späten Mittelalters (11. bis 14. Jahrhundert) möglichst breit zu diskutieren. Das Ziel ist, nicht bei einzelnen historischen Fallstudien stehenzubleiben, vielmehr sollen diese kontextualisiert und auch epochenübergreifende Fragestellungen in den Blick genommen werden.
Mögliche Untersuchungsgegenstände können sein:
- Gründe und Umstände für die Aufgabe einer Baustelle
- unvollendete Bauten als "Momentaufnahme" eines unterbrochenen Prozesses: Bautechnik und Baupraxis
- Nachleben der unvollendeten Bauwerke und Baustellen: späte Fertigstellung, Wiederverwendung, Musealisierung
- unvollendete Werke und Baustellen in zeitgenössischen Dokumenten: wie, und mit welchen Worten wird das Scheitern einer Baustelle dargestellt und erklärt?
- Forschungsgeschichte des Themas der unvollendeten Bauwerke
- Theorie und Ästhetik des Unvollendeten und Begriffsklärungen hinsichtlich der Konzepte des Unvollendeten und der Ruine

Willkommen sind Vorschläge für Beiträge von einer Dauer von ca. 30 Minuten in Deutsch, Italienisch oder Englisch. Die Bibliotheca Hertziana - Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte übernimmt Reise- und Übernachtungskosten für die Vortragenden. Interessierte bitten wir ein Abstract des geplanten Vortrags (max. 350 Wörter) und einen knappen Lebenslauf (max. 2 Seiten) bis zum 17. Januar 2020 an Margherita Tabanelli (tabanelli@biblhertz.it) zu schicken.

Programm

Kontakt

Margherita Tabanelli

via Gregoriana 28, 00145 Roma, Italien

tabanelli@biblhertz.it

https://www.biblhertz.it/2891259/191217-cfp-unfertige-architekturen?c=2376374
Redaktion
Veröffentlicht am
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch, Italienisch
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