Naturkatastrophen, Epidemien, Plagen – und was sie mit uns anrichten. Gedanken aus der Antike im Dialog mit heute

3. ZAZH-Ringvorlesung „Naturkatastrophen, Epidemien, Plagen – und was sie mit uns anrichten. Gedanken aus der Antike im Dialog mit heute“

Veranstalter
Zentrum Altertumswissenschaften Zürich, UZH
Veranstaltungsort
Online
Gefördert durch
Mit Unterstützung der Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung
PLZ
8001
Ort
Zürich
Land
Switzerland
Vom - Bis
23.02.2021 - 25.05.2021
Von
Barbara Holler, Zentrum Altertumswissenschaften, Universität Zürich

Die dritte Ringvorlesung des Zentrum Altertumswissenschaften Zürich widmet sich dem Thema "Naturkatastrophen, Epidemien, Plagen - und was sie mit uns anrichten". Die interdisziplinäre Reihe bringt die Antike und Gegenwart in einen Dialog, der neue Perspektiven eröffnet.

3. ZAZH-Ringvorlesung „Naturkatastrophen, Epidemien, Plagen – und was sie mit uns anrichten. Gedanken aus der Antike im Dialog mit heute“

Menschenleere Strassen, geschlossene Geschäfte, verlassene Schulen, stillstehende Züge, abgeriegelte Grenzen: Das Coronavirus hat innert kürzester Zeit Verhältnisse geschaffen, die wir für kaum vorstellbar gehalten hatten. Angesichts einer Bedrohung, deren Gefährlichkeit niemand richtig einschätzen konnte, reagierte die Bevölkerung teils verängstigt oder gelassen, teils panisch oder fatalistisch, so oder so aber radikal verunsichert. Worauf sollte man noch vertrauen, wenn die Welt plötzlich unheimlich wird, wenn sie sich als doch nicht so beherrschbar erweist, wie wir meinten?

Naturkatastrophen, Epidemien und Plagen haben die Welt auch in der Antike erschüttert. Sie trafen Gesellschaften, in denen es ein Gesundheitssystem so wenig gab wie Sozialversicherungen und die deshalb um vieles verletzlicher waren als die heutigen. Und kaum jemand wusste, weshalb die Erde bebt, eine Stadt unter Asche verschwindet, Menschen zu Hunderten und zu Tausenden plötzlich krank werden und sterben. Wer war schuld und was sollte man tun? Antike Quellen liefern eindrückliche Berichte über Katastrophen, die wie der Ausbruch des Vesuvs eine Stadt innert weniger Stunden vollkommen zerstören konnten, oder Epidemien, die wie die Pest die Bevölkerung des Mittelmeerraumes in der ausgehenden Antike nahezu halbierte. Sie konfrontieren uns mit der Ratlosigkeit von Menschen angesichts von unfassbaren Plagen, die sie sich nicht erklären können und denen sie sich hilflos ausgeliefert sehen, ebenso wie mit der Wut auf diejenigen, die für das unfassbare Leid verantwortlich zu machen sind, und tiefen Zweifeln an übernatürlichen Erklärungsvorschlägen.

Die Deutungs- und Reaktionsmuster, die uns in den antiken Quellen begegnen, erscheinen dabei bisweilen irritierend aktuell: man sucht nach Sündenböcken, bevorzugt bei den Minderheiten in der Gesellschaft; Zweifel kommen auf an einem politischen System, dem man zu Recht oder zu Unrecht Versagen bei der Bewältigung der Krise vorwirft; von der Bevölkerung wird eine innere Umkehr gefordert, ein neues moralisches Verhalten, nachdem das frühere offenbar in die Krise geführt hat.

In der historischen Perspektive können wir aber auch den Weg aus der Krise beobachten – von der Krise angeregte, auch durchaus fruchtbare Neuanfänge ebenso wie die Wiederkehr zu alten, keineswegs nur bewährten Verhaltensmustern. Was bleibt und was endet wegen oder auch nur mit der Krise?

Die Ringvorlesung möchte das Thema «Naturkatastrophen, Epidemien, Plagen» aufgreifen und unsere Wahrnehmungen der «ausserordentlichen Lage» zu den Krisenerfahrungen in der antiken Welt in Beziehung setzen. Im Dialog mit der Gegenwart sollen unterschiedliche Katastrophenphänomene, von Heuschreckenplagen bis zum Klimawandel, in ihrem Verlauf beleuchtet werden und dabei insbesondere die politischen, religiösen und psychischen Reaktionen der Menschen in kurz- und langfristiger Perspektive in den Blick genommen werden.

Unterschiedliche disziplinäre Zugänge, von der Ägyptologie und Geschichte über die Philologie und Theologie bis hin zu Film- und Literaturwissenschaften, sollen nicht allein das ungeheure zerstörerische Potential von Naturkatastrophen und Epidemien fassbar machen, sondern auch ins Bewusstsein rufen, welche Veränderungsprozesse in der Antike und vielleicht auch heute durch sie ausgelöst werden können.

Programm

23. Februar
Eröffnungspodium: „Der Mensch im Angesicht von Katastrophen, gestern und heute“
Dr. Dr. h. c. Peter Maurer (Präsident des IKRK) im Gespräch mit Prof. Dr. Dr. h. c. Friederike Fless (Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts) und Prof. Dr. Christoph Riedweg (UZH, Seminar für Griechische und Lateinische Philologie)

2.3. Prof. Dr. Thomas Krüger (UZH, Theologisches Seminar)

«Naturkatastrophen im Alten Orient»

9.3. Prof. Dr. Dr. Frank Rühli (UZH, Institut für Evolutionäre Medizin)

«Der Mensch und die Krise - evolutionsmedizinische Perspektiven»

16.3. Prof. Dr. Christoph Reusser (UZH, Institut für Archäologie)
«Naturkatastrophen in der Vesuv-Region - nicht nur 79 n. Chr.»

23.3. Dr. Camille Semenzato (UZH, ZAZH – Zentrum Altertumswissenschaften Zürich)

«Apotropäische Darstellungen von Katastrophen in der archaischen Musenkunst»

30.3. Prof. Dr. Angelika Malinar (UZH, Asien-Orient-Institut)

«Schwankendes Recht und versagendes Wissen: Notlagen-Diskurse im klassischen Indien»

13.4. Prof. Dr. Anne Kolb (UZH, Historisches Seminar)

«Rom in Schutt und Asche»

20.4. Prof. Dr. Ulrich Eigler (UZH, Seminar für Griechische und Lateinische Philologie)

«Nachbeben und Nachleben: Der Ausbruch des Vesuvs 79 n.Chr. als Thema eines europäischen Dialogs»

27.4. Prof. Dr. A. Victor Walser (UZH, Historisches Seminar)

«Die Justinianische Pest – Wahrnehmungen und Folgen»

4.5. Prof. Dr. Johannes Bartuschat (UZH, Romanisches Seminar)

«Die Pest in Boccaccios "Decameron" - Antikes und Mittelalterliches»

11.5. Prof. Dr. Katharina Michaelowa (UZH, Institut für Politikwissenschaft)

«Katastrophen und Governance im Globalen Süden»

18.5. Prof. Dr. Elisabeth Bronfen (UZH, Englisches Seminar)

«Pandemie Archive Kino: Ein kleiner Parcours»

25.5. Abschluss

Podium mit Rupa Mukerji (Senior Advisor Adaptation to Climate Change, Helvetas) und Prof. Dr. Kyle Harper (University of Oklahoma, Institute for the Study of Human Flourishing)

«Climate Change and the End of Empires»

Kontakt

Barbara Holler, geschaeftsfuehrung@zazh.uzh.ch

https://www.zazh.uzh.ch/de.html
Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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