Kalter Krieg als Kulturerbe? Materielle, diskursive und institutionelle Hinterlassenschaften globaler Auseinandersetzung

Internationale Sommerschule "Kalter Krieg als Kulturerbe? Materielle, diskursive und institutionelle Hinterlassenschaften globaler Auseinandersetzung"

Veranstalter
Staatliche Pädagogische Universität Jaroslawl’, Universität Bielefeld
Veranstaltungsort
ul. Respublikanskaja 108/1
Gefördert durch
DAAD - Deutscher Akademischer Austauschdienst
PLZ
150000
Ort
Jaroslawl, Russland
Land
Russian Federation
Vom - Bis
23.08.2021 - 05.09.2021
Deadline
31.05.2021
Von
Alexey Tikhomirov, Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie, Universität Bielefeld

Das Ziel der internationalen Sommerschule in Jaroslawl (Russland) ist die Schaffung eines Diskussionsraums, in dem die russischen und deutschen Studierende die aktuellen Forschungsperspektiven und die öffentliche Repräsentation des Erbes des Kalten Kriegs besprechen, der bis heute als ein Bezugspunkt für die internationalen Beziehungen, politischen Auseinandersetzungen und alltäglichen Wahrnehmungen der „Anderen“ fungiert.

Internationale Sommerschule "Kalter Krieg als Kulturerbe? Materielle, diskursive und institutionelle Hinterlassenschaften globaler Auseinandersetzung"

Der Zusammenbruch der UdSSR und des Ostblocks Anfang der 1990er rief bei den Politikern, Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit verschiedener Länder eine „demokratische Euphorie” hervor, die aus den heutigen Konstellationen eher skeptisch bewertet wird.

Der von den US-Präsidenten deklarierte Sieg des westlichen Blocks im Kalten Krieg erwies sich als eine schöne, rhetorische Figur und die Diskussionen über das „Ende der Geschichte” verhinderten eine tiefe wissenschaftliche Reflektion der bipolaren Auseinandersetzung und ihres formativen Charakters für die Entstehung einer globalen Kultur.

Eine erneute Abkühlung der internationalen Beziehungen, die als ein „zweiter Kalter Krieg” oder sogar ein „Ice War” gedeutet wird, provozierte ein lebendiges Forschungsinteresse für die verschiedenen Aspekte der Nachkriegsgeschichte u.a. für die mediale Dimension des Konflikts, die transnationalen Räume und Netzwerke, für die Lebenswelten der „kleinen Leute“.

Noch im Jahr 1979 verlieh die UNESCO dem Vernichtungslager Auschwitz den Weltkulturerbestatus und veränderte so nachhaltig die Wahrnehmungen der „Kultur” als einen Bestand von positiv konnotierten menschlichen Errungenschaften in der Kunst.
Diese konzeptionelle Wende veränderte die wissenschaftliche Perspektive und eröffnete die Möglichkeit, die Hinterlassenschaften von anderen militärischen Konflikten als Kulturerbe zu betrachten.
Vor allem im Fall des Kalten Krieges, der nicht nur die internationale Sphäre beeinflusste, sondern sich auch ins Leben der „schweigenden Mehrheit” drängte. Welches Forschungspotenzial verbirgt das moderne Erbe des Kalten Krieges in Form von monumentalen Einrichtungen, politischen Praktiken, rhetorischen Figuren, individuellen Erinnerungen und Familienarchiven?

Am Beispiel Jaroslawl‘ wird diese Forschungsperspektive sehr deutlich. Einerseits war Jaroslawl‘ wie alle Provinzstädte der UdSSR in jede ideologische Kampagne des Kalten Krieges involviert, was sich in Medien, Architektur bzw. individuellen Erinnerungen widerspiegelt. Andererseits wurde die Stadt mit all ihren Schätzen alter russischer Kultur als Teil des Goldenen Rings häufiger mit Ausländern sowie mit ausländischen Partnerstädten konfrontiert und so die Fremdenbilder sensibilisiert.

Während der Vorlesungen, interaktiven Übungen und Diskussionen erhalten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit ihre theoretischen Kenntnisse in den memory studies, der globalen und transnationalen Geschichte und der politischen Kommunikation zu erweitern.

Im Rahmen der Archivarbeit, Interviews mit den Zeitzeugen, Presseanalyse und Exkursionen bekommen die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, ausreichendes Material für die Projektarbeit innerhalb der Sommerschule bzw. für ihre weiteren Forschungen zu sammeln.

Zur Teilnahme an der Sommerschule sind Bachelorstudierende ab dem vierten Semester und Masterstudierende eingeladen. Die Besucher der Sommerschule stellen ihre Projekte vor und diskutieren diese mit den anderen TeilnehmerInnen und ProfessorInnen. Die Sommerschule besteht aus drei thematischen Modulen, in denen jeweils unterschiedliche Methoden der Wissensvermittlung und verschiedene Arbeitstechniken probiert werden.

Kursdauer in Präsenz 14 Tage (23. August – 5. September 2021)

Kursdauer im digitalen Format 7 Tage (30. August – 5. September 2021)

Veranstaltungssprachen: Deutsch, Englisch, Russisch

Wir werden Sie in der ersten Julihälfte über das Format der Sommerschule informieren.

Bewerbungsschluss 30. Mai 2021

Bewerbungsunterlagen für Teilnahme: ausführlicher Lebenslauf, Motivationsbrief, ggf. Exposé eines eigenen Forschungsprojekts, Kopie des Reisepasses

Kosten
- Teilnahmegebühr beläuft sich auf 610 Euro und deckt den Transfer vom Bahnhof, Sprachkurse, Vorlesungen, Seminare und Workshops wie auch ein umfangreiches Exkursionsprogramm (Stadtführungen, Museen, thematische Ausflüge). Diese Summe umfasst nicht die Kosten für die Anreise, Versicherung, Visabeschaffung und Verpflegung.
- Teilnahmegebühr bei der digitalen Alternative beläuft sich auf 310 Euro.

Bis zu 8 TeilnehmerInnen erhalten Stipendien vom DAAD (siehe http://daad.de/go/stipd50093992)

Die Bewerbung für das DAAD-Stipendium ist nur über das DAAD-Portal möglich. Das zweigleisige Bewerbungsverfahren sieht vor, dass Interessenten sich parallel bei der Sommerschule um eine Zulassung und beim DAAD um ein Stipendium bewerben.

Programm

Zur Teilnahme an der Sommerschule sind Bachelorstudierende ab dem vierten Semester und Masterstudierende eingeladen. Die Besucher der Sommerschule stellen ihre Projekte vor und diskutieren diese mit den anderen TeilnehmerInnen und ProfessorInnen. Die Sommerschule besteht aus drei thematischen Modulen, in denen jeweils unterschiedliche Methoden der Wissensvermittlung und verschiedene Arbeitstechniken probiert werden.

Modul I: Sprachen des Kalten Krieges: bipolare Auseinandersetzung in den modernen Diskursen

Im Herbst 2017 veranstaltete Russland das XIX. Weltfestival der Jugend und Studenten unter dem Motto „Für Frieden, Solidarität und soziale Gerechtigkeit kämpfen wir gegen den Imperialismus“.
Es war zwar nicht die erste, aber doch sehr bemerkenswerte Manifestation für die gegenwärtige Verwendung von Rhetorik und außenpolitischer Repräsentation im Sinne des Kalten Krieges.
Die geplanten Diskussionen werden sich auf die folgenden Fragen konzentrieren:
1. Wie spiegelt sich das rhetorische Erbe des Kalten Krieges im modernen politischen Vokabular wider?
2. Inwieweit bestimmt die Erfahrung der bipolaren Auseinandersetzung gegenwärtige Interpretationsmuster für die internationalen Konflikte?
3. Welche aus den damals erdachten Konzepten (Nord-Süd, Dritte Welt, Kulturimperialismus) könnten Einfluss auf den politischen Entscheidungsprozess und die öffentlichen Debatten nehmen?
4. Wie tief beeinflusst das Erbe des Kalten Krieges unsere Alltagssprache?

Modul II: Materielles Erbe des Kalten Krieges: Räume, Architektur, Museen

45 Jahre bipolarer Auseinandersetzung hinterließen bemerkenswerte Spuren in der Architektur verschiedener Länder sowie in den Zonengrenzen von globalen Räumen.
Die offizielle Auflösung des sogenannten „Eisernen Vorhangs” führte nicht zum Verschwinden dieser Grenzen und seiner Spuren. Im Gegenteil: Viele von ihnen wurden noch deutlicher.
Zum Beispiel wurden die im Kalten Krieg entstandenen demilitarisierten Zonen zu einzigartigen Naturparks. Tausende Kriegsbunker in Albanien werden aus kommerziellen Zwecken in Kunstgalerien bzw. Tourismusobjekte umgewandelt.
Im Rahmen dieses Moduls werden die TeilnehmerInnen typische bzw. einzigartige Umdeutungsbeispiele in Bezug auf den Nachlass des Kalten Krieges klassifizieren sowie die Repräsentationen des Konflikts in den modernen Museen analysieren. Das Programm beinhaltet auch einen thematischen Ausflug nach Moskau und die Besichtigung des Museums des Kalten Krieges in einem ehemaligen Bunker (Bunker-42).

Modul III: Kalter Krieg als Lebenswelt: individuelles Gedächtnis, Emotionen und Familienarchivbestände

Die jahrelange Aufteilung der Welt in zwei ideologische und sozioökonomische Systeme bestimmte nicht nur die politische Realität, sondern auch den Alltag der Bevölkerung. Sie wurde durch einen massiven Propagandaeinfluss mobilisiert, nahm (un)freiwillig an der Friedensbewegung teil, wurde in die (quasi)öffentlichen Organisationen und Briefwechselfreundschaften involviert.
Der Kalte Krieg definierte Konsumpraktiken, Lebensstrategien, die materielle und sogar emotionale Welt einer gewöhnlichen Familie. Das Modul umfasst die Befragung von Zeitzeugen und die Recherche in den Familienarchiven, einschließlich visueller und materieller Quellen. Eine individuelle Perspektive des Kalten Krieges erlaubt den TeilnehmerInnen das Potenzial der Mikrogeschichte des Globales einzuschätzen.

Neben der Besichtigung von zahlreichen Museen und Sehenswürdigkeiten werden die TeilnehmerInnen das UNESCO-Kulturerbe der Stadt Jaroslawl kennenlernen.

Bei dem digitalen Format können die Organisatoren leider keine Führungen und Exkursionen veranstalten. Deshalb konzentriert sich das reduzierte Programm auf Vorlesungen, Übungen, Projektarbeit und Projektpräsentationen.

Homepage: http://yspu.org/Kalter_Krieg

Kontakt

Prof. Oksana Nagornaia
Staatliche Pädagogische Universität Jaroslawl’
Tel. +7 (909)7437115
Email: nagornaja.oxana@mail.ru

http://yspu.org/Kalter_Krieg
Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung