Europa und der Alte Orient. Rezeption und Konstruktion von Orientbildern in der (Frühen) Neuzeit

Europa und der Alte Orient. Rezeption und Konstruktion von Orientbildern in der (Frühen) Neuzeit / Europe and the Ancient Near East. Reception and Construction of Images of the ANE since the 17th Century

Veranstalter
PD Dr. Kerstin Droß-Krüpe, Universität Kassel; Prof. Dr. Kai Ruffing, Universität Kassel; Dr. Agnés Garcia-Ventura, Universitat Autònoma de Barcelona; Prof. Dr. Lorenzo Verderame, Sapienza Università di Roma
Gefördert durch
DFG
Ort
Kassel
Land
Deutschland
Vom - Bis
03.03.2021 - 04.03.2021
Von
Falk Ruttloh, FB05, Alte Geschichte, Universität Kassel

Digital Conference, 3 & 4 March 2021:

Europa und der Alte Orient. Rezeption und Konstruktion von Orientbildern in der (Frühen) Neuzeit / Europe and the Ancient Near East. Reception and Construction of Images of the ANE since the 17th Century

Der Begriff ‚Orient‘ ist über Jahrhunderte hinweg mit vielfältigsten Allusionen und Assoziationen verbunden, die allein durch die Nennung des Wortes in den Köpfen evoziert wurden und bis heute werden. Während insbesondere der modellhafte Charakter der Klassischen Antike für die (Frühe) Neuzeit in der Vergangenheit zunehmende akademische Aufmerksamkeit erfahren hat, ist die Rezeption, Verargumentierung und (Re-)Konstruktion des Alten Orients noch nicht in gleichem Maße untersucht worden. Zwar fokussieren nun einige Studien auf die Rezeption des Alten Orients in der Populärkultur des 20. und 21. Jahrhunderts, doch die Bedeutung des Alten Orients in der Renaissance und der Phase der Nationenbildung ist wenig beleuchtet worden. Dabei spielt auch dieser Kulturkreis eine wichtige Rolle bei der Ausbildung einer europäischen Identität, die sich immer auch aus Alteritätsdiskursen als der Konstruktion eines wie auch immer geartete „Anderen“ konstituiert. Anders formuliert: Die europäische Neuzeit definierte sich zwar zu einem großen Teil über den Bezug auf ein Modell der griechisch-römischen Antike, vergaß dabei aber die Existenz eines ‚orientalischen‘ Modells nicht.
Dabei erscheint es wichtig, auch über die Frühe Neuzeit hinaus zu greifen. Insbesondere das 19. Jahrhundert mit seinen nationalromantischen Strömungen bildet einen zentralen Moment für die Formierung europäischer Identität(en). Gleichzeitig markiert das 19. Jahrhundert die Epoche, in der die archäologischen Überreste assyrischer Stätten wie Ninive und Babylon ans Licht gebracht wurden, die der europäischen Welt vorher primär durch die biblischen Texte vertraut waren. Diese Entdeckungen führten zu einem lebhaften Interesse an den materiellen Hinterlassenschaften der altorientalischen Welt, stellten die bislang in Europa über diese Region zirkulierenden Diskurse in Frage und wirkten auch auf die nationalromantischen Deutungsmuster von Vergangenheit.
Vor diesem Hintergrund zielt die geplante Veranstaltung darauf ab, ausgehend von unterschiedlichen Fachdisziplinen (Altorientalistik, Alte Geschichte, Geschichte der Frühen Neuzeit, Kunstgeschichte, Architekturgeschichte, Literaturwissenschaft und Didaktik der Geschichte) in einem gemeinsamen Diskurs unterschiedlichen Erinnerungsgattungen bzw. Transformationsmedien, die für die (Re-)Konstruktion der antiken ‚Orients’ in der Neuzeit relevant waren, zu untersuchen.
Zentral ist dabei die diskursive Konstruktion, d.h. die sprachliche und/oder visuelle Herstellung von Sinnzusammenhängen und die dabei wirkende Selektion, Negation und Transformation von Wissenselementen über den Alten Orient. Der Fokus liegt also, einem poststrukturalistischen Ansatz folgenden, auf der Frage wie die Geschichte und Kultur der antiken Orients zwischen dem 16. und 19. Jh. gelesen, gedeutet, verargumentiert und instrumentalisiert worden sind und wie durch diesen Prozess Orientbilder geschaffen und verfestigt wurden. Dies alles geschieht, basierend auf den Arbeiten von Aleida und Jan Assmann, unter der Prämisse, dass das Erinnern an vergangene Ereignisse und Kulturen als Konstrukt aus der jeweiligen Gegenwart heraus und damit als erinnerungskulturelle Praxis der Selbstreflexion aufzufassen sind.

Tagungssprachen sind Deutsch, Englisch und Italienisch.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, werden aber gebeten, sich vorab zu registrieren, um alle relevanten Links zu erhalten. Auch werden Abstracts bereits im Vorfeld zirkuliert. Registrierung unter: ANE-reception-2021@uni-kassel.de

Programm

Programm

Flyer: https://www.uni-kassel.de/fb05/uploads/media/ANE_Flyer_25-2-2021_01.pdf

3.3.2021

9.00 Kerstin Droß-Krüpe (Kassel): Welcome & Intro

I) Travellers & Archaeological Campaigns

Chair: Ulrich Niggemann (Augsburg)
9:10 Christian Feser (Duisburg-Essen): Thomas Coryate und sein Orientbild
9:30 Josef Wiesehöfer (Kiel): Carsten Niebuhr, Silvestre de Sacy and Sassanian Testimonia
9:50 Discussion
10:20 Coffee break
Chair: Arnaldo Marcone (Roma)
10:50 Eve MacDonald (Cardiff): Sir Robert Ker Porter and the Sasanians
11:10 Hannes Galter (Graz): Joseph von Hammer-Purgstalls Fundgruben des Orients und die Entzifferung der Keilschrift
11:30 Silke Förschler (Kassel): Naturgeschichte und die Evidenz des Orients in der Description de l'Egypte
11:50 Discussion
12:30 Lunch
Chair: Anne-Charlott Trepp (Kassel)
13:30 Kordula Schnegg (Innsbruck): Antike, Emanzipation und Orientalismus in den Orientalischen Briefen von Ida Hahn-Hahn
13:50 Georg Neumann (Berlin): Die deutschen Ausgrabungen in Babylon
14:10 Discussion
14:40 Coffee break

II) Opera

Chair: Agnès Garcia-Ventura (Barcelona)
15:00 Pedro Azara (Barcelona): Singing in the Ruins: Operas and the Image of Mesopotamia in the 18th Cent.
15:20 Davide Nadali (Roma): From the Bible to Nabucco: The Question of the Sources
15:40 Valeska Hartman (Marburg): Narrativer Raum: Das Phänomen „Alter Orient“ im Bühnenbild des 19. Jh.s
16:00 Discussion

4.3.2021

III) Academia / School / Fiction

Chair: Kai Ruffing (Kassel)
9:00 Sebastian Fink (Innsbruck): Oswald Spengler’s Ancient Near East
9:20 Arnaldo Marcone (Roma): Arnaldo Momigliano e la sua immagine dell’Oriente
9:40 Discussion
10:10 Coffee break
Chair: Kerstin Droß-Krüpe (Kassel)
10:40 Hans Neumann (Münster): Der (Alte) Orient in den deutschsprachigen Weltgeschichten des 19. Jh.s
11:00 Björn Onken (Duisburg-Essen): Barbaren oder Vorbilder? Orientbilder in wilhelminischen Schulbüchern
11:20 Friedhelm Pedde (Berlin): The German Novelist Karl May as a Multiplier of Knowledge about the Ancient Near East
11:40 Discussion
12:20 Lunch

IV) Architecture / Arts & Crafts / Everyday Culture

Chair: Lorenzo Verderame (Roma)
13:30 Maria Gabriella Micale (Berlin): „Ich habe genug von dieser edlen Stadt in Trümmern“. Walter Andrae's Perennial Past: Sources and Implications in 20th Cent. Art Historical Scholarship
13:50 Brigitte Pedde (Berlin): Reconstruction drawings of Ancient Near Eastern Buildings as Inspiration for Architecture in the First Third of the 20th Cent.
14:10 Discussion
14:40 Coffee break
Chair: TBA
15:10 Frances Pinnock (Roma): Fashion and the Ancient Orient
15:30 Christoph Heyl (Duisburg-Essen): Der dunkle Fremde. Zur Kulturgeschichte des Kaffees im England des 17. und 18. Jh.s
15:50 Michael Yonan (St. Davis, California): Ancient Near Eastern Themes in German Porcelain of the 18th Cent.
16:10 Discussion
16:50 Agnès Garcia-Ventura (Barcelona) & Lorenzo Verderame (Roma): Closing Remarks

Kontakt

ANE-reception-2021@uni-kassel.de