Titel
Alleati del nemico. L’occupazione italiana in Jugoslavia (1941–1943)


Autor(en)
Gobetti, Eric
Erschienen
Rom 2013: Laterza
Anzahl Seiten
208 S.
Preis
€ 19,00
Rezensiert für den Arbeitskreis Historische Friedens- und Konfliktforschung bei H-Soz-Kult von:
Karlo Ruzicic-Kessler, Historische Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Eric Gobetti ist mittlerweile einer der profiliertesten Forscher jüngerer Generation zur Geschichte der italienischen Okkupation von Teilen Jugoslawiens während des Zweiten Weltkrieges. Im Gegensatz zu seiner ersten Monographie1 zum Thema befasst sich Gobetti in diesem Buch weniger mit Kriegshandlungen und -strategien sondern geht viel mehr auf die Geschichte der (italienischen) Akteure in Jugoslawien und – wie der Titel („Verbündet mit dem Erzfeind“) suggeriert – auf die verschiedenen Formen von Bündnissen und Interdependenzen auf dem jugoslawischen Kriegsschauplatz ein. Somit ist dies die Geschichte von Dynamiken und Ereignissen, die sich auf einer persönlichen Ebene mit den handelnden Menschen verbinden lassen.

Grundsätzlich ist vorab festzuhalten, dass Gobetti in seinem jüngsten Werk von den Okkupationskonzepten über die Akteure bis hin zu einigen Beispielen realpolitischer Entscheidungen in den jugoslawischen Gebieten sehr konzise Kapitel erarbeitet hat, die in einer bis aufs Äußerste reduzierten Form die Ereignisse des Krieges präsentieren.

Den Anfang macht die – für Werke, die sich mit dem Zweiten Weltkrieg in Jugoslawien befassen – mittlerweile traditionelle Auseinandersetzung mit der Geschichte des ersten Jugoslawien und der Ausgangslage vor Beginn des Krieges im April 1941. Darauf folgen die Analyse der Aufteilung des Landes zwischen den Achsenmächten und eine detaillierte Darstellung der italienischen Ziele und Probleme. Hier wird zwar stark vereinfacht, aber mit vielen Zitaten ein Bild gezeichnet, das den Leser sehr gut nachvollziehen lässt, welchen Spagat die italienischen Behörden zwischen irredentistischem Anspruch, lokalen Bestrebungen und Rivalität zum Bündnispartner Kroatien hinlegen mussten. Die Beschreibung der „Konfliktparteien“ wird durch eine Analyse der einzelnen italienischen Okkupationsgebiete sowie der hauptverantwortlichen Persönlichkeiten und dem Unabhängigen Staat Kroatien abgerundet.

Der stärkste Aspekt des Buches ist zweifelsohne die Darstellung der Bündnisse in Jugoslawien während des Zweiten Weltkrieges. Die schwierige Beziehung zum kroatischen Staat, die einige der italienischen (Militär-)Behörden täglich zur Verzweiflung brachte, aber auch die Kooperation in bestimmten Bereichen und die Sympathie mancher Parteischergen für das verbrecherische Regime in Zagreb werden durch persönliche Berichte aus der Zeit für den Leser greifbar gemacht. Das Verhältnis zu den Četnici, der royalistisch-nationalistischen serbischen Aufstandsbewegung, schließlich widerspiegelt die Ambivalenz der italienischen Besatzungspolitik in Jugoslawien. Diese Aufständischen waren der Exilregierung treu und nominell Feinde der Achse. Es entwickelte sich allerdings – nicht zuletzt dank der dezentralen Strukturen der Četnici – in vielen Regionen eine intensive Zusammenarbeit zwischen italienischem Militär und Aufständischen, die sogar zu einer Gebietsteilung führte. Die Analyse dieser Beziehungen gelingt Gobetti auf sehr spannende Art, die dem Leser tiefe Einblicke in die Dynamik dieses Zweckbündnisses ermöglicht. Zugleich wird immer wieder den einzelnen italienischen Akteuren, ihrer Herkunft und Sozialisierung Raum gelassen, um die persönlichen Vorstellungen der handelnden Figuren besser nachvollziehen zu können.

An dieser Stelle sei aber auch auf die Schwächen des Buches hingewiesen. Wie bereits erwähnt ist das Buch eine stark verkürzte Darstellung eines äußerst komplexen Themas. Dies mag auch mit der Verlagspolitik zusammenhängen; jedenfalls kann eine erschöpfende Analyse auf 164 Seiten nicht gelingen. Es sei Gobetti nach seinen langen Jahren der Forschungstätigkeit über Jugoslawien auch verziehen, dass in den letzten Kapiteln des Buches eine gewisse Sympathie zu den Partisanen von Tito mitzuschwingen scheint. In einem Krieg, der Zweckbündnisse vorgab und von fast allen Parteien ohne Prinzipien geführt wurde, strahlen die Partisanen durch ihren kompromisslosen und idealistischen Kampf offenbar eine gewisse positive Aura aus.

Dem Einsteiger in das Thema wird die Lektüre durch die Aneinanderreihung von Namen und Ereignissen keine große Freude bereiten. Nichtsdestotrotz stellt das Buch von Gobetti einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der italienischen Rolle bei der Besetzung Jugoslawiens dar und bietet der Leserschaft aus diesem Fachkreis einige interessante Erkenntnisse.

Anmerkung:
1 Eric Gobetti, L’occupazione allegra. Gli italiani in Jugoslavia (1941–1943), Roma 2007.

Redaktion
Veröffentlicht am
Redaktionell betreut durch
Kooperation
Die Rezension ist hervorgegangen aus der Kooperation mit dem Arbeitskreis Historische Friedens- und Konfliktforschung. (Redaktionelle Betreuung: Jan Hansen, Alexander Korb und Christoph Laucht) http://www.akhf.de/
Klassifikation
Epoche(n)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Land
Sprache der Rezension