F. von Hundhausen (Hg.): Verein Deutscher Bibliothekare 1900-2000

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Titel
Verein Deutscher Bibliothekare 1900-2000. Bibliographie und Dokumentation


Herausgeber
von Hundhausen, Felicitas
Erschienen
Wiesbaden 2004: Harrassowitz Verlag
Anzahl Seiten
541 S.
Preis
148,00 €
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Eric Steinhauer, Universitätsbibliothek, Technische Universität Ilmenau

Aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums des Vereins Deutscher Bibliothekare (VDB), dem Zusammenschluss der wissenschaftlichen Bibliothekare Deutschlands, hat Felicitas Hundhausen, Leitende Bibliotheksdirektorin an der Universität Osnabrück, eine Vereinsbibliografie erstellt.1 Neben standespolitischen Fragen hat der VDB in seiner Arbeit immer auch zu aktuellen Problemen des deutschen Bibliothekswesens Stellung genommen, vorzüglich durch Sacharbeit in mit Fachleuten besetzten Kommissionen des Vereins. Der VDB war damit vor Gründung des mittlerweile geschlossenen Deutschen Bibliotheksinstituts im Jahre 1978 die zentrale Stelle für bibliothekarische Sacharbeit in Deutschland. Das Ergebnis dieser Arbeit wurde regelmäßig in Aufsätzen und selbständigen Publikationen niedergelegt. Ein besonders wichtiges Forum waren und sind hierbei die nahezu jährlich stattfindenden Bibliothekartage, deren publizierte Vorträge Hundhausen lückenlos nachweist. Damit bildet die Bibliografie einen wichtigen Teil der deutschen Bibliotheksgeschichte ab und verdient die Beachtung von Wissenschafts- und Medienhistorikern.

Die Bibliografie umfasst in zwölf Abteilungen (Buchstaben A bis M) mehr als 5.400 Einträge und wird durch drei ausführliche Register (ca. 80 S.) erschlossen. Zunächst führt Hundhausen Veröffentlichungen über den VDB, die Vereinsorgane, die Satzung, einzelne Struktureinheiten (Kommissionen) und Jahres- sowie Versammlungsberichte an. Dieser Teil ist vor allem für den bibliothekarischen Leser von Interesse. Ein eigener Abschnitt ist den Publikationen des Vereins zu Sachfragen gewidmet. Die umfangreichsten Teile der Bibliografie behandeln einzelne Bibliothekare als Akteure im wissenschaftlichen Bibliothekswesen (S. 198-322), soweit sie im Rahmen der Arbeit des VDB tätig waren, und die Bibliothekartage. Der Abschnitt über die Bibliothekartage ist geteilt. Zunächst werden in chronologischer Reihenfolge die einzelnen Bibliothekartage aufgeführt (S. 323-361), dort sind Berichte über diese Veranstaltungen als ganzes zu finden, danach werden in einem weiteren Abschnitt die publizierten Beiträge zu den Bibliothekartagen in der Ordnung der Veranstaltungen nachgewiesen (S. 362-462). Dieser Teil der Bibliografie dürfte für den Wissenschaftshistoriker am interessantesten sein. Die Themen der Bibliothekartage lassen sich als bibliothekarischen Kommentar zur den jeweils aktuellen Entwicklungen im Wissenschafts- und Bildungswesen lesen. Beispielhaft seien genannt: Fritz Prinzhorn, Die Aufgaben der Bibliotheken im nationalsozialistischen Deutschland (Nr. M 305, Bibliothekartag in Danzig, 1934) oder Hans Peter des Coudres: Das verbotene Schrifttum und die wissenschaftlichen Bibliotheken (Nr. M 313, Bibliothekartag in Tübingen, 1935). Die Beispiele ließen sich fortsetzen.

Die in der Bibliografie nachgewiesene Literatur ist in für Historiker zumeist entlegenen Zeitschriften und Sammelbänden publiziert und dank der gründlichen Arbeit Hundhausens auch dem Nichtbibliothekar nun leicht zugänglich.2 Dabei beschränkt sich die Verfasserin nicht nur auf die bloße bibliografische Verzeichnung. Sie gibt auch Querverweise zu anderen Publikationen innerhalb der Bibliografie und mitunter weiterführende Literaturhinweise oder sachliche Erläuterungen zu den Hintergründen von Vorträgen oder Aufsätzen an. Sofern vorhanden, werden auch Rezensionen zu den verzeichneten Werken nachgewiesen. Angesichts der Fülle des gebotenen und gut geordneten Materials, fallen kleine Lücken in der Verzeichnung kaum ins Gewicht. So hätte es sich angeboten, unter Rubrik A (Allgemeines) nicht nur kleine, den VDB vorstellende Aufsätze zu nennen, sondern auch die entsprechenden Abschnitte in den einschlägigen Hand- und Lehrbüchern der Bibliothekswissenschaft.3

Sehr nützlich ist der umfangreiche Personenteil, der die Akteure des deutschen Bibliothekswesens auflistet, soweit sie dem VDB verbunden und im Rahmen der Vereinsarbeit tätig waren.4 Hundhausen beschränkt sich hier auf die Lebensdaten und die Angabe der Tätigkeit im VDB. Weitere Hinweise sind dem Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken zu entnehmen, das alle zwei Jahre erscheint. Hundhausen hat hier den jeweils letzten Eintrag nachgewiesen, der noch zur aktiven Dienstzeit der betreffenden Person veröffentlich wurde und von daher die meisten Informationen zu enthalten verspricht. Sofern vorhanden, werden auch Festschriften, Nachrufe und Personalbibliografien verzeichnet.

Hundhausen hat ihre Bibliografie zusätzlich zu einer differenzierten systematischen Gliederung mit drei Registern erschlossen. Register 3 ist ein Namensregister, Register 2 nennt Verfasser, Herausgeber und Bearbeiter. Register 1 ist ein systematisches Register zu Abschnitt M, also den einzelnen Vorträgen der Bibliothekartage. Damit wird diese Veranstaltung nicht nur chronologisch, sondern auch inhaltlich geordnet.

Bedenkt man, dass mehrere Register nötig waren, um die Fülle der Einträge zu erschließen, stellt sich natürlich die Frage, warum für die Bibliografie die traditionelle Form einer Buchpublikation an Stelle einer Datenbank gewählt wurde. Eine Antwort hierauf kann man nur vermuten. Einer Buchpublikation kommt Endgültigkeit zu, die gut zu der Tatsache passt, dass eine historisch abgeschlossene Epoche vorzustellen und zu dokumentieren ist. Auch wird der repräsentative Charakter eines gedruckten Buches als Festgabe für das Vereinsjubiläum und als Ausdruck bibliothekarischen Berufsverständnisses eine Rolle gespielt haben. Entscheidend scheint aber zu sein, dass eine gedruckte Bibliografie im Gegensatz zu einer für die Recherche fraglos komfortableren Datenbank leichter einen Gesamtüberblick ermöglicht. Verbunden mit den vielen erläuternden Anmerkungen kommt Hundhausens Arbeit stellenweise Lesebuchcharakter zu, so etwa in Abschnitt E, wo die Kommissionen des Vereins behandelt werden. Hundhausen hat der Bibliografie jeder Kommission eine historische Einleitung vorangestellt. Die Nachteile, die dem Leser beim Auffinden konkreter Einträge durch die gedruckte Form der Bibliografie entstehen, werden durch Systematik und Register gut kompensiert. Der Gewinn ist ein rascher Gesamtüberblick über die vielen und sehr differenzierten Tätigkeitsfelder des Vereins.

Für den nichtbibliothekarischen Leser beinhaltet die Benutzung der Bibliografie jedoch kleinere Hürden. So sind nicht alle Abkürzungen im Abkürzungsverzeichnis aufgelöst. Gerade die verwirrend vielen bibliothekarischen Zusammenschlüsse und Verbände in Deutschland dürften dem Nicht-Fachmann Rätsel aufgeben. Man sucht vergeblich nach einer Auflösung von BDB, VdDB, BBA, ASpB, VBB und dergleichen (vgl. das sehr knappe Abkürzungsverzeichnis auf S. XIX). Hier wäre zumindest ein Verweis auf das ausführliche bibliothekarische Abkürzungsverzeichnis im Handbuch von Busse/Plassmann angebracht gewesen.5 Auch hätte eine kurze Einführung zur Geschichte des VDB und zur Struktur des bibliothekarischen Verbandswesens in Deutschland die Benutzbarkeit für Nichtbibliothekare erhöht.

Insgesamt ist Hundhausens Werk für jeden, der Wissenschaftsgeschichte mit Blick auf die materielle Basis der Informationsversorgung betreiben will, eine unentbehrliche Fundgrube. Das gleiche gilt für Medienhistoriker. Die gründliche, mit bewundernswertem Fleiß und bibliothekarischer Raffinesse bearbeitete Bibliografie sollte in keiner wissenschaftlichen Bibliothek fehlen.

Anmerkungen:
1 Vgl. zur Geschichte des VDB: Plassmann, Engelbert; Syré, Ludger (Hgg.), Verein Deutscher Bibliothekare 1900-2000 – Festschrift, Wiesbaden 2000.
2 Zur Anlage der Bibliografie siehe Hundhausen, Felicitas, Die Bibliographie zur Geschichte des VDB, in: Plassmann, Syré (wie Anm. 1), S. 390-399.
3 Zu denken ist hier etwa an Busse, Gisela v.; Ernestus, Horst; Plassmann, Engelbert; Seefeldt, Jürgen, Das Bibliothekswesen der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 1999, S. 233f. oder Fuchs, Hermann, Bibliotheksverwaltung, Wiesbaden 1968, S. 252f.
4 Zur bibliothekarischen Personengeschichte im 20. Jahrhundert: Habermann, Alexandra; Klemmt, Rainer; Siefkes, Frauke, Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare, Bd. 1, Frankfurt am Main 1985.
5 Vgl. Busse u.a. (wie Anm. 3), S. 471-475.

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