Preußen wieder chic? Die Preußenausstellung 1981 zwischen Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit

Preußen wieder chic? Die Preußenausstellung 1981 zwischen Politik,Wissenschaft und Öffentlichkeit

Veranstalter
Tobias Becker, Vincent Kleinbub, Franka Maubach, Yves Müller, Shuyang Song, Ulrich Tempel (Arbeitsgruppe "Preußenausstellung 1981")
Ausrichter
Arbeitsgruppe "Preußenausstellung 1981"
Veranstaltungsort
Dokumentationszentrum Topographie des Terrors
PLZ
10963
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
15.02.2024 - 16.02.2024
Deadline
30.09.2023
Von
Yves Müller, Institut für Landesgeschichte, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

„Preußen – Versuch einer Bilanz“. Kaum eine Ausstellung hat eine derartige Aufmerksamkeit auf sich gelenkt wie die Preußenausstellung, die 1981 im Westberliner Martin-Gropius-Bau stattfand. Sie bildete den Höhepunkt der „Preußenwelle“. Mit einem Workshop am historischen Ort, im Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, möchten wir andere Wissenschaftler:innen ansprechen und für eine aktive Beteiligung gewinnen.

Preußen wieder chic? Die Preußenausstellung 1981 zwischen Politik,Wissenschaft und Öffentlichkeit

„Preußen – Versuch einer Bilanz“. Kaum eine Ausstellung hat eine derartige Aufmerksamkeit auf sich gelenkt wie die Preußenausstellung, die 1981 im Westberliner Martin-Gropius-Bau stattfand. Sie bildete den Höhepunkt der „Preußenwelle“: 600 000 Besuchende, 33 Räumen, 2500 Exponate unzähliger öffentlicher und privater Leihgeber. In der Zeitgeschichtsforschung ist die durch sie und mit ihr herbeigeführte Zäsur unbestritten. Bereits gegen Ende der 1970er Jahre war ein gestiegenes Interesse der Öffentlichkeit an „deutscher“ Geschichte festzustellen. Nun erlebte die „geschichtslose“ Bundesrepublik einen regelrechten „Geschichtsboom“. „Preußen“ mit seinen vermeintlichen Licht- und Schattenseiten wurde zur Chiffre, um „das demokratische Geschichtsbild“ (Walter Scheel) zu vermitteln.

Die Debatte um die Preußen-Ausstellung in der historischen Mitte des geteilten Berlin und die Frage eines nationalen Geschichtsortes öffnete aber ein Fenster für die Erschließung des Geländes der späteren ‚Topographie des Terrors‘“, dessen Geschichte vor der Preußen-Ausstellung weitgehend unbekannt war. Der in den 1970er Jahren einsetzende „History Boom“, das zunehmende Interesse an der fernen Vergangenheit, ging so einher mit dem gegenwartsbezogenen „Memory Boom“, gekennzeichnet durch die in den 1980er Jahren verstärkte Erinnerung an die Verbrechen der NS-Diktatur. Mehr noch: Beide verliefen nicht lediglich parallel, sondern sind verschränkt.

Die Ausstellung selbst sowie ihre Vor-, Nach- und Rezeptionsgeschichte waren immer wieder Gegenstand zeithistorischer Forschung. Eine umfassende Untersuchung und historische Kontextualisierung fehlen jedoch bis dato. In den vergangenen zwei Jahren hat sich ein kleiner Arbeitskreis von Zeithistoriker:innen zusammengefunden, um die veschiedenen, mit der Preußen-Ausstellung verbundenen Perspektiven auf die Geschichte der Bundesrepublik, Westberlins und der deutschen Teilung zu diskutieren und die Ausstellung in größere, deutsch-deutsche wie transnationale Kontexte einzuordnen. Mit einem Workshop am historischen Ort, im Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, möchten wir nun auch andere Wissenschaftler:innen ansprechen und für eine aktive Beteiligung gewinnen. Für den Abend des 15. Februar 2024 ist eine Podiumsdiskussion geplant. Der Workshop ist ganztägig für den 16. Februar vorgesehen.

Leitende Fragestellungen entlang der Titel-Kategorien Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit sind:

- Welche Akteur:innen auf wissenschaftlicher, kultureller und (stadt-)politischer Ebene prägten die Idee und die Entwicklung der Preußen-Ausstellung? Welche Motive hatten diese? Wie beeinflussten sie die „Preußenwelle“ und die öffentliche Debatte in der Bundesrepublik? Welche Rolle wiederum spielte die Ausstellung für eine neue Generation von Historiker:innen?
- Inwiefern ist die Preußenausstellung wie das Preußenjahr 1981 insgesamt als politisches Bildungsprojekt zu verstehen? Wie veränderten sich Preußenbild und -rezeption nach 1945? Welche Rolle spielte dabei die geschichtswissenschaftliche Preußen-Forschung?
- Welche neuen Methoden und Zugänge fanden Eingang in die Preußen-Ausstellung? Wie spiegelt sich die Auseinandersetzung um die Sozialgeschichte und die historische Sozialwissenschaft in der Ausstellung wider? Wie war die Anwendung innovativer Präsentationsformen und neuer Ausstellungstechniken zu interpretieren? Wie gestaltete sich der Umgang mit den Medien (Zeitungspresse, Rundfunk, Fernsehen)? Welche Rolle spielte das umfangreiche Begleitprogramm?
- Welche Rolle spielte die deutsche Teilung für den Erfolg der Ausstellung? Inwiefern ist die Ausstellung als Teil des allgemeinen „Geschichtsbooms“ und der „Nostalgiewelle“ in Westeuropa seit Ende der 70er Jahre einzuordnen?
- Wie wurden geschichtspolitische Themen wie das Scheitern der Weimarer Republik, die Geschichte des Nationalsozialismus ebenso wie die Geschichte des (preußisch-)deutschen Kolonialismus oder das deutsch-polnische Verhältnis in der Preußenausstellung behandelt?
- Welchen Ort nahm die Preußen-Ausstellung in den stadtpolitischen Auseinandersetzungen der 1980er Jahre ein? Inwiefern fungierte die Ausstellung als stadtpolitischer Kommunikationsraum? Welche Rolle spielten dabei zivilgesellschaftliche Initiativen? Wie reagierte die Ausstellung auf den historischen Ort und wie veränderte sie ihrerseits den urbanen Raum?

Bewerbung

Vorschläge mit Erläuterung von Thema, Relevanz, empirischer Grundlage und methodischem Zugang können in Form eines ein- bis zweiseitigen Abstracts inkl. Kurzvita zur eigenen Person als PDF-Dokument bis zum 30. September 2023 per E-Mail an shuyang.song2@fu-berlin.de eingereicht werden. Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Reise- sowie Übernachtungskosten können leider nicht erstattet werden.

Kontakt

Shuyang Song (sie/ihr), shuyang.song2@fu-berlin.de