Der Kalte Krieg war ein Kampf der Weltanschauungen - eine Schlacht der Ideen zwischen zwei unvereinbaren Lagern, wie es in den Quellen häufig heißt. Rasch entwickelte sich die Auseinandersetzung zu einer Art "totalem Krieg", in dem mit Ausnahme der atomaren Waffen, die sich aufgrund ihres langfristigen Zerstörungspotentials als nicht einsetzbar erwiesen, alles Verfügbare zur Anwendung kam, um diesen Konflikt zu gewinnen. Der Kalte Krieg war eine politisch-ideologische, ökonomische, technologisch-wissenschaftliche und kulturell-soziale Auseinandersetzung, die ihre Auswirkungen bis in den Alltag zeigte. Nur in der Dritten Welt wurde der Kalte Krieg schließlich auch als konventionelle militärische Auseinandersetzung geführt.
Der „Ätherkrieg" spielte in diesem 1947 von den USA und Sowjetunion offiziell eingeläuteten Kampf eine prominente Rolle. Weltweit wurden seitdem staatliche, halboffizielle und private Rundfunkstationen für die Psychologische Kriegführung auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs ausgebaut und zum Teil mit erheblichen finanziellen Mitteln versorgt. Und weil sie zum Teil erfolgreich oder - je nach Sichtweise - störend waren, wurden gegen sie wiederum Störsender installiert.
Das geteilte Deutschland war als "Frontstaat" des Kalten Krieges überproportional hoch mit alliierten und nationalen Rundfunkstationen belegt: Aus dem Westen Deutschlands sendete unter anderem der RIAS aus Westberlin, die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk aus Köln sowie als US-Stationen unter anderem Radio Freies Europa, später Radio Liberty aus München. In der DDR operierten unter anderem die Berliner Welle, Radio Berlin International und der Deutschlandsender, der 1971 in Stimme der DDR umbenannt wurde.
Die 2001 in München vorgelegte Dissertation von Klaus Arnold über den "Deutschlandsender und die Westpropaganda der DDR" beschäftigt sich zum ersten Mal ausführlich auf über 700 Seiten mit dem Deutschlandsender als zentraler Station der DDR im deutsch-deutschen Propagandakrieg. Der ostdeutsche Deutschlandsender richtete sich in erster Linie an die Bevölkerung der Bundesrepublik und war damit ein Teil der umfassenderen "Westarbeit" der DDR. Die Untersuchung fragt danach, "wie der Deutschlandsender als Propagandainstrument der SED-Westpolitik in der Zeit des Kalten Krieges funktionierte und wie die SED-Propaganda mit der hauptsächlichen Zielrichtung Westdeutschland im Programm umgesetzt wurde" (S. 17).
Als Quellen verwendet Arnold dabei vor allem die umfangreiche und fast ohne Einschränkungen benutzbare Überlieferung der DDR-Institutionen, die im Bundesarchiv Berlin einzusehen sind, so der Bestand des Staatlichen Rundfunkkomitees und die vielen Materialien des SED-Zentralkomitees und des Politbüros zu zentralen Fragen der DDR-Politik. Ein ebenso entscheidender Quellenbestand für die Arbeit bildet die Überlieferung der Sendemanuskripte und -protokolle im Deutschen Rundfunkarchiv. Mit Recht weist Arnold darauf hin, dass insbesondere diese Quellengruppe viel zu wenig zur Analyse der Arbeit von Rundfunkstationen herangezogen wird. Ergänzt wird die Quellenbasis durch Materialien aus dem Bestand des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und durch bundesdeutsche Papiere etwa aus dem SPD-Ostbüro und Bonner Ministerien.
Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil, in dem es um "Propagandatheorie und Zeitgeschichte" geht, behandelt der Autor vor allem Definitionsfragen und die Bedeutung der Propaganda im Kalten Krieg. Dafür setzt er sehr grundsätzlich an. Er gibt einen weit ausholenden und detaillierten Überblick über die Entstehung der modernen Propaganda, der Propagandaanalyse, zum Zusammenhang von "Propaganda und Sozialismus" sowie zur "Westpolitik und Medienanleitung in der DDR". Vor allem im weiteren Fortgang wird allerdings sichtbar, dass der ausholende, zum Teil recht allgemeine Überblick über unterschiedliche Definitionen etc. weitgehend folgenlos für die Untersuchung bleibt. Der Leser bleibt hier etwas ratlos zurück.
Der gesamte erste Teil - insgesamt etwa 200 Seiten - dient so allein als allgemeiner Vorlauf zum eigentlichen Thema im zweiten Teil: "Der Deutschlandsender als Propagandainstrument". Und hier kommt die Untersuchung in der Tat zu wichtigen Ergebnissen. Es geht um den Aufbau des Senders seit dem Ende der vierziger Jahre, der Programmentwicklung, den thematischen Schwerpunkten und dem schließlichen Ende des alten Deutschlandsenders durch die Umbenennung in "Stimme der DDR" 1971. Der Sender sei schließlich überflüssig geworden, so Arnold, weil mit dem Abschied der DDR von der zwanzigjährigen Einheitspropaganda und Honeckers Forcierung der Abgrenzungspolitik gesamtdeutsche Konzepte ein Anachronismus geworden seien. Die nachfolgende "Stimme der DDR" habe sich vor allem nach innen, an die DDR-Bürger, gewandt.
Das chronologische Vorgehen der Untersuchung bietet natürlich methodisch den Vorteil, nacheinander verschiedene Abschnitte der DDR-Propagandageschichte und ihre Abbildung im Rundfunk abarbeiten zu können: "Neubeginn des Rundfunks in der SBZ" (1945-1948), "Senderaufbau" (1948-1952), "Kampf gegen die Westintegration" (1952-1956), "Verschärfung der Westpropaganda" (1957-1961), "Professionalisierung" (1962-1965), „Abgrenzung“ (1966-1971). Man verschenkt allerdings mit diesem Ansatz zu einem guten Teil die Erörterung von Längsschnittproblemen.
Einzig ein abschließender vergleichsweise kurzer Exkurs über die Wirkung des Deutschlandsenders nimmt eine dieser übergreifenden Fragen auf. Er beschäftigt sich unter anderem mit der Perzeption und Wirkung in der Bundesrepublik. Hier nimmt die Untersuchung hochinteressante Forschungsfragen auf, die auch in anderen Untersuchungen schon brisante Ergebnisse für die Geschichte des Kalten Krieges erbracht haben: Man denke zum Beispiel an die aktuellen Arbeiten über die Wirkung der US-Station RIAS während des Aufstandes am 17. Juni 1953 oder an die Forschungen zur Beteiligung des Senders Radio Freies Europa im Ungarnaufstand 1956. Eine wirkliche Aussage über die Wirkung des Deutschlandsenders im Kalten Krieg bleibt bei Arnold allerdings vielfach auf Vermutungen beschränkt. Dies ist vor allem eine Folge der mangelhaften Quellenlage.
Immerhin kann Arnold einige Zahlen für das "Operationsgebiet" Bundesrepublik präsentieren: Ganze sechs (!) Prozent der Westdeutschen hörten den DDR-Deutschlandfunk laut Allensbach-Umfrage 1952 "gelegentlich" (S. 620). Dies änderte sich auch in den folgenden Jahren nur unwesentlich, obwohl für den Deutschlandsender in der Untersuchung keine Zahlen mehr präsentiert werden. Eine Infas-Studie von 1971 ergab, dass selbst in Westberlin, wo die DDR-Sender im Gegensatz zum Bundesgebiet sehr gut empfangen werden konnten, ganze drei Prozent täglich irgendeine ostdeutsche Station hörten. Dies hinderte die Korrespondenten des Deutschlandsenders in Westdeutschland aber offensichtlich nicht daran, große Propagandaerfolge zu vermelden. Laut ihren Berichten konnte der Deutschlandsender zum Beispiel bei bundesrepublikanischen Streiks 1953, 1956/57, 1958 und 1960 durchaus Erfolge verbuchen. Hier sei aber, so Arnold, "möglicherweise übertrieben" (S. 626) worden. Das zu belegen, ist aber eben das Schwierige an der Wirkungsforschung. Punktuell waren Propagandaerfolge aber durchaus möglich. Während der Ostermarschbewegung äußerten sich auch Westdeutsche im Deutschlandsender.
Angesichts der hochgesteckten Ziele der SED-Westarbeit waren solche punktuellen Erfolge allerdings nicht ausreichend. Infolgedessen kommt auch Arnold zu dem Ergebnis, die "Westarbeit" der SED sei ebenso wie der Rundfunk der DDR erfolglos geblieben (S. 474).
Die Dissertation von Klaus Arnold über den Deutschlandsender ist trotz erheblicher Längen eine verdienstvolle Studie über die DDR-Rundfunkpolitik der fünfziger und sechziger Jahre, die dennoch noch viel Raum für Anschlussstudien lässt.