Die neue Ausgabe von "Nach Feierabend. Zürcher Jahrbuch für Wissensgeschichte" ist soeben erschienen. Sie ist dem amerikanischen Philosophen Stanley Cavell gewidmet.
Als Philosoph verschliesst sich Cavell keineswegs kanonischen Autoren wie Aristoteles, Locke, Kant oder Nietzsche, er hat über viele wichtige Philosophien geschrieben. Zugleich beschäftigt er sich jedoch auch auf eine für die Philosophie ungewöhnliche Weise mit Themen der Alltagswelt, dem Hollywood-Film, mit moderner Literatur oder der Oper. Diese Beschäftigung ist Ausdruck seiner Forderung, auf die Umgangssprache zu achten, um jene terminologische Verschattung der Philosophie zu verhindern, die sie zu einer Pseudowissenschaft macht und ihr den Sinn für das Alltägliche raubt.
Ein solches Anliegen verbindet Cavell mit der antiken Vorstellung, Philosophie habe Selbsterkenntnis zu sein. Das Streben nach Selbsterkenntnis bedeutet für ihn die Suche nach und im Idealfall das Auffinden einer eigenen Stimme. Diese Suche aber kann überall stattfinden: bei dem im Hollywoodfilm streitenden und sich wiederverheiratenden Ehepaar – oder eben im philosophischen Text.
Inhaltsverzeichnis
EditorialStanley Cavell und die Geschichte moralischen Wissens
Wolfram EilenbergerDie Befreiung des Alltäglichen. Gemeinsame Motive in den Sprachphilosophien von Stanley Cavell und Michail Bachtin
Maria-Sibylla LotterNietzsche in Amerika. Über menschlichen und unmenschlichen Perfektionismus nach Stanley Cavell
Stanley CavellNietzsche
Elisabeth BronfenStanley Cavells cultural conversations – Ein Denken zwischen Philosophie, Film und Literatur
Michael HampePsychoanalyse als antike Philosophie: Stanley Cavells Freud
Essays
Katia SaporitiGeschichte der Philosophie und analytische Philosophie
Jakob TannerDas Rauschen der Gefühle. Vom Darwinschen Universalismus zur Davidsonschen Triangulation
Sander L. GilmanInfectobesity: Die Konstruktion von Infektionskrankheiten von der Vogelgrippe bis zur Fettsucht
Lektüren
Marcel WeberDie Geschichte wissenschaftlicher Dinge als Epistemologie
Valentin GroebnerDr. phil. Charisma. William Clark erforscht akademische Halbwertszeiten
Dialog
“This is not America”Stanley Cavell im Gespräch mit Wolfram Eilenberger
Autorinnen und Autoren