Die theoretische Unmöglichkeitserklärung der Literaturgeschichte im ausgehenden 20. Jahrhundert wurde (und wird) begleitet von einem grundlegenden Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines Literaturkanons. Aus dieser Entwicklung resultiert bis heute der prekäre Status, der Literaturgeschichte im germanistischen Studium zukommt.
Dem entgegen steht der ungeminderte Bedarf sowohl der literaturwissenschaftlichen als auch der lehramtsbezogenen germanistischen Studiengänge an der Vermittlung überblickshafter Ordnungsstrukturen. In verstärktem Maße gilt dies für das Bachelor-Studium, in dem Studierende außerdem weiterreichende, für ein Studium relevante Kompetenzen erwerben sollen.
Mit Blick auf die digitalen Entwicklungen der vergangenen Jahre stellt sich nun die Frage, ob bzw. inwieweit digitale Lehr-Lern-Szenarien spezifische Lösungen für dieses Problem bereithalten können und welchen Herausforderungen sich eine Lehre stellen muss, die fachspezifisch mit digitalen Inhalten arbeitet.
Unter dem Tagungstitel „Literaturgeschichten in der digitalen Lehre“ werden Literaturwissenschaftler:innen zusammengeführt, die sich in den vergangenen Jahren sowohl aus praktischer als auch aus programmatischer Perspektive intensiv mit den Möglichkeiten und Schwierigkeiten digitaler Lehre im Fach auseinandergesetzt haben. Digital- und Präsenzlehre werden dabei bewusst nicht als Fronten verstanden, deren Vor- und Nachteile gegeneinander ausgespielt werden könnten. Stattdessen werden unter anderem auch die Herausforderungen und Chancen hybrider Szenarien in der Lehre analysiert. Außerdem soll nicht die Vorstellung reiner Best- oder Worst-Practice-Beispiele oder digitaler Tools im Zentrum stehen. Vielmehr zielt die Tagung auf eine Verzahnung von programmatischen und praxisbezogenen Aspekten, bei denen nicht zuletzt auch Fragen nach dem didaktischen Nutzen und der Produktivität von Multimedialität in der Vermittlung gestellt werden. Der Abend des zweiten Tages klingt mit einer Lesung von Jörg Piringer aus.
Diese Tagung geht aus dem Projekt „LiGeDi: Literaturgeschichte(n) erarbeiten – Gemeinsam im Digitalen“ der Universitäten Bielefeld und Paderborn sowie der Bergischen Universität Wuppertal hervor, das durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert wird. Eine Online-Teilnahme ist möglich, beachten Sie dafür bitte die Informationen auf der Projektwebsite.