Sportschau. Antike Athleten in Aktion

Veranstalter
Akademisches Kunstmuseum Bonn
Ort
Bonn
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.06.2004 - 31.10.2004

Publikation(en)

Bartels, Jens; Bohne, Anke; Pohl, Annette; Rieger, Barbara (Hrsg.): Sportschau. Antike Athleten in Aktion. Ausstellungskatalog Akademisches Kunstmuseum Bonn. Bonn 2004 : Rudolf Habelt Verlag, ISBN 3-7749-3278-6 250 S., 156 Abb. € 19,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Dirk Piekarski, Seminar für Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, Philipps-Universität Marburg

Der hier zu besprechende Katalog bildet das Begleitwerk zu einer aktuellen archäologischen Ausstellung (Dauer: 17. Juni – 31. Oktober 2004) im Akademischen Kunstmuseum Bonn, die anlässlich der diesjährigen Olympischen Spiele in Athen konzipiert wurde. Die Ausstellung mit dem Titel „Sportschau. Antike Athleten in Aktion“ thematisiert dabei nicht allein die Olympischen Spiele, sondern ist ganz allgemein der Lebenswelt des antiken griechischen Sports gewidmet. Es werden ca. 70 Objekte, vorwiegend aus den museumseigenen Beständen, präsentiert, die z. T. speziell zu diesem Zweck besorgt bzw. angefertigt oder noch nie öffentlich gezeigt wurden. Bei den Exponaten handelt es sich sowohl um antike Originalwerke als auch um neuzeitliche Gipsabgüsse und moderne Nachbildungen aus den unterschiedlichsten Kunstgattungen und Denkmälergruppen.

Für die Ausstellungskonzeption und die Projektleitung zeichnet eine vierköpfige Gruppe von Wissenschaftler(inne)n verantwortlich, die zugleich den Katalog herausgegeben, redaktionell betreut und einen Teil der Texte verfasst haben. Mit J. Bartels, A. Bohne, A. Pohl und B. Rieger handelt es sich namentlich um einen Althistoriker, zwei Klassische Archäologinnen und eine Sportwissenschaftlerin, die in Bonn und Köln studiert haben und dem Akademischen Kunstmuseum schon länger eng verbunden sind. Die für die Verwirklichung eines solchen Projektes notwendigen, zahlreichen Helferinnen und Helfer kommen überwiegend aus der Mitarbeiter- und Studentenschaft des Akademischen Kunstmuseums und des Archäologischen Instituts Bonn; zusätzlich konnten einige auswärtige Fachleute gewonnen werden. Es ist ganz offensichtlich kein Zufall, dass das Konzept und die Aufmachung der „Sportschau“ in zahlreichen Punkten mit der Bonner Ausstellung „Gips nicht mehr“ (2000/01) und ihrem gleichnamigen Katalog übereinstimmen, zeichneten doch seinerzeit mehrere der jetzigen Ausstellungsmacher, darunter die beiden Herausgeberinnen A. Bohne und A. Pohl, auch für dieses Projekt in weiten Teilen verantwortlich. Falls hierin die Absicht zu verstehen ist, ein einheitliches, auch für zukünftige Bonner Ausstellungen verbindliches Konzept zu schaffen, so dürfte dies gerade von der langjährig treuen und stets aufs Neue begeisterten Besucherschaft begrüßt werden.

Innerhalb der Ausstellung kann sich der Besucher über jedes Objekt durch kurze Texte informieren; zusätzlich finden sich benutzerfreundlich verteilte Wandtafeln mit übergreifenden Erläuterungen, Modelle, Pläne und Rekonstruktionszeichnungen. Nur zwei Exponate seien an dieser Stelle besonders hervorgehoben: Mit dem anlässlich der Olympischen Spiele von Rom (1960) für eine Essener Ausstellung von E. Mallwitz geschaffenen und von H. Wiegartz ergänzten Modell des Zeus-Heiligtums von Olympia ist erstmals in Bonn eine bedeutsame Leihgabe der Antikensammlungen der Universität Münster zu sehen (S. 176 – 182 Kat. 42 Abb. 116. 118). Das ebenso schöne Modell des Gymnasions von Delphi wurde von dem Bonner Restaurator A. Bethke speziell für die Bonner Ausstellung angefertigt (S. 138 – 141 Kat. 34 Abb. 96).

Der begleitende Katalog zur „Sportschau“ ist rund 250 Seiten stark und enthält 55 Einzelnummern mit 156 Abbildungen. Der broschierte Band fällt bereits rein äußerlich durch sein wohltuend beruhigtes Erscheinungsbild auf: Das Frontispiz, das identisch ist mit der Vorlage für die Ausstellungsplakate, zeichnet sich durch ein übersichtliches Design und eine sparsame Farbgebung aus. Dies ist um so lobenswerter, als etliche andere Ausstellungsmacher in der Präsentation ihrer Exponate und in der Kataloggestaltung nicht selten zu einer optischen „Reizüberflutung“ neigen, die dem Vermittlungsgedanken diametral gegenübersteht und oftmals eher zur Verwirrung denn zur Information der Besucher- und Leserschaft beiträgt. Als Umschlag- und Leitmotiv für den Bonner Katalog wurde die Photographie einer kleinformatigen Ringergruppe aus Bronze gewählt, die zugleich einen der ästhetischen Höhepunkte der Ausstellung markiert (S. 96 – 98 Kat. 24 Abb. 72 – 73).

Das auf informative Klarheit hin angelegte Konzept äußert sich auch in der inhaltlichen Struktur des Kataloges, die streng am Aufbau der Ausstellung orientiert ist. Ausstellung und Katalog sind in sieben Sektionen gliedert, denen die einzelnen Objekte thematisch zugeordnet sind: Mit den Bereichen „Sport und Gesellschaft“ (S. 7 – 17 Abb. 1 – 2), „Im Umkleideraum“ (S. 18 – 62 Kat. 1 – 12 Abb. 3 – 41), „Disziplinen“ (S. 63 – 124 Kat. 13 – 33 Abb. 42 – 90), „Sportstätten“ (S. 125 – 149 Kat. 34 – 37 Abb. 91 – 100), „Die Wettkämpfe“ (S. 151 – 185 Kat. 38 – 43 Abb. 101 – 120), „Siegespreise und Ehrungen“ (S. 187 – 226 Kat. 44 – 55 Abb. 121 – 151) und „Lug und Trug“ (S. 227 – 237 Abb. 152 – 156) ist es den Leser(inne)n möglich, sich in ebenso kenntnisreicher wie vergnüglicher Weise in die vielfältige Lebenswelt des antiken Sports versetzen zu lassen.

Die Klassifizierung und die Bezeichnungen der einzelnen Sektionen muten grundsätzlich sehr plausibel an, doch hätte es sich möglicherweise empfohlen, im Sinne einer noch stringenteren Verknüpfung den Bereich „Sportstätten“ zwischen „Sport und Gesellschaft“ und „Im Umkleideraum“ zu platzieren. In der vorliegenden Einteilung markieren die „Sportstätten“ eine Zäsur zwischen den inhaltlich so eng miteinander verwandten „Disziplinen“ und „Die Wettkämpfe“, die im übrigen zu einer Sektion hätten zusammengefasst werden können. Auf diese Weise wäre dem sonst so konsequent praktizierten Prinzip der fortschreitenden Betrachtung vom Allgemeinen zum Besonderen unter Berücksichtigung thematischer Äquivalenzen vielleicht besser Genüge getan worden.

Etwas irritierend ist auch, dass die Bezeichnungen für die sieben Sektionen im Inhaltsverzeichnis in erweiterter und damit veränderter Form auftauchen und in den vorgenannten Formulierungen ausschließlich auf die Kopfzeilen der Kapitel beschränkt sind. Damit ergibt sich zwangsläufig eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Inhaltsverzeichnis und der Erörterung der Klassifizierung auf S. 6. Für eine Abgrenzung und damit zusätzliche Klarheit hätte auch eine schlichte Nummerierung der Kapitel gesorgt. Dass die Korrespondenz zwischen Katalog und Ausstellung trotzdem gewährleistet bleibt, wird nicht zuletzt durch den Einsatz von recht pfiffigen Piktogrammen erreicht, die einerseits die einzelnen Sektionen voneinander trennen, andererseits die Zugehörigkeit eines jeden Objektes zu den verschiedenen Themenbereichen deutlich erkennbar werden lassen.

Wie dem Leser schnell auffallen wird, wären einige Objekte auch in anderen Sektionen gut aufgehoben gewesen. Dies hängt jedoch mit ihrer Funktion zusammen und kann keinesfalls den Verfassern angelastet werden. So wären die beiden Panathenäischen Preisamphoren, die die Sektion „Lug und Trug“ illustrieren (S. 236f. Abb. 155f.), wegen ihrer Darstellung von Faustkämpfern und Schiedsrichtern auch für die Abteilungen „Disziplinen“ und „Die Wettkämpfe“ bestens geeignet gewesen.

Jeder Sektion ist ein einführender Text vorangestellt, der die z. T. sehr komplexen sozial- und sportgeschichtlichen Hintergründe in konziser und auch für den Laien gut verständlicher Weise aufbereitet. Zwei Ausnahmen von diesem Prinzip bilden „Sport und Gesellschaft“ und „Lug und Trug“, da ihnen keine eigenen Katalogobjekte zugeordnet sind; entsprechend nehmen diese beide Texte nicht die Funktion einer Einleitung ein, sondern stehen gleichsam für sich selbst. Die Erläuterungen zu den einzelnen Katalog-Nummern sind auf das Wesentliche konzentriert.
Es ist sehr zu begrüßen, dass der Katalog durchweg der Vermittlung einer funktionsbezogenen Betrachtung der Objekte den Vorzug gibt und auf allzu fachspezifische Ausführungen kunsthistorischer Art verzichtet. Der Primat gilt einem publikumsorientierten, allgemeinverständlichen Duktus, ohne darüber die problembewusste Behandlung der Materie zu vernachlässigen. Insgesamt wird glücklicherweise darauf verzichtet, die Informationen aus einer bemüht kontrastierenden Darstellungsweise von Antike und Gegenwart zu gewinnen. Dieses bei vergleichbaren Projekten allzu häufig praktizierte Vorgehen scheint manches mal nur darauf abzuzielen, die auf den modernen Betrachter u. U. befremdend anmutenden Verhältnisse in der Antike in populistischer Manier der Lächerlichkeit preiszugeben. Entsprechende Tendenzen waren nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen von Athen in den hiesigen Medien leider nur zu oft zu beobachten.

Fachleute und interessierte Laien können sich weitere Informationen problemlos über die in den Anmerkungen verzeichnete Literatur erschließen. Die Literaturangaben sind sinnvoller Weise knapp gehalten, wurden aber solchermaßen konzipiert, dass bei Bedarf durch die Verweise leicht eine umfassende Bibliographie erstellt werden kann. Die abgekürzt zitierte Literatur kann über das Abkürzungsverzeichnis (S. 239 – 243) schnell und bequem aufgeschlüsselt werden. Abgerundet wird der Katalog von einem Abbildungsnachweis (S. 244 – 248) für die meistenteils sehr qualitätvollen Photographien, womit das Opus auch in diesem Punkt allen Ansprüchen genügt.

Laut Katalogvorwort (S. 5) soll die Ausstellung „[...] dem Besucher ein lebendiges Bild des antiken Sports vermitteln“. Nach dem Besuch der Ausstellung und der Lektüre des Katalogs darf der Rezensent versichern, dass dies den Betreibern in glänzender Weise gelungen ist. Mit der „Sportschau“ erfährt der Rezipient viel Wissenswertes über die Funktion und die Organisation der griechischen Heiligtümer und ihrer Wettkampfstätten, und er begleitet die antiken Athleten in lebensnaher Anschauung von ihren Vorbereitungen auf die Spiele bis zu den Ehrungen der Sieger. Wie vor allem das abschließende Kapitel „Lug und Trug“ auf augenzwinkernde Weise lehrt, sind die Dopingfälle der Gegenwart keineswegs eine moderne Entgleisung, womit das in der Neuzeit idealisierte Bild vom antiken Sport korrigiert wird. Geadelt wird das gesamte Projekt durch die Schirmherrschaft des griechischen Außenministeriums und des Generalkonsulats von Griechenland in Köln. Es ist den Verantwortlichen zu wünschen, dass noch zahlreiche Besucher(inne)n den überaus lohnenswerten Weg in die „Sportschau“ finden und sich mit Muße in den liebevoll gestalteten und außerdem preisgünstigen Katalog vertiefen werden, der im übrigen auch über das Ende der Ausstellung hinaus seinen Wert behalten wird.

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