Next Generation Sequencing: Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft

Call for Abstracts: „Next Generation Sequencing: Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft“

Veranstalter
Elsbeth Bösl, Universität der Bundeswehr München; Stefanie Samida, Universität Heidelberg/Universität Zürich
PLZ
76133
Ort
Karlsruhe
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.10.2020 -
Deadline
27.10.2020
Von
TATuP Redaktion, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), Karlsruher Institut für Technologie

Next Generation Sequencing: Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft

TATuP-Thema in Heft 2/2021. Verlängerte Abgabetermin für Ihr Abstract: 27. Oktober 2020

Next Generation Sequencing: Challenges for Science and Society

TATuP special topic in issue 2/2021. Extended deadline for submitting your abstract: 27 October 2020

Call for Abstracts: „Next Generation Sequencing: Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft“

TATuP-Thema in Heft 2/2021.

Die Sequenzierung von DNA gehört heute zum Standardrepertoire in der biologischen und medizinischen Forschung. Das um die Mitte der 2000er Jahre etablierte Next Generation Sequencing (NGS) war der wichtigste technologische Auslöser für diese Entwicklung. Es kam zu großen Erkenntnisgewinnen für die molekular arbeitenden Biowissenschaften.

Das TATuP-Thema in Heft 2/2021 nimmt dies zum Anlass, um über diese Entwicklungen zu reflektieren. Es geht um Chancen und Grenzen der neuen Methoden vor dem Hintergrund der sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen der Gegenwart. Um der „Genetisierung“ bzw. „Molekularisierung“ der Gesellschaft auf individueller und kollektiver Ebene nachzugehen, sollen Akteure und ihre Praktiken, Interessen und Motive ebenso berücksichtigt werden wie Strukturen und Wissensordnungen. In den STS standen bisher vor allem die Anwendungsbereiche der Medizin, Pharmakologie und Forensik im Mittelpunkt. Mit diesen Feldern wird die DNA-Sequenzierung meist zuerst in Verbindung gebracht. Der Themenschwerpunkt geht darüber aber deutlich hinaus. Gefragt sind Beiträge über jene neuen Einsatzbereiche, die begrifflich schwerer zu fassen sind, weil es sich nicht um klar abgegrenzte Fächer, sondern oft um Querschnittsbereiche handelt. Dazu gehören zum Beispiel die Archäogenetik, die Genealogie, aber auch die Biodiversitätsforschung und die molekulare (Paläo-)Epidemiologie. Ist von DNA-Sequenzierung die Rede, werden Felder wie die Human Remains-/Restitutionsforschung oder die Genetic History immer noch zu wenig beachtet. Doch auch hier spielen NGS-Verfahren eine zunehmend größere Rolle. Gerade mit der Archäo- oder Paläogenetik ist ein neues Forschungsfeld entstanden, das traditionelle und lang etablierte historisch arbeitende Fächer herausfordert.

Erwartete Beiträge
Da die DNA-Sequenzierung zahlreiche gesellschaftliche Bereiche durchdringt, ist die Bandbreite der möglichen Perspektiven groß. Neben Beiträgen aus allen TA-verwandten Bereichen (z. B. Technik-/Wissenschaftsgeschichte, Technik- und Wissenschaftsforschung, Technik- und Wissenschaftssoziologie/STS) sind besonders auch solche aus Fächern und Forschungsfeldern willkommen, die sich den u. g. und ähnlichen Folgen des NGS theoretisch-konzeptionell und/oder empirisch, auch anhand von Fallstudien, widmen (z. B. Kulturanthropologie, Soziologie, Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft). Auch fachübergreifende Artikel sind möglich und wünschenswert.

Im Folgenden umreißen wir beispielhaft einige der Herausforderungen, die bearbeitet werden könnten:

Herausforderungen für die Wissenschaft: Die in der Molekulargenetik entwickelten Verfahren zur DNA-Sequenzierung lösen Transformationsprozesse innerhalb etablierter Wissenschaften und Forschungsfelder aus. Vielfach werden dadurch traditionelle Grenzen zwischen Fächern überschritten. Pars pro toto für die Methodenübernahme bzw. -integration durch sozial- und kulturwissenschaftliche Fächer steht hier die DNA-gestützte Vergangenheitsforschung mithilfe der Beprobung von „alter“ DNA (aDNA). Eine Folge waren intensive Debatten über die jeweiligen fachlichen Selbstverständnisse und epistemologischen Grundlagen. Hierzu zählen auch neuerliche Diskussionen um das Verhältnis der „two cultures“ (z. B. „neuer Positivismus“), aber auch Fragen der Grenzziehung (boundary work). Zu erörtern sind aber auch die Modi der Zusammenarbeit bzw. eines ganzheitlichen Ansatzes, wie er unter dem Stichwort consilience vorgeschlagen wird.

Gesellschaftliche Herausforderungen: DNA-Analysen haben aus dem einstmals als verstaubt geltenden, hobbyistischen Feld der Ahnenforschung einen rasch wachsenden Zukunftsmarkt gemacht, in dem privatwirtschaftliche Unternehmen wie „MyHeritage DNA“ und „Ancestry DNA“ ihren Kund/innen Erbgutanalysen anbieten und das Sammeln genetischer Daten vorantreiben. Solche Analysen, die direkt an die Verbraucher gerichtet sind (direct-to-comsumer genetic testing) – hierzu zählen auch medizinische Angebote –, sind mittlerweile eine alltägliche Dienstleistung. Welche Rolle spielt die Privatwirtschaft und welche Interessen verfolgt sie? Was passiert mit den Daten und wie gehen die Firmen mit ihnen um? Wie halten sie es mit der Datensicherheit? Welche Formen der Regulierung und Deregulierung finden sich? Auf andere Art als die kommerziellen medizinischen Angebote ist die „Unterhaltungsgenetik“, wie sie uns in der Ahnenforschung entgegentritt, unmittelbar mit Fragen der Identitätssuche bzw. aktuellen Identitätsdiskursen verbunden. Die in diesem Feld erzeugten „biogeographischen Geschichten“ erschaffen weitgehend unhinterfragte Evidenzen, deren Einfluss auf personale Identitäten und politische Konstellationen empirisch noch ungeklärt ist. Die (Be-)Deutung solcher nicht-medizinischer Anwendungen – sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft als Ganzes – wird kaum reflektiert.

Ethische Herausforderungen: Next Generation Sequencing zieht eine Vielzahl von ethischen Fragen nach sich. Derzeit gilt die mediale Aufmerksamkeit zum Beispiel besonders den Diskussionen um die Repatriierung von Artefakten und menschlichen Überresten aus den medizinischen, ethnologischen und anthropologischen Sammlungen Europas sowie der Kartierung des Genoms indigener Bevölkerungen. Die DNA-Beprobung kann hier zu einem erheblichen Machtfaktor werden und soziales, kulturelles und politisches Handeln beeinflussen. Bei der Provenienzforschung können DNA-Daten die Identitäts- und Herkunftsbestimmung unterstützen, sie bergen aber auch biologistische Fallstricke. Schwierig ist nicht zuletzt die Frage, wer entscheiden darf, ob ein Individuum oder Artefakt beprobt werden soll und was mit den gewonnenen Daten geschehen soll. Dies bezieht sich insgesamt auf alle zu Forschungszwecken unternommenen Analysen an Menschen, die dem nicht zustimmen können. Zu den gerade auch in ethischer Hinsicht bedeutsamen Einsatzgebieten der NGS-Verfahren gehören auch diverse ökologische und evolutionäre Fragestellungen. Gerade Artenschutz und Biodiversitätsforschung haben viele entsprechende Implikationen. DNA-Analysen werden eingesetzt, um internationale Artenschutzkonventionen umzusetzen und den illegalen Handel mit Wildtieren und tierischen Produkten einzudämmen.

Einreichung
Bitte senden Sie Ihr Abstract in deutscher oder englischer Sprache bis spätestens 09. Oktober 2020 per E-Mail an redaktion@tatup.de. Die Redaktion führt die Korrespondenz mit derjenigen Autorin/demjenigen Autor, die/der das Abstract eingesendet hat. Bitte beachten Sie folgende Punkte:
- max. eine Seite Abstract
- nennen Sie alle beteiligten Autorinnen und Autoren mit vollständigem Namen, E-Mail-Adresse und institutioneller Anbindung.

Ungefährer Redaktionsablauf
09. Oktober 2020: Frist für die Einreichung Ihres Abstracts.
Ende Oktober/Anfang November 2020: Entscheidung über Einladungen zur Einreichung eines Manuskriptes.
Ende Januar/Anfang Februar 2021: Frist für die Einreichung des Manuskriptes, anschließend double nonblind Begutachtungsprozess.
Anfang/Mitte März 2021: Rückmeldungen aus dem Begutachtungsprozess, anschließend Überarbeitungen durch die Autorinnen und Autoren bis Anfang/Mitte April.
Mitte/Ende April 2021: Rückmeldungen auf die Überarbeitungen.
Mitte Mai 2021: Ende der Überarbeitungsphase.
Juli 2021: Veröffentlichung (Print und online).

Gast-Herausgeberinnen dieses TATuP-Themas: Elsbeth Bösl (Universität der Bundeswehr München); Stefanie Samida (Universität Heidelberg/Universität Zürich)

Call for Abstracts: “Next Generation Sequencing: Challenges for Science and Society”

TATuP special topic in issue 2/2021.

Today, DNA sequencing has become part of the common knowledge of biological and medical research. Next generation sequencing (NGS), which was established in the mid-2000s, was the most important catalyst for this development. Knowledge production in molecular based biosciences increased significantly.

This TATuP special issue 2/2021 seeks to reflect on these developments. It is about chances and limits of the new method as well as its entanglement with social, cultural, economic and political challenges in the present. Focusing on “genetization” and “molecularization” on both an individual and collective level, actors and their practices, interests and motives as well as structures and knowledge orders need to be considered. As yet, science and technology studies focused particularly on medical, pharmacological and forensic fields of application because sequencing DNA is usually linked with these fields. This proposed special issue, however, aims to go much further. We ask for contributions on fields of application which defy disciplinary classification because they do not belong to clearly delineated disciplines, but often cross-cutting fields, e.g. archaeogenetics, genealogy, research on biodiversity and molecular (palaeo-)epidemiology. Despite the growing significance of NGS in general, its importance is often ignored in fields such as human remains and repatriation studies and genetic history. Particularly, with the establishment of new fields such as archaeogenetics or paleogenetics traditional and long-established historical disciplines are being challenged.

Expected contributions
Since sequencing DNA pervades numerous social fields there is a broad range of possible perspectives. We are looking both for contributions from all fields related to technology assessment/TA (e.g. history of science, history of technology, science studies, science and technology studies), and, particularly, from disciplines and research fields which explore aspects of NGS (e.g. cultural anthropology, sociology, history, archaeology, politics) and address the below mentioned aspects either theoretically and/or empirically or extend with regard to case studies. We also welcome interdisciplinary contributions.

Challenges that could be addressed:

Challenges to sciences: The procedures of DNA sequencing have provoked transformation processes in well-established sciences and fields of research (e.g. prehistoric archaeology). In many cases traditional boundaries have been transgressed. Pars pro toto for this adoption or integration of methods by social and cultural sciences stands the DNA supported historic research drawing on ancient DNA sampling (aDNA). Subsequently, intense debates on disciplinary self-conception and epistemological basics arose, including recent discussions about the relationship between the “two cultures” (e.g. „new positivism“) as well as about aspects of boundary work. Moreover, modes of cooperation or a holistic approach, as proposed under the keyword of consilience, could also be reflected.

Challenges to society: DNA technology has transformed the hobbyist field of genealogical research, once considered dusty and outdated, into a rapidly growing market. Private genetic analyses (direct-to-consumer genetic testing) – including medical services – are in great demand and have become everyday commodities while enterprises such as “MyHeritage DNA” and “Ancestry DNA” act as large-scale collectors of genetic data. What interests does the private sector pursue? How do companies deal with the collected data and how do they handle data security? What forms of regulation and deregulation can be found? Both commercial medical testing and „entertainment genetics“ are connected to questions of identity, but in different ways. Ancestry testing and private genetic genealogy draw from and have an effect on current identity discourses. The ensuing „biogeographical narratives“ certainly create and convey forms of evidence that remain largely unquestioned. While there still are no empirical analyses on the actual influence on personal identities and political constellations, there is also a lack of reflection on what non-medical applications mean both for the individual and society as a whole.

Challenges to ethics: Next generation sequencing is raising a variety of ethical questions. These days, media attention particularly is focusing on the repatriation of artifacts and human remains from medical, ethnological and anthropological collections in Europe. The mapping of the genome of indigenous peoples is also attracting media coverage. DNA sampling can be a significant power factor here and can gain profound influence on social, cultural and political action. Current provenance research benefits from DNA data when identity and origins are to be determined. Yet, there is also the risk of biologism. One of the difficult questions is who should decide whether an individual or artifact may be studied and what should happen to the obtained data. Obviously, this refers to all research carried out on people who are not in the position to give their consent. NGS analyses are also applied to a broad set of ecological and evolutionary issues. The ethical perspective is of particular importance in species protection and biodiversity research, where DNA analysis is used to implement international conventions and to curb the illegal wild life and animal products trade.

Submissions
Please send your abstract by email to redaktion@tatup.de by 09 October 2020 at the very latest. The editorial office will correspond with the author submitting the abstract.
Please respect the following directions:
- max. 1 page abstract
- state all co-authors with their full names, email addresses and institutional affiliations.

Approximate schedule:
09 October 2020: deadline for submitting your abstract
End of October/beginning of November 2020: decision on inviting authors to submit a full manuscript
End of January/beginning of February 2021: deadline for submitting your full manuscript, followed by a double non-blind review process
Beginning/middle of March 2021: feedback from the reviewers, followed by authors’ revisions until the beginning/middle of April
Middle/end of April 2021: feedback on revisions Mid-May 2021: end of revision period
July 2021: publication (print and online)

Guest editors of this TATuP special topic: Elsbeth Bösl (Bundeswehr University München); Stefanie Samida (University of Heidelberg/University of Zurich)

Kontakt

redaktion@tatup.de

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