Nordrhein-Westfalen und der Imperialismus. Online-Tagung zu kolonialen Spuren und Strukturen auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen und der Imperialismus

Veranstalter
Prof. Dr. Marianne Bechhaus-Gerst (Universität zu Köln), Dr. Fabian Fechner (FernUniversität in Hagen), PD Dr. Stefanie Michels (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
Veranstaltungsort
Köln
PLZ
58097
Ort
Hagen
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.06.2021 - 26.06.2021
Von
Fabian Fechner, Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt, Fernuniversität Hagen

Gibt es einen spezifischen Imperialismus auf dem Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalen? Welche kolonialen Spuren sind in Städten und Regionen des Bundeslandes zu finden? In insgesamt 21 Vorträgen wird es für die Zeit zwischen 1820 und 1942 um diese vielfach unbekannten Bezüge gehen. Die Themen reichen von Wirtschaft und Sammlungen bis hin zu Migration und dem „Kolonialismus ohne Kolonien“.

Nordrhein-Westfalen und der Imperialismus

Der heutige politische Raum Nordrhein-Westfalen wird durch eine ausdifferenzierte Landesgeschichtsschreibung und eine lebendige regionale Geschichtslandschaft geprägt. Welchen Stellenwert hatte bislang die imperiale und koloniale Vergangenheit darin?

Die Konferenz und der geplante Sammelband bringen bestehende Ansätze und Forschungserkenntnisse auf regionaler Ebene zusammen. Eine Arbeitshypothese lautet: Es gab spezifisch rheinische imperiale Interessen, die bisher in der Forschung wenig berücksichtigt wurden. Dies liegt an der vermeintlich offensichtlicheren Schwerpunktlegung in Hamburg und Berlin und entspricht möglicherweise nicht den historischen Gegebenheiten.

Anhaltspunkte sind rheinische Wirtschaftsinteressen im Verbund mit der rheinischen Mission und Schlüsselpersonen wie Max Esser (Köln), Eugen Zintgraff (Düsseldorf, Detmold), Friedrich Fabri (Barmen) und Hugo Zöller (Köln), die zu den frühesten Befürwortern von deutschen Kolonien gehören. Einer der ersten Vereine Deutschlands, der den Namen „Kolonisation“ im Titel trug („Westdeutscher Verein für Kolonisation und Export“) wurde 1881 in Düsseldorf gegründet. Im Dialog mit dem rheinischen Kolonialimpuls wird das Zusammenspiel lokaler und regionaler Akteure untersucht, gerade auch abseits der städtischen Zentren. Der Imperialismus vor Ort war kein ausschließlich urbanes Phänomen, sondern hatte auch in ländlichen Gebieten, die das Gebiet des heutigen Bundeslandes charakterisieren, entscheidenden Rückhalt.

In den letzten Jahren erlebt das Thema der regionalen Forschung zur Kolonial- und Globalgeschichte einen Boom – neben lokalen Gruppen, die sich seit 2020 auch auf NRW-Ebene vernetzen, ist das Thema auch auf der geschichtswissenschaftlichen Ebene angekommen. Auch in Nordrhein-Westfalen gab es erste Beschäftigungen mit der historischen Dimension des Themas. Bisher wurde das gesamte Bundesland jedoch noch nicht in den Blick genommen. In den letzten 15 Jahren entstanden einige stadtbezogene kolonialgeschichtliche Initiativen (z. B. in Köln, Düsseldorf, Bielefeld, Dortmund, Essen und Hagen). Es wurden allerdings erst wenige Versuche auf NRW-Ebene unternommen, koloniale Denkmuster in der Gesellschaft regional zu verorten, und zwar im Falle des Rheinlandes und Westfalens (einschließlich Lippe). Die Frage wäre nun, was auf der Ebene des heutigen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen geschehen ist, welche Besonderheiten es gibt und welche Unterregionen sich möglicherweise ergeben (z.B. Ruhrgebiet, Bergisches Land). Welche Formen imperialer Betätigung dominierten in welchen Bereichen (z.B. Missionen eher in ländlichen Gebieten)? Welchen Anteil an der Landesgeschichte Nordrhein-Westfalens hat der Imperialismus?

Die Konferenz bringt die vorhandene Expertise zusammen, bündelt und regt zu neuer Forschung an. Das Ziel ist die Herausgabe eines Sammelbandes auf Grundlage der Konferenzbeiträge.

Programm

Donnerstag, 24.6.2021
10.00 Uhr Grußworte
Isabelle Pfeiffer-Poensgen (Ministerin für Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen) (angefragt)
Gertrude Mansah Aba Eyifa-Dzidzienyo (University of Ghana)
10.30 Begrüßung durch die Veranstalter:innen (Marianne Bechhaus-Gerst, Fabian Fechner, Stefanie Michels)
10.50-11.00 Kaffeepause

11.00-11.30 Susanne Kuß: Regionaler Kolonialismus im Rheinland und in Westfalen im deutschen Kaiserreich

11.30-12.30 Sektion I: Wirtschaft
Nina Kleinöder: Eine rheinische Schwebebahn in Afrika. Rheinisch-westfälische Zulieferer im deutschen Kolonialbahnbau
Andreas Donay: Die Westdeutsche Handels- und Plantagengesellschaft in Düsseldorf und ihre kolonialwirtschaftlichen Aktivitäten in Afrika: Mentalitäten, Netzwerke, Expertise
12.30-14.00 Uhr Mittagspause

14.00-15.30 Sektion II: Sammlungen
Amir Theilhaber: Glokales Lippe. Verschränkungen einer völkerkundlichen Sammlung der Peripherie
Ute Christina Koch und Felicity Jensz: Koloniale Spuren und Strukturen in den musealen Einrichtungen Westfalen-Lippes
Maren Wegmann: Mission als Form imperialer Betätigung – das Missionsmuseum „Forum der Völker“ in Werl als Institution im ländlichen Raum Westfalens
15.30 bis 19.00 Pause

19.00 Uhr öffentlicher Abendvortrag:
Serge Palasie (Eine Welt Netz NRW): Die Eine-Welt-Arbeit in NRW im Wandel: Glaubwürdig bleiben durch mehr Partizipation

Freitag, 25.6.2021
9.00-10.30 Sektion III: Biografien
Barbara Schneider: Koloniale Karrieren und (post)koloniale Lebenswege in Nordrhein-Westfalen – ein kollektivbiografischer Versuch
Björn Karlsson: Heinrich Mostertz – der „Afrikaner“ aus Dülken
Eckhard Möller: Ein schwarzer Schüler am Gütersloher Gymnasium im 19. Jahrhundert
10.30-11.00 Uhr Kaffeepause

11.00-12.30 Sektion IV: Regionale Spektren
Yagmur Karakis: Wuppertals koloniale Verwicklungen – viele Spuren, flüchtiges Wahrnehmen
Marianne Bechhaus-Gerst: Koloniale Spuren in Rheydt (Niederrhein)
Bärbel Sunderbrink: An der Peripherie der kolonialen Verflechtungsnetzwerke: Der Kolonialgedanke in der Detmolder Stadtgesellschaft
12.30-14.30 Uhr Mittagspause

14.30-16.00 Sektion V: Auswanderung
Barbara Frey: Lippische Bürger in Übersee – Weltsichten und Vernetzungen
Isabelle Rispler: Migrationsnetzwerke, Unternehmen und Institutionen. Rheinländer in der Deutschen Kolonie von Buenos Aires, 1820-1930
Margrit Schulte Beerbühl: Zigarren für Europa: Ein Bielefelder Unternehmen auf Kuba (ca. 1840-1921)

Samstag, 26.6.2021
10.00-11.30 Sektion VI: Kolonialismus ohne Kolonien
Stefanie Michels: Die imperialen, anti-imperialen und post-imperialen Netzwerke der GeSoLei (Große Ausstellung für Gesundheit, soziale Fürsorge und Leibesübungen) in Düsseldorf 1926
Detlev Brum: Koloniale Nahzeiterwartung – Kolonialbewegung in Dortmund 1933 bis 1942
Fabian Fechner: Gebaut für welche Ewigkeit? Veränderte und verschwundene Kolonialdenkmäler in Nordrhein-Westfalen
11.30-12.30 Uhr Mittagspause

12.30-13.30 Sektion VII: Ausstellungen und Bildung
Thorsten Heese: Eine westfälische Stadt auf dem kolonial-imperialen Olymp: Osnabrück und die Kolonial-Ausstellung von 1913
Dennis Schmidt: Koloniale Bildwelten im Großformat. Schulwandbilder als Medien imperialer Phantasien

13.30-14.00 Uhr Abschlussdiskussion

Die Online-Tagung findet online über das Konferenztool ZOOM statt.

Um Anmeldung wird gebeten unter:
nrw.imp(at)fernuni-hagen.de

Nach erfolgter Anmeldung wird rechtzeitig vor der Tagung der Zugang zur Konferenzplattform zugesandt. Die Teilnahme ist kostenlos und steht allen Interessierten offen.

Kontakt

nrw.imp(at)fernuni-hagen.de
fabian.fechner(at)fernuni-hagen.de

https://www.fernuni-hagen.de/geschichte/lg3/forschung/tagungen/nrw-und-imperialismus.shtml