Sammelband: "'Das Schwarze Auge' im Spiegel der Wissenschaft"

Sammelband: "'Das Schwarze Auge' im Spiegel der Wissenschaft"

Veranstalter
Stefan Donecker (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien); Karin Fenböck (Paris-Lodron-Universität Salzburg); Alexander Gebel (Universität Duisburg-Essen); Lukas Daniel Klausner (Technische Universität Wien)
Veranstaltungsort
Ort
Wien / Duisburg / Salzburg
Land
Austria
Vom - Bis
15.03.2013 -
Deadline
15.03.2013
Website
Von
Stefan Donecker

In den anglo-amerikanischen Cultural Studies zeichnet sich in den letzten Jahren ein deutlicher Trend ab, die Hintergründe von Fantasy- und Science-Fiction-Settings zum Inhalt wissenschaftlicher Betrachtung zu machen. Sammelbände wie "Game of Thrones and Philosophy", "Battlestar Galactica and Philosophy" oder "Harry Potter and History" beweisen, dass derartige Themen mittlerweile akademisch salonfähig geworden sind. Wir vertreten die Ansicht, dass diese kulturwissenschaftliche Impulse zu einem tieferen Verständnis der deutschsprachigen Fantasy, ihrer historischen Vorbilder und philosophischen Hintergründe beitragen könnten. 2014 soll deshalb ein Sammelband erscheinen, der "Das Schwarze Auge", den wichtigsten Vertreter des Fantasy-Genres in der zeitgenössischen deutschsprachigen Populärkultur, in den Mittelpunkt geisteswissenschaftlicher Analyse rückt.

Das Schwarze Auge (DSA) ist der Titel eines 1984 erstmals veröffentlichten Pen&Paper-Rollenspiels bzw. Tischrollenspiels. In diesem seit den 1970er Jahren weit verbreiteten Hobby verkörpern die Spielerinnen und Spieler die Rollen fiktiver Charaktere. Moderiert von einem Spielleiter bzw. einer Spielleiterin führen die Spieler/innen ihre alter egos durch eine imaginäre Welt – oft, aber nicht ausschließlich, in Fantasy- und Science-Fiction-Settings – und bestimmen durch ihre Entscheidungen den Handlungsverlauf. Auf Requisiten, Spielfiguren u. Ä. wird weitgehend verzichtet; die Handlung ergibt sich aus den Gesprächen der Spieler/innen und entfaltet sich in deren Phantasie. Tischrollenspiele vereinen, vereinfacht gesagt, Aspekte von Gesellschaftsspielen und Improvisationstheater mit erzählerischen Elementen. In einem "gemeinsamen Vorstellungsraum" können persönliche Phantasien und Ideale, aber auch gesellschaftliche Wertvorstellungen und kollektive Imaginationen der Spieler/innen, im Rahmen des vom Spielleiter bzw. der Spielleiterin gelenkten Narrativs, erlebt und mitgestaltet werden.

Bis heute ist DSA das kommerziell erfolgreichste und stilprägendste Tischrollenspiel im deutschen Sprachraum. Als begleitende Produkte, die in derselben Spielwelt angesiedelt sind, wurden rund 150 Romane und zahlreiche Brett-, Karten- und Computerspiele veröffentlicht. DSA ist für seine äußerst lebendige Fan-Szene bekannt; sein Einfluss auf das Fantasy-Genre im deutschen Sprachraum ist unbestritten.

Im Vergleich zu anderen Tischrollenspielen zeichnet sich DSA vor allem durch seine äußerst detaillierte Spielwelt, den fiktiven Kontinent Aventurien und die benachbarten Kontinente, aus. Die einzelnen Länder und Reiche Aventuriens lehnen sich an historische Vorbilder zwischen Frühmittelalter und Renaissance an, die durch fantastische Elemente (Zauberei, nichtmenschliche Völker wie Elfen, Orks etc.) angereichert werden. Die detaillierte Ausgestaltung Aventuriens, seiner Geschichte, Kultur, Politik und Religion, sowie die in sich schlüssige Entwicklung einer fiktiven Welt werden von DSA-Spielerinnen und -Spielern häufig als große Stärken ihres Hobbys genannt.

Programm

Der geplante Sammelband, unter dem Arbeitstitel "Das Schwarze Auge im Spiegel der Wissenschaft", soll die Motive, Ideen und geistesgeschichtlichen Traditionen untersuchen, die der genreprägenden Spielwelt Aventurien zugrunde liegen. Für dieses Projekt suchen wir nach wissenschaftlichen Beiträgen, die sich mit der Verankerung des "Schwarzen Auges" in der europäischen Kulturgeschichte beschäftigen.

Mögliche Themen wären etwa:
Borbarad, der zentrale Antagonist des "Schwarzen Auges", zwischen Faust, Nietzsche und Robespierre – Schwarzkünstler, Machtphilosoph oder Revolutionär?

Aventurische Religion als Synthese zwischen antikem Polytheismus und christlicher Kirchenstruktur.

Politische Strukturen Aventuriens in den Augen frühneuzeitlicher Staatstheorie – Wie hätte Samuel von Pufendorf z. B. das "Raul’sche Reich" beurteilt?

Aventurische Kriegsführung und ihre historischen Parallelen.

Sprachen und Schriften Aventuriens und deren irdische Inspiration – eine kritische Betrachtung.

Die Sieben Sphären, die dem "Schwarzen Auge" zugrundeliegende Kosmologie, verglichen mit historischen kosmologischen Modellen.

Die Beispiele sind nur als Anregungen zu verstehen, um zu verdeutlichen, worum es uns geht: eine Beschäftigung mit Inspirationsquellen und historischen Vorbildern. Wir freuen uns auf Ideen, an die wir selbst niemals gedacht hätten. Beiträge aus allen geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen (Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte, Politikwissenschaft, Theologie, Sozialwissenschaften, Sprachwissenschaft) sind uns willkommen!

Wenn Sie daran interessiert sind, einen Aufsatz beizusteuern, senden Sie bitte bis 15. März 2013

ein ca. halbseitiges Abstract

einen tabellarischen Lebenslauf sowie eine Liste Ihrer bisherigen Publikationen (wenn vorhanden)

eine Textprobe (einen wissenschaftlichen Aufsatz, gegebenenfalls auch eine universitäre Seminararbeit o. Ä.)

an DSA_und_Geschichte@gmx.de.

Bis zum 15. Mai 2013 wählen wir aus den Einsendungen diejenigen Vorschläge aus, die in den Band aufgenommen werden können. Der Abgabetermin für die fertigen Beiträge in einer Größenordnung von 35.000 – 45.000 Zeichen (inklusive Fußnoten und Literaturverzeichnis) ist der 15. Dezember 2013.

Bei dem Projekt handelt es sich um eine unabhängige wissenschaftliche Initiative, die in keinem institutionellen Zusammenhang mit dem Verlag Ulisses Spiele, dem Herausgeber und Lizenzinhaber des "Schwarzen Auges" steht. Ulisses Spiele befürwortet das Projekt und beteiligt sich durch informelle Unterstützung und Beratung, ist aber weder organisatorisch noch finanziell involviert.

Wir hoffen, Ihr Interesse geweckt zu haben und freuen uns auf Ihre Vorschläge! Bei offenen Fragen können Sie sich selbstverständlich jederzeit an uns wenden!

Kontakt

Stefan Donecker

Österreichische Akademie der Wissenschaften

DSA_und_Geschichte@gmx.de


Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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