In der Renaissance erlebte eine Figur, die man als ‚Wissenskünstler‘ bezeichnen könnte, ihren eindrucksvollen Aufstieg: Leonardo, Michelangelo, Dürer oder Alberti beeindruckten ihre Zeitgenossen – und nicht nur die – ebenso mit ihren herausragenden künstlerischen wie auch ihren wissenschaftlichen Leistungen. Mit der Zunahme und Ausdifferenzierung von Wissenschaftsdisziplinen seit etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts verschärfte sich die Abgrenzung der Wissenschaften von den Künsten. Gegenwärtig jedoch zwingt die verwissenschaftlichte Welt die Kunst erneut zur Auseinandersetzung mit der Wissenschaft, und die Frage nach dem eigenen Status bringt die Wissenschaft mindestens punktuell dazu, sich mit der Kunst auseinanderzusetzen. Die Gründe und Chancen, aber auch mögliche Risiken einer Wiederannäherung verdienen nach den Ausgaben Nr. 9 (2002) und 20 (2008) einer genaueren Betrachtung in den Gegenworten.
INHALT
DOKUMENTATION
Nahe Ferne – ferne Nähe? Einführung und Dokumentation
DOSSIER
„Artem non odit nisi ignarus » Hermann Parzinger widmet sich dem Museum als Ort von Wissenschaft und Kunst
Wissenschaft und Kunst Ingeborg Reichle und Frank Rösl bemerken interdisziplinäre Annäherungen
Schönheit trifft Wahrheit? Wolfgang Krohn skizziert die Ästhetik der Wissenschaft
Zwischen Systematik und Neugierde Elke Bippus schreibt über die epistemische Praxis künstlerischer Forschung
Was ist künstlerische Forschung? Julian Klein sucht nach Antworten
IM GESPRÄCH
„Die Wissenschaft darf ihren Wahrheitsanspruch nicht aufgeben“ Wolfert von Rahden stellt Carl Friedrich Gethmann Fragen zur Abgrenzung von Wissenschaft und Kunst
RÜCKBLICKE
Schlummernde Gefühle von Liebe und Krieg Winfried Menninghaus rekonstruiert Charles Darwins Theorie der Musik
The Ladies’ Field Club of York Christine Heidemann mit einem künstlerischen Beitrag zur Geschichte der Amateurwissenschaft
Wie Wissenschaft die Baukunst in Technik und Kunst entzweite Heinz Duddeck schreibt über den Zusammenhang von form, function und fiction
Ein Wissenschaftler und Künstler Ernst Osterkamp zeichnet ein Porträt Adelbert von Chamissos
„Eine moderne Kunstkammer als Weltmuseum“ Horst Bredekamp im Gespräch mit Wolfert von Rahden über Museumskonzepte
SEITENBLICKE
Vermehrung durch Teilen Stefan Aue über den Dialog als Praxis künstlerischen Forschens
Erlaubte und unerlaubte Ähnlichkeitstransformationen Thoralf Chrobok und Tyyne Claudia Pollmann schreiben über künstlerische Forscher
Newtons Apfel Alexander Kosenina porträtiert Raoul Schrott, der Naturwissenschaft und Poesie auf gleiche Erkenntnisprinzipien zurückführt
INNENANSICHTEN
Leibniz’ Lager Floris Neusüss und Renate Heyne präsentieren Fotogramme von Museums-Exponaten
„Was wäre, wenn …?“ Angela Spahr erörtert Literatur als ästhetische Prognostik
Über die Risiken und Nebenwirkungen der Wiederverheiratung Gerrit Gohlke steht interdisziplinären Annäherungen eher skeptisch gegenüber
KlimaKunstForschung Friedrich von Borries, Wilma Renfordt und Christian Hiller beschäftigen sich mit Cloudbustern, Wasserklärwerken und Aquarien
„Der Roman sucht den größtmöglichen Zusammenhang“ Thomas Lehr und Wolfert von Rahden sprechen über das Wissen der Literatur