Forschungsstipendien "Islamwissenschaften" (Gerda Henkel Stiftung)

Forschungsstipendien "Islamwissenschaften" (Gerda Henkel Stiftung)

Institution
Gerda Henkel Stiftung
Ort
Düsseldorf
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.12.2012 -
Bewerbungsschluss
29.06.2012
Von
Thomas Podranski

Das Sonderprogramm »Islam, moderner Nationalstaat und transnationale Bewegungen« richtet sich an Forscherinnen und Forscher, die mit Blick auf gegenwärtige Entwicklungen die Entstehung politischer Bewegungen in der islamischen Welt auf nationaler und/oder transnationaler Ebene untersuchen. Angeregt und gefördert werden historische Studien sowie religions-, kultur- oder politikwissenschaftliche Projekte: Welche emanzipatorischen, welche modernen Elemente verspricht und integriert der politische Islam? Welche Entwicklungen, welche Zusammenhänge, welche Ähnlichkeiten in den Schlüsselkategorien, Interpretationen und Forderungen sind zwischen dem Pan-Arabismus und Pan-Islamismus am Ausgang des 19. Jahrhunderts und den heutigen Bewegungen festzustellen? Welche historischen Selbstbeschreibungen sind in den Konzepten erkennbar? Über welche spezifischen Vorstellungen von Vergemeinschaftung können gesellschaftliche Radikalisierungen und Mobilisierungen zur Gewalt legitimiert werden?

Das Sonderprogramm lenkt den Blick auf Dynamiken zwischen islamischer Lehre, Islamismus, Nationalismus und transnationalen Orientierungen und Lebenswelten. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Ländern und Regionen des islamischen Raums soll regionalbezogene und thematisch fokussierte Erkenntnisse zusammenführen, um Konfliktfelder gerade hinsichtlich globaler Einflüsse und kultureller Austauschprozesse problematisieren zu können.

Gefördert werden Vorhaben, die sich den Besonderheiten und Kontexten kultureller und geschichtlicher Rahmenbedingungen und Beziehungen widmen. Die Ergebnisse der Projekte sollen einen Beitrag zu differenzierenden und qualifizierten Diskussionen in Öffentlichkeit und Politik leisten können.

Die Vergütung richtet sich nach den Sätzen der Gerda Henkel Stiftung:
http://www.gerda-henkel-stiftung.de/dotierung

Thematische Schwerpunkte

1. Islamische Gesellschafts- und Staatsordnungen in Geschichte und Gegenwart

Im Schwerpunkt werden historische und politikwissenschaftliche Studien gefördert, die Gesellschafts- und Staatsvorstellungen in den islamischen Zivilisationen in den Blick nehmen. In den Projekten sollte die Forschung über spezifische Regionen und entwickelte Gesellschafts- und Staatsideen mit Fragen nach jeweiligen Ordnungs- bzw. Verfassungsentwürfen verbunden werden. Erkenntnisleitend sollen Fragen nach dem Verhältnis von säkularen und religiösen Vorstellungen und Institutionen, den Konzeptionen jeweiliger politischer Repräsentationsverhältnisses, den Konstitutionen von Rechtssystemen oder Sozialsystemen sowie den Ordnungen von Geschlechter- und Sozialverhältnissen sein. Berücksichtigt werden soll in diesem Zusammenhang auch die Frage nach den Berührungen mit und den Antworten auf historische Prozesse im christlichen Europa zwischen Mittelalter und Gegenwart, etwa auf die europäische Aufklärung und die europäischen Nationsbildungen. Die Zusammenführung trans- und interdisziplinärer Perspektiven, insbesondere die Verbindung historischer Perspektiven mit religions-, kultur- oder politikgeschichtlichen Erkenntnisinteressen ist ausdrücklich erwünscht.

2. Nationsidee, nationale Bewegungen und Nationalismus in der islamischen Zivilisation

Im Schwerpunkt werden Projekte gefördert, die am Einzelbeispiel die Entstehung nationaler Bewegungen in der islamischen Zivilisation untersuchen. Hierbei können Fragen nach der Entstehung proto-nationaler Bewegungen in Mittelalter und Früher Neuzeit, nach den Trägern des Nationsgedankens in unterschiedlichen islamischen Ländern, nach den als zentral erachteten Schriften, den Foren und Institutionen einer intellektuellen Reflexion wie auch der politischen Verwirklichung ebenso leitend sein wie die Untersuchung der Verfahren, Rituale und Mechanismen, mit denen Angehörige einer Gruppe ihre Gemeinsamkeit bestimmen und sich gegenüber Dritten ausdifferenzieren und somit (nationale) Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit definieren, und wie die Analyse der daraus resultierenden territorialen Gültigkeitsansprüche sowie die Integrationen/Desintegrationen islamischer Werte und Gesellschaftsvorstellungen in das jeweilige Nationsmodell. In diesem Zusammenhang soll u.a. auch die Veränderung/Verschiebung von Bedeutungsaspekten in den Definitionen von Volk, Territorium, politischer Repräsentation und Recht in den unterschiedlichen Nationskonzeptionen untersucht werden, ebenso wie die Konzeption des Verhältnisses von Religion und Laizismus.

3. Islamischer Fundamentalismus oder islamische Emanzipation?

Im Schwerpunkt werden Projekte gefördert, die das Wissen über Strukturen und Entwicklungsdynamiken von Gesellschaften in der modernen und der globalen Gegenwart erweitern, um vertiefte Kenntnisse für die Analyse des islamischen Fundamentalismus bereitzustellen. Die Projekte sollten historische, soziale und politische Entwicklungen in den Blick nehmen, um einzelfallbezogen differenzierende Ergebnisse anzustreben. Fokussiert werden sollten Fragen nach emanzipatorischen Potentialen, Referenzrahmungen ausgewählter politischer Schriften, Geschichtsbilder oder Diskurse historischer und politischer Identifizierung. Unterstützt werden auch übergreifende Perspektiven, welche bisherige Forschungsansätze deutlich ergänzen oder auch kontrastieren, etwa kritische Auseinandersetzungen mit der Fundamentalismuskategorie.

4. Transnationale zivilgesellschaftliche Bewegungen in der islamischen Welt

Im Schwerpunkt werden Projekte gefördert, die sich mit transnational ausgreifenden zivilgesellschaftlichen Bewegungen in modernen islamischen Gesellschaften befassen. Leitende Fragen richten sich darauf, wie diese Bewegungen intern das Spannungsverhältnis zwischen säkularen und religiösen Mitgliedern, Programmatiken und Handlungsweisen lösen und wie es ihnen gelingt, sowohl in islamistischen als auch in westlich oder säkular-nationalistisch oder sozialistisch orientierten Staaten der islamischen Welt zu operieren, also religiöse und ideologische Barrieren zu überwinden. Im Rahmen der in diesem Bereich geförderten Projekte sollen auch Bewegungen untersucht werden, die gezielt den Dialog mit nichtislamischen Partnern suchen.

5. Islamische Staaten im internationalen Weltsystem

Im Schwerpunkt werden Projekte gefördert, die Stellungen und Positionen islamischer Staaten in gegenwärtigen Strukturen und Diskursen der internationalen Politik untersuchen. Im Zentrum der Projekte sollen dabei die Fragen stehen, wie die islamischen Staaten in einem globalen System internationaler Politik definiert werden, welche Prognosen derzeit für die Entwicklung der islamischen Staaten gestellt und welche Gefahren diagnostiziert werden. In den Projekten dieses thematischen Schwerpunktbereichs sollen nicht zuletzt auch die politisch-analytischen Kategorien und Konzepte untersucht werden, mit denen im Westen die Entwicklungen in der islamischen Welt beschrieben werden und die somit einerseits die Diskussionen um mögliche Konfliktfelder und Gewaltpotentiale, andererseits die Strategien eines Dialogs mit dem Islam bestimmen. Ergänzt werden könnte diese Erörterung durch eine Heranziehung von Standortbestimmungen aus einzelnen islamischen Staaten oder Staatenverbänden.

Beantragt werden können Mittel für Forschungsstipendien und zur Durchführung von Forschungsprojekten. Promotionsstipendien werden im Rahmen des Förderschwerpunktes nur bei Einbindung in ein Forschungsprojekt gewährt.

Die wissenschaftliche Koordination erfolgt durch das Bochumer Institut für Diaspora- und Genozidforschung unter Leitung von Prof. Dr. Mihran Dabag (Tel. +49 (0) 234 32 29702, E-Mail: idg@ruhr-uni-bochum.de). Über die Anträge entscheidet das Kuratorium der Stiftung auf der Grundlage einer Empfehlung von Fachgutachtern und Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats.

Anträge nimmt die Geschäftsstelle der Gerda Henkel Stiftung jederzeit entgegen. Die nächste Bewerbungsfrist endet
am 29. Juni 2012. Weitergehende Informationen zum Antragsverfahren finden Sie unter http://www.gerda-henkel -stiftung.de/sonderprogramme

Redaktion
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Land Veranstaltung
Arbeitssprache(n)
Englisch, Deutsch
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