Selbstbestimmung als Utopie? Volksabstimmungen 1920 im europäischen Vergleich

Selbstbestimmung als Utopie? Volksabstimmungen 1920 im europäischen Vergleich

Veranstalter
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt & Österreichische Akademie der Wissenschaften
Veranstaltungsort
Universität Klagenfurt, Hörsaal 1 & Oman-Saal, Universitätsstraße 65–67
PLZ
9020
Ort
Klagenfurt
Land
Austria
Vom - Bis
07.10.2020 - 07.10.2020
Von
Elisabeth Lobenwein, Institut für Geschichte / Abteilung für Österreichische und Neuere Geschichte, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Anlässlich des 50. Geburtstags der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe von Universität Klagenfurt und Österreichischer Akademie der Wissenschaften wird ein internationales, vom Land Kärnten gefördertes Symposium fünf regionale Volksabstimmungen 1920/21 vergleichend betrachten und in das komplexe Panorama europäischer Staatsbildungsprozesse 1918–23 einordnen.

Selbstbestimmung als Utopie? Volksabstimmungen 1920 im europäischen Vergleich

In den programmatischen „14 Punkten“, mit denen US-Präsident Woodrow Wilson Anfang 1918 seine Vorstellungen für die Neuordnung Europas und der internationalen Gemeinschaft nach dem Ersten Weltkrieg darlegte, wurde den „Völkern“ der habsburgischen Doppelmonarchie die „freieste Möglichkeit zu autonomer Entwicklung“ zugestanden.

Wilsons Vorstellungen von einem moralisch gerechten Frieden erfuhren in der politischen Realität eine Reihe von Herausforderungen. Letztlich erwies sich das universalistische Versprechen von autonomer Entwicklung und Selbstbestimmung als zu breite Projektionsfläche für die unterschiedlichsten politisch-ideologischen Ziele. Harte Friedensbestimmungen zeichneten die Grenzen neuer Staaten auf der Landkarte Mittel- und Osteuropas ein, die ethnisch keineswegs homogen waren und selbst wieder „kleine Imperien“ darstellten (Pieter M. Judson). Um Konflikte bei der Bildung dieser neuen Vielvölkerstaaten zu minimieren, schien ein erst im Lauf der Verhandlungen eingeführtes Prinzip einen Ausweg zu bieten: die betroffene Bevölkerung über ihre staatliche Zugehörigkeit selbst entscheiden zu lassen.

Der Blick auf Europa verdeutlicht ein ganzes Panorama von Optionen bei der Umsetzung dieses Prinzips: militärische Gewalt, wo Gebietszuweisungen umstritten waren wie in Fiume/Rijeka oder Vilnius/Wilna, den Status einer freien Stadt wie Danzig oder lange Übergangsfristen bis zu einer endgültigen Entscheidung wie im Fall des Saarlands. Das „Anschlussverbot“ untersagte der Republik Deutsch-Österreich 1919 den angestrebten Zusammenschluss mit Deutschland, während (nicht autorisierte) Abstimmungen in Tirol und Salzburg noch 1921 deutliche Mehrheiten dafür ergaben. Von den mehrheitlich deutschsprachigen Gebiete Westungarns kehrte Ödenburg/Sopron nach einer bilateral akkordierten Abstimmung im Dezember 1921 zu Ungarn zurück. Referenden über die künftige staatliche Zugehörigkeit in genau festgelegten Abstimmungsgebieten fanden 1920/21 im Süden Kärntens statt (10. Oktober 1920, festgelegt im Art. 50 des Friedensvertrags von St. Germain), in Schleswig (Februar/März 1920), in West- und Ostpreußen (Juli 1920) sowie, im März 1921 und besonders stark umstritten, in Oberschlesien.

Weitere Problemlagen der Nachkriegszeit werden ein öffentlicher Vortrag von Jörn Leonhard (Universität Freiburg i.Br.) zum Thema „Der überforderte Frieden: Selbstbestimmung zwischen Erwartung und Erfahrung nach 1918“ und eine abschließende Podiumsdiskussion thematisieren.

Detaillierte Informationen zum Programm und Anmeldung: https://www.aau.at/selbstbestimmung-als-utopie/

Teilnahme aufgrund begrenzter Kapazitäten nur nach Anmeldung möglich.

Programm

SYMPOSIUM
9:00 Uhr: Begrüßung durch Oliver Vitouch / Rektor der Universität Klagenfurt

9:10 Uhr: Opening Keynote: Oliver Jens Schmitt / Präsident der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW und Universität Wien

10:10 Uhr: Jan Schlürmann (Schleswig-Holsteinischer Landtag, Kiel): Schleswig

Kaffeepause

11:30 Uhr: Andreas Kossert (Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, Berlin): Ostpreußen

12:30 Uhr: Maciej Górny (Dt. Historisches Institut Warschau): Oberschlesien

Pause

14:30 Uhr: Gábor Egry (Institut für Politische Geschichte, Budapest): Burgenland (Ödenburg)

15:30 Uhr: Arnold Suppan (ÖAW und Universität Wien): Kärnten

16:30 Uhr: Für alle Interessierten: Führung über den Campus inkl. Karl-Popper-Sammlung und Kunst am Campus

KEYNOTE & PODIUMSDISKUSSION
18:00 Uhr: Eröffnung durch Peter Kaiser / Landeshauptmann von Kärnten

18:20 Uhr: Keynote: Jörn Leonhard (Universität Freiburg i.Br.): Der überforderte Frieden: Selbstbestimmung zwischen Erwartung und Erfahrung nach 1918

19:20 Uhr: Podiumsdiskussion mit
Jörn Leonhard (Universität Freiburg)
Jana Osterkamp (Universität München)
Dieter Pohl (Universität Klagenfurt)
Oliver Jens Schmitt (ÖAW und Universität Wien)
Hellwig Valentin (Universität Graz)
Moderation: Reinhard Stauber (Universität Klagenfurt)

Kontakt

Reinhard Stauber, Universität Klagenfurt

https://www.aau.at/selbstbestimmung-als-utopie
Redaktion
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