Hausgeschichten - Dt. Spuren in d. Donauländern

Hausgeschichten - Dt. Spuren in d. Donauländern

Veranstalter
Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm (16489)
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16489
Ort
Ulm
Land
Deutschland
Vom - Bis
05.07.2002 - 29.09.2002

Publikation(en)

Donauschwäbisches Zentralmuseum (Hrsg.): Hausgeschichten. Deutsche Spuren in den Donjauländern. Heidelberg 2002 : Wachter Verlag
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Sabine Presuhn

Häuser erzählen Geschichten, die von der Gegenwart und der Vergangenheit handeln. Am Beispiel von 12 Häusern und ihren Bewohnern werden in der Ausstellung 'Hausgeschichten' Einblicke in heutige Lebensverhältnisse entlang der Donau gewährt und Brücken zu vergangenen Zeiten geschlagen.

Die Ausstellung, die am 5. Juli 2002 im Donauschwäbischen Zentralmuseum (DZM) in Ulm nach knapp zweijähriger Konzeptions- und Realisierungsphase eröffnet wurde, ist ein internationales Gemeinschaftsprojekt, das vom DZM gemeinsam mit neun Museen in Ungarn, Jugoslawien und Rumänien erarbeitet wurde. Die Europäische Union hat dieses Projekt im Rahmen des Programms „Kultur 2000“ gefördert. Die Konzeption und Leitung lag in den Händen des DZM, dem es gelang, eine Dokumentation von 12 sehr unterschiedlichen Häusern unter einem Spannungsbogen zu vereinen. Die Ausstellung wird in den nächsten drei Jahren auf Wanderschaft durch die beteiligten Länder gehen. Sie ist durchgängig zweisprachig angelegt (jeweils Deutsch und die Landessprache), in Ulm Deutsch-Ungarisch. Nächste Station ist das Ungarische Ethnographische Museum in Budapest (25.10.02 -23.2.03).

Die Grundidee bestand darin, Häuser vorzustellen, die auf eine nicht zwingend vordergründige Weise mit Deutschen zu tun haben, die im 18. und 19. Jahrhundert als Kolonisten nach Südosteuropa auswanderten; die Häuser sollten bis heute bewohnt und für die Gegend, in der sie stehen, in bestimmter Weise typisch sein. Entstanden ist eine Ausstellung, die neben der fotografisch dokumentierten Gegenwart die 300-jährige Geschichte der Migration nach Südosteuropa beleuchtet, ausgehend von dem Heimatort einer Auswanderin über die neue Heimat der Kolonisten im historischen Ungarn und wieder zurück in den südwestdeutschen Raum als Folge der Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs und im Rahmen der Spätaussiedlung nach 1989.

Die 12 Häuser werden auf einer Ausstellungsfläche von rund 300 Quadratmetern in 12 Abteilungen vorgestellt. Die Ausstellungsarchitektur, für die die freie Architektin Isolde Oesterlein, Stuttgart, verantwortlich zeichnet, orientiert sich an der Einheit „Haus“ und baut sie abstrakt nach. Ein angedeuteter Giebel trägt die Adresse des Hauses in der Sprache des Landes, in dem es steht. Hier befindet sich auch der jeweilige „Eingang“ zum Haus, an dem eine Karte des Donaulaufs mit dem jeweiligen Hausstandort sowie ein kurzer Einführungstext dem Besucher Orientierung bietet. Die Außenseiten der Hauseinheiten sind den Bildern des renommierten Kunstfotografen Martin Rosswog aus Lindlar vorbehalten, der im Auftrag des Donauschwäbischen Zentralmuseums im September und Oktober 2001 alle 12 Häuser und ihre Bewohner portraitierte. Auf dieser Reise entstanden die einfühlsamen Fotografien, die Einblicke in Privatsphären bieten und die in ihrem Detailreichtum dokumentarische Zeugnisse darstellen. Hier gibt es erste visuelle Antworten auf die Frage, wie die Menschen entlang der Donau wohnen, wie sie ihre Behausung zu ihrem Heim gestalten. In Vitrinen, die in diese „Fassaden“ eingebaut sind, werden dem Besucher Originalobjekte aus den Häusern präsentiert, die neugierig machen. Fenstern gleich gewähren die Vitrinen einen Blick von außen in die Häuser. Das Hausinnere ist der volkskundlich-erzählerischen Seite der Ausstellung gewidmet, korrespondiert jedoch in den Details mit den Fotografien von Rosswog. So sind die Innenwände jedes Hauses beispielsweise in einer dezenten Grundfarbe gestaltet, die aus Martin Rosswogs Fotografien abgeleitet ist.

Im intimen Innenraum werden Hausgeschichten erzählt, hier treten die heutigen und einstigen Bewohner in Erscheinung. In jeder Hauseinheit hängt ein Portrait der gegenwärtigen Bewohner, das Martin Rosswog auf seiner Reise fotografiert hat. Historische Aufnahmen und Dokumente weisen in die Vergangenheit, authentische Objekte aus den Häusern zeigen die gegenwärtige Wohnsituation wie auch die Erinnerungskultur der Bewohner selbst. Es sind zum Teil ganz alltägliche, einfache Gegenstände, die jedoch alle eng mit dem Leben der Bewohner zusammenhängen. Eine Besonderheit der Ausstellung ist die Tatsache, dass fast alle Exponate private Leihgaben aus den gezeigten Häusern sind, von denen sich ihre Eigentümer für die Dauer der Ausstellung getrennt haben, die aber hinterher wieder ihren angestammten Platz im täglichen Leben finden werden. Dass sich Erinnerungen nicht auf die Häuser beschränken, in dem sich jetzt das Leben abspielt, wird an vielen Beispielen deutlich: auf Fotos an der Wand bleibt die Erinnerung an das Dorf, aus dem die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurde, wach; Fotos, die in Flüchtlingslagern entstanden, vermitteln dem Betrachter den innigen Wunsch nach einem eigenen Heim. Ein stabiler Holzkoffer, der von einem Familienvater Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, um mit seinen beiden Söhnen nach Amerika auszuwandern. Mit dem dort verdienten Geld konnte das einfache Häuschen der Familie in der Heimat um mehrere Räume vergrößert werden. Oder ein Brillenetui, auf dessen Futteral die Giebelinschrift des Elternhauses zu lesen ist, notiert als sie bei einer Renovierung zu Tage trat zu einem Zeitpunkt, als das Haus bereits in den Besitz fremder Menschen übergegangen war. Von diesen Exponaten, aber auch von historischen Bildquellen und Dokumenten ausgehend, werden Geschichten erzählt, die von der Beziehung zwischen Menschen und ihren Wohnhäusern handeln. Eingerahmt werden die 12 Hausgeschichten von großformatigen Panorama- Aufnahmen, die Martin Rosswog ebenfalls auf seiner Reise im Herbst 2001 machte. Sie zeigen die Landschaften, in die die Häuser eingebettet sind: Der Bogen spannt sich von der Hügellandschaft der ursprünglichen Heimat der Aussiedler aus Oberschwaben über die südungarischen Hügel um Cikó, die flachen Weiten des Banats auf dem Weg nach Semlac zum Banater Bergland bei Dognecea (Rumänien). Doch so eindrucksvoll diese Panoramen auch sind, sie treten deutlich hinter die Hausgeschichten zurück. Sie bieten die Kulisse, in der die Hausgeschichten spielen.

Zu kritisieren ist die subjektive Auswahl der zwölf Objekte, die eine ernsthafte Vergleichbarkeit zwischen Wohn- und Lebensformen entlang der Donau erst gar nicht zulässt. Die Eigentumswohnung einer Spätaussiedlerfamilie bei Stuttgart, ein bäuerliches Haus im Banat oder das städtische Menrath-Palais in Novi Sad sind einfach zu verschieden, als dass man sie miteinander vergleichen könnte. Andererseits zwingt diese Unterschiedlichkeit den Besucher, sich auf jedes einzelne Objekt einzulassen.

Da die Ausstellung nacheinander in allen beteiligen Museen zu sehen sein soll, wurde sie in einer Art Modulsystem realisiert, so dass sie auch in reduzierter Form gezeigt werden kann. Zwar mag das offene Konzept eine solche Verkleinerung zulassen, die Idee ist jedoch nicht strikt durchgehalten: Die mehrfach verwendete Kartengrafik des Donaulaufs zeigt alle zwölf Hausstandorte.

Zur Ausstellung ist ein 240-seitiger Begleitband mit 150 Farbabbildungen erschienen: Donauschwäbisches Zentralmuseum (Hg.): Hausgeschichten. Deutsche Spuren in den Donjauländern. Heidelberg 2002. Der Band ist in der Ausstellung für 20,- € erhältlich, die Buchhandelsausgabe erscheint demnächst: Edition Braus im Wachter Verlag (ISBN 3-89904-039-2).

Info: Die Ausstellung Hausgeschichten – Deutsche Spuren in den Donauländern ist bis 29. September 2002 dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr im Donauschwäbischen Zentralmuseum, Schillerstr. 1, 89077 Ulm zu sehen.

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