Die Dissertation der Bonner Historikerin Janina Salden reiht sich in die Erforschung der Verbandsgeschichte zur Zeit des Nationalsozialismus ein, die in den letzten Jahren nach langem Stillstand wieder neue Impulse erfahren hat. Während der britische Wirtschaftshistoriker Harold James bereits 2001 eine umfassende Studie über den Spitzenverband der deutschen Geschäftsbanken und seine Umwandlung in die Reichsgruppe Banken veröffentlichte, war das Handeln des Spitzenverbandes der Sparkassen im Nationalsozialismus lediglich in vagen Umrissen bekannt.
Auf der Grundlage sehr umfassender Recherchen in staatlichen und verbandseigenen Aktenbeständen präsentiert Janina Salden eine umfassende Studie, die sich vor allem mit der Mediatisierung des Sparkassenverbands durch die Zwangseingliederung in das zentralistische System der Reichsgruppen und Wirtschaftsgruppen beschäftigt, die der Aufsicht und der Anleitung durch das Reichswirtschaftsministerium unterstanden. Das „Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft“ täuschte eine berufsständische Selbstverwaltung der Wirtschaft lediglich vor, hob die personalpolitische Autonomie der Branchenverbände auf und wandelte sie zu Transmissionsriemen des Reichswirtschaftsministeriums um. In ihrer ansonsten minutiösen und quellengesättigten Darstellung des Mediatisierungsprozesses in den Jahren 1933 und 1934 (Kapitel III) geht die Autorin jedoch ein wenig kurz über den entscheidenden Unterschied zwischen der personellen Gleichschaltung des Sparkassenverbandes und des Bankenverbandes hinweg. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hatte im Unterschied zum Centralverband des deutschen Bank- und Bankiersgewerbes bis 1933 keine jüdischen Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer und wurde daher nicht auf Weisung des Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht antisemitisch „gesäubert“.
Während die Leitung des Bankenverbandes aus rassistischen Gründen vollständig ausgetauscht wurde, hatte die von der NSDAP-Reichsleitung veranlasste, aber vom DSGV aus politischen Opportunitätsgründen gebilligte Einsetzung eines „alten Kämpfers der NSDAP“ zum Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden des Sparkassenverbandes für den Prozess der Selbstgleichschaltung keine dauerhafte Bedeutung. Der nationalsozialistische Stellvertreter des langjährigen Verbandspräsidenten Ernst Kleiner bot Reichswirtschaftsminister Schacht Ende 1934 einen willkommenen Vorwand für seine Amtsenthebung, nachdem der Reichsrechnungshof erhebliche Veruntreuungen durch zu hohe Gehälter und teure Inserate in nationalsozialistischen Zeitungen moniert hatte. Die Autorin zeigt überzeugend, dass sich die personelle Gleichschaltung durch nationalsozialistische Gauleiter, Ministerpräsidenten und Oberpräsidenten vor allem auf den Vorstand des Sparkassenverbandes erstreckte, der sich aus den Funktionären der regionalen Sparkassenverbände und den Vertretern der Provinzialverbände und der Länder zusammensetzte. Die Geschäftsführung des Sparkassenverbandes bzw. der Wirtschaftsgruppe Sparkassen konnte die professionellen Standards der Verbandsarbeit sichern und ihre personelle Zusammensetzung weitgehend gegen personalpolitische Interventionen von Parteifunktionären verteidigen. Daran änderte auch der erzwungene Abschied des deutschnationalen Verbandspräsidenten Kleiner nichts, der 1935 auf Weisung des Reichswirtschaftsministeriums durch den Fachbeamten Johannes Heintze, ehemals Leiter der Abteilung Bank- und Kreditwesen im RWM, ersetzt wurde.
Die Mediatisierung des Sparkassenverbandes zur Wirtschaftsgruppe Sparkassen und ihre Eingliederung in die Reichsgruppe Banken hob die selbstständige Interessenvertretung der Sparkassen jedoch nicht auf, wie die Autorin in Kapitel IV überzeugend zeigt. Die organisatorische und personalpolitische Selbstverwaltung des Sparkassenverbandes wurden nicht durch die Eingliederung in die von Großbankenvertretern geführte Reichsgruppe Banken, sondern vom NSDAP-Hauptamt für Kommunalpolitik, vom Amt des Stellvertreters des Führers und der DAF bedroht. In der polykratischen Ordnung des NS-Regimes gelang es der Wirtschaftsgruppe Sparkassen, durch geschicktes Taktieren die Unterstützung des Reichswirtschaftsministeriums zur Verteidigung ihrer personalpolitischen Autonomie gegen die NSDAP und vice versa die Hilfe des kommunalpolitischen Hauptamts der NSDAP gegen drohende und mögliche Einschränkungen des Geschäftsfeldes der Sparkassen zu mobilisieren.
Der rein organisationsgeschichtliche Ansatz dieser Monographie vermittelt den für sich genommen zutreffenden Eindruck, dass die Funktionalisierung des Sparkassenverbandes „zu einem Erfüllungsgehilfen von Staat und Partei“ durch den Verlust der Organisationsautonomie und die Umwandlung in die Wirtschaftsgruppe Sparkassen erfolgte. Diese institutionsgeschichtliche Perspektive neigt jedoch dazu, die Wirkung der bereits 1932 und 1933 eingeführten ökonomischen Lenkungsinstrumente auf den Gebieten des Sparkassenrechts, der Zinspolitik und der Kapitalmarktsteuerung zu unterschätzen. Der Befund, dass der nationalsozialistische Staat aufgrund der Vielfalt der kreditpolitischen Lenkungsinstrumente weitgehend auf unmittelbaren Zwang gegenüber den Sparkassen verzichten konnte, trifft daher uneingeschränkt zu. Aufgrund der Struktur seines Anlagegeschäfts ließ sich der Sparkassensektor vollständiger und gegen nur geringe Widerstände an die kreditpolitischen Anforderungen des NS-Regimes anpassen. Ein kurzer quantitativer Blick auf die Geschäftsentwicklung des Sparkassensektors und ein Vergleich mit den Geschäftsbanken würde die These der Autorin von einer Benachteiligung der Sparkassen gegenüber den Geschäftsbanken und Genossenschaftsbanken jedoch relativieren.