Nach ihrer Befreiung 1944/45 erfuhren NS-Verfolgte ihre Rückkehr in ein »normales« Leben als einen langwierigen Prozess: Die Wege durch das zerstörte Europa waren von großen Hoffnungen geprägt, aber auch mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. Welche Gründe sprachen für eine Rückkehr in das Herkunftsland und welche für eine Emigration? Wie reagierte das soziale Umfeld auf die Verfolgungserfahrungen? Welche Formen der Unterstützung erfuhren die überlebenden Frauen und Männer, wo konnten sie sich politisch artikulieren und wo waren sie mit fortgesetzten oder auch neuen Formen der Ausgrenzung konfrontiert? Die in diesem Heft versammelten Studien sind den NS-Verfolgten aus West- und Osteuropa gewidmet. Gefragt wird nach den Erfahrungen von Überlebenden in Deutschland, Frankreich, Israel, Italien, Österreich, der Sowjetunion und der Tschechoslowakei. Deutlich wird, wie stark die Nachkriegserfahrungen von ihren jeweiligen Verfolgungskontexten, ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Geschlecht geprägt waren. Dies alles hatte nachhaltige Auswirkungen auf ihr weiteres Leben.
Editorial
Beiträge
Gero Fedtke»Der lange Weg nach Hause«. Ein Bericht über die Repatriierung von Ilmenau, Thüringen, nach Presnogor’kovka, Kasachstan, 1945/46
Johanna KootzDie Rückkehr italienischer Frauen aus dem Konzentrationslager Ravensbrück
Sarah GrandkeMoving memories – memories on the move? Erinnerungsinitiativen von Displaced Persons in Flossenbürg 1946/47
Lennart Onken»Die Spuren der Sklavenherrschaft abgeworfen«. Jüdische Selbstorganisation in der britischen Besatzungszone Deutschlands
Nadine JenkeEine Episode zwischen DP-Camp und Emigration? Zur Rolle der Zentralkomitees der befreiten Juden in der britischen und in der US-amerikanischen Besatzungszone Deutschlands bei der frühen Strafverfolgung von NS-Verbrechen
Pavla PlacháTschechische ehemalige Häftlinge des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück in der Nachkriegszeit. Möglichkeiten und Grenzen ihres politischen Engagements
Sharon GevaGhetto Fighters, Mothers, Documenters. Female Holocaust Survivors in Israel
Jens BinnerStigmatisierung als biografische Konstante. Repatriantinnen und Repatrianten in der Sowjetunion nach 1945
Christine EckelDie Anerkennung ehemaliger KZ-Häftlinge im Kontext staatlicher Erinnerungspolitik in Frankreich
Claudia Bade»Man war auch nach 1945 noch eine Ausnahme.« Akteure und Akteurinnen des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) nach der Befreiung
Yvonne RobelErfahrung(en) eines Neubeginns? Sintize und Sinti, Romnja und Roma in der frühen Nachkriegszeit in Hamburg
Laura HankelnAntiziganistische Kontinuitäten in Baden-Württemberg. Die Rolle der Kriminalpolizei in der Entschädigungspraxis von Sintize und Sinti sowie Romnja und Roma
Andreas Kranebitter und Dagmar LieskeDie zweite Stigmatisierung. »Asoziale« und »Berufsverbrecher« als NS-Opfer in Westdeutschland und in Österreich nach 1945
Dokumentation
Bill NivenDie »›Cap Arcona‹-Katastrophe« in der deutschen und britischen Erinnerung
Besprechungen und Annotationen
Rezensionen
Maximilian Strnad: Privileg Mischehe? Handlungsräume »jüdisch versippter« Familien 1933-1949, Göttingen 2021 (Sybille Steinbacher) Suzanne Maudet: Dem Tod davongelaufen. Wie neun junge Frauen dem Konzentrationslager entkamen, Berlin/Hamburg 2021 (Alyn Beßmann) David Nasaw: The Last Million. Europe’s Displaced Persons from World War to Cold War, New York 2020 (Reimer Möller) Barbara Stambolis / Ulrich Lamparter (Hg.): Folgen sequenzieller Traumatisier+ung. Zeitgeschichtliche und psychotherapeutische Reflexionen zum Werk von Hans Keilson, Gießen 2021 (Matthias Heyl)
Neuerscheinungen aus den Gedenkstätten
Summarys
Autorinnen und Autoren