Cover
Titel
Justin and Pompeius Trogus. A study of the language of Justin's Epitome of Trogus


Autor(en)
Yardley, John C.
Reihe
Phoenix, Supplementary volume 41
Erschienen
Anzahl Seiten
XVII, 284 S.
Preis
$98.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Markus Sehlmeyer, Institut für Altertumswissenschaften, Universität Rostock

Römische Historiografie ist nach wie vor ein viel traktiertes Forschungsgebiet. Umso verdienstvoller ist die vorgelegte Studie, die Grundlagenforschung betreibt und auch für Althistoriker von großem Interesse sein dürfte. Es geht um die sprachliche Gestalt zweier namhafter Autoren. Pompeius Trogus, ein spätaugusteischer Universalhistoriker, ist uns nicht mehr im Original erhalten. Er wurde in der Antike in einem Zuge mit den berühmtesten lateinischen Historikern Sallust, Livius und Tacitus genannt. Nur die verkürzende Bearbeitung Justins liegt vor - in der Antike nannte man solche Werke Epitomai, Auszüge. Datierung und Nähe zum Original sind seit langem umstritten. Otto Seels These, dass Justin nur selten inhaltlich oder sprachlich hervortrete, das meiste also reiner Trogus sei, fand nicht überall Zustimmung. Auch die vorliegende Studie des verdienten Altertumswissenschaftlers J. C. Yardley steht dieser These skeptisch gegenüber.

Das Buch weist einige Besonderheiten auf. Es befasst sich mit der sprachlichen Gestalt der Autoren Pompeius Trogus und Justin, ohne die Absicht zu verfolgen, allein Justins Datierung zu behandeln (IX). Sprachliche Belege werden in großer Fülle dargeboten - was natürlich methodisch sachgemäß ist. Seit längerer Zeit liegen Datenbanken vor, die eine solche sprachliche Untersuchung erleichtern; Yardley selbst hat sich im wesentlichen auf die Benutzung der PHI-5.3-CD-ROM beschränkt, die lateinische Texte bis in die Zeit um 200 n.Chr. umfasst. Über die Autoren selbst wird im Buch nicht viel gesagt, da Yardley unlängst zusammen mit W. Heckel eine kommentierte Ausgabe der Bücher 11 und 12 Justins vorgelegt hat, die solche Informationen beinhaltet.1

Die Kapitel 1 bis 4 gelten sprachlichen Phänomenen, die Yardley als Eigentümlichkeiten des Trogus ermittelt hat. Dort sind sprachliche Parallelen zu Sallust und Caesar (S. 9-19), Livius (S. 20-78) und Cicero (S. 79-91) gesammelt, d.h. der Großteil des Buches besteht aus Listen von Vokabeln und Redewendungen aus Justins Epitome, deren sprachliche Besonderheiten mit der Angabe von Parallelstellen und philologischer Spezialliteratur erläutert werden. Andere, vermutlich "pompeianische" Ausdrucksweisen sind auf S. 92-112 verzeichnet. Die Similien zwischen der überlieferten Trogus-Bearbeitung und Livius sind groß; die Erklärung, dass diese Ähnlichkeiten auf eine unveränderte Übernahme "pompeianischer" Ausdrücke durch Justin zurückgehen, liegt somit nahe, und betreffende Textstellen werden wohl auch keine größeren Änderungen durch Justin erfahren haben. Der zweite Teil des Buches, der sich nach-pompeianischen Ausdrucksweisen widmet, ist der spannendere. Hier werden in vier Kapiteln solche Ausdrücke gesammelt, die nach Meinung Yardleys nicht von Trogus stammen können, da sie erst ab tiberianischer Zeit vorkommen. Kapitel 5 sammelt den Großteil dieser "Justinismen" (S. 116-180), ferner werden sprachliche Bezüge zu Pseudo-Quintilian (S. 181-187), Poesie (S. 188-213) und Rechtstexten (S. 214-221) aufgelistet. Die Abgrenzung dieser sprachlichen Ausdrucksformen ist sehr überzeugend. Umfangreiche Indizes schließen den Band ab (S. 223-84).

Yardley selbst ist ein wenig skeptisch, dass seine Materialien eine sichere Datierung Justins ermöglichen. Im Vorwort weist er darauf hin, dass er nach wie vor der Frühdatierung Justins (Ende 2. oder frühes 3. Jahrhundert) zuneige (S. 5). Das widerspricht der These von Ronald Syme2, wonach Justin an das Ende des 4. Jahrhunderts n.Chr. zu datieren wäre. Der Rezensent hätte eigentlich eine ausführliche Auseinandersetzung mit den von Syme angeführten Textstellen erwartet, die Yardley schon früher als Neologismen abgetan hatte.3 Es ist doch verwunderlich, wenn ein Autor um 200 n.Chr. neue Worte und Redeweisen eingeführt haben soll, die dann erst um 400 n.Chr. breitere Verwendung fanden.

Das von Yardley vorgelegte Sprachmaterial wurde stichprobenartig überprüft und ergänzend die CD-ROM "Bibliotheca Teubneriana 2" beigezogen. Die Sorgfalt der aufgelisteten Textstellen ist bestechend, doch sind in manchen Fällen weitere sprachliche Parallelen zu finden. Wenn man Yardleys Listen mit kaiserzeitlichen Redewendungen ("Justinismen") durchsieht, sind sprachliche Eigentümlichkeiten zu finden, die vor der Spätantike nicht belegt sind und teilweise erst am Ende des 4. Jahrhunderts in unserer Überlieferung auftauchen.4 Der von Yardley und Heckel geäußerte Verdacht der Datierung ins späte 2. bzw. frühe 3. Jahrhundert ist meines Erachtens durch die neue Studie nicht bestätigt, sondern eher relativiert worden. Wenn an zahlreichen Stellen im Text Justins typisch spätantike Ausdrücke auftauchen, so muss der Autor wohl in der Spätantike geschrieben haben bzw. - was weniger wahrscheinlich ist - müssen in der Spätantike am Text Justins Änderungen vorgenommen worden sein. Justins Text mag viele sprachliche Berührungen mit Apuleius, Pseudo-Quintilian oder Rechtstexten aufweisen, was aber nicht zur Datierung herangezogen werden kann, wenn es Parallelen zu späteren Autoren gibt, zumal die unter Quintilians Namen überlieferten Declamationes maiores nur unsicher zu datieren sind; die in den justinianischen Digesten überlieferten Juristen des 2. Jahrhunderts mögen zudem durch spätere Interpolationen sprachlich verfälscht sein.

Alles in allem sind die von Yardley ermittelten Konvergenzen aber wichtig und dürften weitere Forschungen anregen, denn es ist ja doch sehr überraschend, dass ein spätkaiserzeitlicher Historiker stellenweise ähnlich wie ein Jurist schreibt - Nähe zur Rhetorenschule ist auch sonst überliefert. Dies sollte wieder den Blick auf den Kontext zurückführen, in den Justins Schriftstellerei gehört und der für Syme den Ausgangspunkt bot.

Anmerkungen:
1 Yardley, J. C.; Heckel, W. (Hgg.), Justin. Epitome of the Philippic History of Pompeius Trogus, Bd. 1: Books 11-12. Alexander the Great, Oxford 1997.
2 Syme, Ronald, The date of Justin and the Discovery of Trogus, Historia 37 (1988), S. 358-371.
3 Yardley/Heckel (wie Anm. 1), S. 11f.
4 Spätantike Ausdrucksweisen bei Justin (Seitenzahl bei Yardley folgt in Klammern): praef. 3 segregatim (123); 1,9,8 gladio evaginato (121); 2,12,18 adunare im Sinne von: "vereinigen", "verbinden" (125); 11,7,15 loramenta (138); 12,14,9 supermiserunt (144); 19,1,1 diem fungi (153); 37,2,6 stagnare im Sinne von "sich schützen", "sich verteidigen" (173); 43,3,4 sive dum […] sive dum (179). Dieses sind nur die aussagekräftigsten Belege, über etliche weitere ließe sich streiten, wenn die von Yardley als Parallelstellen angeführten Autoren nur unsicher zu datieren sind. Man kann aber nicht sagen, dass Justin ein Autor wäre, der besonders häufig typisch spätantike Ausdrücke benutzt.

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