Die jüngsten politischen Ereignisse lenken die Blicke vermehrt auf das Land an der nordöstlichen Außengrenze der Europäischen Union, dessen Bevölkerung vor der Schoa zu etwa einem Zehntel jüdisch war, wobei Jüdinnen und Juden in Städten, so etwa in Minsk, häufig mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung stellten. Auch wenn Simon Dubnows Aussage, dass „die Geschichte der Juden in Belarus in tiefe Dunkelheit gehüllt [sei]“ , die er im Rahmen einer Artikelserie über sein Heimatgouvernement Mogilëv 1886 tätigte, so nicht mehr zutrifft, sind doch viele Aspekte belarusisch-jüdischer Geschichte noch wenig bekannt. Dies hängt auch mit der mangelnden Sichtbarkeit belarusischer Jüdinnen und Juden zusammen, die wiederum viel mit der verflochtenen Geschichte der Region zu tun hat: In besonders hohem Maße überschneiden sich hier unterschiedliche sprachliche, religiöse und spätestens ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert auch nationale Traditionslinien und Ziele. Zumindest einen kleinen Teil dieser Vielfalt sichtbar zu machen, ist das Anliegen der Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe der Münchner Beiträge.
JÜDISCHES LEBEN IN BELARUS IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT
Michael Brenner: Vorwort
Martina Niedhammer: Einleitung
Verena Dohrn / Evgenij S. Rozenblat: Belarusische Juden im Russländischen Reich um 1900
Martina Niedhammer: „Ihr, Juden, werdet Euch erheben, wenn Belarus sich erhoben hat.“ Belarusische Intellektuelle und die Idee einer belarusisch-jüdischen Symbiose im frühen 20. Jahrhundert
Anke Hilbrenner: Malyj Trostenez – ein europäischer Erinnerungsort
Magdalena Waligórska / Ina Sorkina: Rückkehr nach Hause oder „Repatriierung“? Beweggründe für die Migration bei Holocaustüberlebenden in Belarus nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine vergleichende Betrachtung
Tatsiana Astrouskaya: Juden werden: Das Erstarken der jüdischen Emigrationsbewegung im sowjetischen Minsk
Alexander Friedman: Die Belarus-Krise 2020/21 und der Antisemitismus
AUS DEM ARCHIV
Zmitrok Biadulias Poem „Juden“ (1915). Ein Aufruf an die belarusischen Juden im Ersten Weltkrieg. Kommentiert von Claire Le Foll.
BERICHTE
Katharina Juergens: Drei Nationen – Ein Podcast. Bericht von einer Krakau-Exkursion des Lehrstuhls
NACHRICHTEN UND TERMINE
Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur (Prof. Dr. Michael Brenner) Neues von Mitarbeitern und Absolventen Veranstaltungen Neues vom Freundeskreis des Lehrstuhls
Professur für Mittelalterliche Jüdische Geschichte (Prof. Dr. Eva Haverkamp) Neues von Mitarbeitern und Absolventen Veranstaltungen
Die Autorinnen und Autoren
Übersicht über die Themenschwerpunkte der bislang erschienenen Hefte