Belgier in Deutschland (1945-2004)

Belgier in Deutschland (1945-2004)

Veranstalter
Stefan Wunsch (Akademie Vogelsang IP), Claudia Hiepel (Universität Duisburg-Essen), Christian Henrich-Franke (Universität Siegen), Guido Thiemeyer (Universität Düsseldorf), Christoph Brüll (Université du Luxembourg)
Veranstaltungsort
Akademie Vogelsang IP, NS-Dokumentation Vogelsang (Schleiden)
Ort
Schleiden
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.04.2018 - 13.04.2018
Deadline
09.04.2018
Website
Von
Christian Henrich-Franke

Mit der Kapitulation des Deutschen Reichs am 8. Mai 1945 ging die administrative und politische Gewalt in Deutschland in alliierte Hände über. Das Deutsche Reich hörte als souveräner Staat auf zu existieren und wurde zunächst in vier Besatzungszonen unterteilt, in denen die vier Siegermächte Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA die Verwaltung übernahmen und Besatzungstruppen stationierten. Sie wurden unterstützt durch Besatzungstruppen weiterer Staaten, die nicht zum engeren Kreis der Siegermächte zählten, aber im Rahmen des Besatzungsstatuts Garnisonen auf deutschem Territorium stationierten. Unter ihnen waren auch belgische Truppen, die unter britischer Oberverwaltung nach Kriegsende allmählich in Standorte in der südlichen britischen Besatzungszone einrückten. Erst nach der deutschen Wiedervereinigung setzte der schrittweise Rückzug ein, der im Jahr 2005 abgeschlossen war, als die letzten belgischen Truppen nach fast 60 Jahren das Territorium der Bundesrepublik verließen.

Die Bedingungen und Grundlagen der belgischen Militärpräsenz wandelten sich in diesen 60 Jahren enorm. Rückten die Truppen zunächst als Besatzer ein, so wandelte sich ihr Auftrag schnell in den eines Beschützers vor den Truppen des Warschauer Pakts im Rahmen eines umfassenden NATO-Verteidigungskonzepts. Aus Besatzern wurden aber nicht nur Beschützer, sondern im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses allmählich auch Freunde und Partner. Die Bedingungen der Anwesenheit belgischer Truppen auf deutschem Territorium spiegelten damit die politische Großwetterlage in Europa und der Welt über die gesamten 60 Jahre wieder, so dass sich die Politik-, Gesellschafts- und Kulturgeschichte Europas in ihnen wie in einem Brennglas bündelt.

‚Vor Ort’ in den Garnisonsstädten auf deutschem Boden stellten sich den belgischen Truppen derweil ganz praktische Probleme bei der Organisation des Neben- und Miteinanders. Die belgischen Soldaten und ihre anwesenden Familienangehörigen fanden sich in neuen gesellschaftlichen Zusammenhängen wieder, die in den Kontaktzonen jenseits der deutsch-belgischen Grenze jeweils neu ausgelotet werden mussten. Gemeinsame (Kultur-)Feste, bi-nationale Hochzeiten, gemeinsame Sportveranstaltungen oder Sportstättennutzungen sind nur wenige Aspekte, die in jeder Garnisonsstadt den Alltag prägten, wenngleich vor unterschiedlichen lokalen Hintergründen, was die Größe der Städte, die Lage belgischer Kasernen, die wirtschaftliche Bedeutung der Belgier oder auch nur ihre Sprache (flämisch oder wallonisch) betraf. Als besonders bedeutsam erwies sich die Übernahme der frei gewordenen repräsentativen Gebäude des Nationalsozialismus durch die belgischen Soldaten, die eine recht pragmatische Umgangsweise mit politischer und architektonischer Symbolik entwickelten.

Der explorative Workshop ‚Belgier in Deutschland’ möchte sich genau diesen Kontakten und Kontaktzonen widmen. Er soll die Möglichkeit eines ersten Erfahrungsaustauschs bieten, um so langfristig ein Forschungsnetz zum Thema zu etablieren. Fragen, die in den erbetenen Vorträgen adressiert werden sollen, sehen in etwa wie folgt aus: Wie sah das Neben- und Miteinander in den Garnisonsstädten aus? Wie wurde es vor Ort organisiert? Welche Konflikte tauchten im Alltag auf? Wie veränderte sich das Verhältnis im Laufe der Zeit? Wie nachhaltig waren Kontakte über die eigentliche Besatzungszeit hinaus? Gab es Unterschiede zwischen den Standorten? Ebenso gilt es zu fragen, wie sich die Präsenz belgischer Truppen in Deutschland auf Belgien selber auswirkte? Ganz allgemein geht es also auch um die Frage, welche Rolle die belgischen Soldaten auf deutschem Territorium für die Prozesse der Europäischen Integration und der Europäisierung spielten?

Da die Raumkapazitäten begrenzt sind, werden Interessenten gebeten, sich bis zum 9. April 2018 per Mail anzumelden:
franke@geschichte.uni-siegen.de

Programm

Donnerstag, 12.4.2018

11:00 Uhr Begrüßung
Stefan Wunsch (Akademie Vogelsang IP)

11:15 Uhr Einführung
Guido Thiemeyer (Universität Düsseldorf)

11:30 Uhr Sektion I: Von der Belgischen Besatzungsarmee zu den Belgischen Streitkräften in Deutschland

De l’occupation militaire aux adieux fraternels : évolution des relations belgo-allemandes, 1945-2004.
Jan Van der Fraenen, Denis Hardy, Manuel Duran (War Heritage Institute, Brüssel)

Belgien in Deutschland oder Belgier in Deutschland? Die Zeit der Präsenzpolitik (1945-1955)
Christoph Brüll (C²DH, Universität Luxemburg)

12:30-13:00 Uhr – Diskussion

14:00 Uhr Sektion II: II Lokale Präsenz

Lüdenscheid
Marc Laplasse (Föderaler Öffentlicher Dienst für Auswärtige Angelegenheiten, Brüssel)

Soest
Claudia Hiepel (Universität Duisburg-Essen)

Troisdorf
Jonas Krüning (Universität Düsseldorf)

15:30-15:45: Kaffeepause

15:45 Uhr

Siegen
Christian Henrich-Franke (Universität Siegen)

Vogelsang
Francis Balace (Université de Liège)

16:45-17:30 Uhr – Diskussion

Freitag, 13.4.2018

8:45 Uhr: Empfang der Teilnehmer

9:00 Uhr Sektion III: Spuren

Les blindés des FBA: une pomme de discorde entre civils allemands et militaires belges
Pierre Muller (Université catholique de Louvain)

Populärkultur Transnational, Belgisch-Deutsche Kontaktzonen (1955-1990)
Vitus Sproten (C²DH, Universität Luxemburg/ Zentrum für Ostbelgische Geschichte, Eupen)

Die Kaserne Moorslede – Spuren Belgischer Truppen in Köln und im Bergischen Land
Alexander Kierdorf

10:30-10:45 Uhr: Kaffeepause

10:45 Uhr
Das BSD-Museum in Soest
Burkhard Schnettler

11:15-11:45 Uhr – Diskussion

11:45-12:15 Uhr
Schlusskommentar
Guido Thiemeyer (Universität Düsseldorf)

Kontakt

franke@geschichte.uni-siegen.de


Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Französisch, Deutsch
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