Carl Schmitt als Vordenker der Sicherheitspolitik? - Themenheft Carl-Schmitt-Studien, 2. Jg. (2018)

Carl Schmitt als Vordenker der Sicherheitspolitik? - Themenheft Carl-Schmitt-Studien, 2. Jg. (2018)

Veranstalter
Carl-Schmitt-Studien
Veranstaltungsort
Ort
Dresden
Land
Deutschland
Vom - Bis
15.02.2018 -
Von
Andreas Höntsch, Institut für Soziologie, TU Dresden

Die Herausgeber der Carl-Schmitt-Studien (www.carl-schmitt-studien.de) bitten für ein Themenheft des zweiten Jahrgangs zum Thema Carl Schmitt als Vordenker der Sicherheitspolitik? um die Einsendung von Beiträgen.

In Zeiten allgegenwärtiger kollektiver Bedrohungen durch terroristische Angriffe, zyklische Weltwirtschaftskrisen, Massenmigration, religiöse und ethnische Konflikte, aber auch sich möglicherweise abzeichnende ökologische Katastrophen, in denen sich der Ausnahmezustand zunehmend zu verstetigen scheint (G. Agamben), kommt dem Anspruch auf Sicherheit als gesellschaftlichem Wert wie als Ziel politischen Handelns ein kaum zu hoch anzusetzender Rang in der öffentlichen Diskussion zu. In dieser Lage gilt Carl Schmitt, der „Theoretiker der Ausnahme“, als „Autor der Stunde“ (R. Mehring).

Sicherheit ist nicht nur ein allgemein geteilter gesellschaftlicher Wert und Inhalt innen- und außenpolitischer Programme (Stichwort: Sicherheitspolitik), sondern auch ein analytischer und zeitdiagnostischer Begriff der Rechts- und Sozialwissenschaften. In seiner aktuellen Verwendung wird der Begriff der Sicherheit zumeist von Unsicherheiten bzw. Risiken unterschieden (etwa dem Risiko, von Terroranschlägen getroffen zu werden), über deren Vermeidbarkeit oder Minimierung man sich wissenschaftliche Auskunft erhofft.

Es wird oft übersehen, daß diese Begriffsverwendung keineswegs rein objektiven Kriterien folgt. Wie ein Blick auf die Begriffsgeschichte zeigt, beginnt der zeitgenössische Begriff der Sicherheit seinen Siegeszug zwischen den Weltkriegen mit der Übernahme sozialstaatlicher Reformpläne in den angloamerikanischen Raum. In der Folge wird die ältere Bedeutung des Begriffs der Sicherheit als staatlicher Schutz vor Gewalt, für deren Gewährung Gehorsam verlangt werden kann (W. Conze), zugunsten eines Anspruchs auf – im weitesten Sinn: soziale – Sicherheit verdrängt (F.-X. Kaufmann).

Zeitlich parallel zum Aufstieg des Sicherheitsbegriffs zu einem wohlfahrtsstaatlichen Leitbegriff sind völkerrechtliche Bestrebungen zu beobachten, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ein globales System kollektiver Sicherheit zu errichten. Auch hier läßt sich eine charakteristische Bedeutungsverschiebung feststellen: Der Begriff der kollektiven Sicherheit verdrängt zunehmend den völkerrechtlichen Begriff des Friedens (F.-X. Kaufmann). Damit verändert sich zugleich die Bedeutung des Krieges. Während gehegte Kriege nur noch als Verteidigungskriege zugelassen sind und daher kaum noch stattfinden, steigt innerstaatlich, regional und auf globaler Ebene das Risiko gewaltsamer Konflikte (Carl Schmitt spricht von „Nicht-Kriegen“), die zunehmend asymmetrisch geführt werden. In der Zuspitzung des Problems auf die Vorsorge gegenüber möglichen Risiken treffen sich schließlich die beiden skizzierten Linien der Begriffsgeschichte.

Die Carl-Schmitt-Studien sind an Beiträgen interessiert, die diese Entwicklungen vor dem Hintergrund des Schmittschen Denkens beurteilen. Handelt es sich bei dem Aufstieg des Sicherheitsbegriffs zum Leitbegriff des 20. und 21. Jahrhunderts um eine Fortschreibung des „Zeitalters der Neutralisierungen und Entpolitisierungen“ im Sinne Schmitts? Oder sind die Tendenzen der Kriminalisierung des Krieges (Stichwort: diskriminierender Kriegsbegriff) und der Politisierung der Kriminalität (Stichwort: Feindstrafrecht), der Verpolizeilichung des Militärs (Stichwort: militärische Interventionen und Democracy promotion) und der Militarisierung der Polizei vielmehr Zeichen einer Repolitisierung? Wie verhält sich die Dauerhaftigkeit der Ausnahme zu Carl Schmitts Begriff des Ernstfalls? Was kann unter den angedeuteten Bedingungen als politisches Handeln im Sinne Schmitts gelten? Welche konkreten politischen Einheiten – zumal nach dem von Schmitt zur Diskussion gestellten „Ende der Epoche der Staatlichkeit“ – kommen als relevante politische bzw. geopolitische Akteure dieser Vorgänge in Frage? Welches sind die verfassungsrechtlichen Konsequenzen der veränderten sicherheitspolitischen Anforderungen? Wie sind politik- und kulturwissenschaftliche Ansätze einzuordnen, die Sicherheitsforschung im Hinblick auf „strategische Kulturen“ bzw. „Sicherheitskulturen“ betreiben? Führen die angedeuteten Szenarien zu einer absehbaren „Historisierung“ (R. Mehring) der Schmittschen Begriffe, d. h. zu ihrer Obsoletheit oder eher zu deren realistischen Bestätigung?

Deadline
Die Herausgeber bitten um die Einsendung von Beiträgen für das thematische Dossier bis zum 15. Februar 2018.

Formalien der Beitragseinreichung
Die Beiträge können auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch und Portugiesisch eingereicht werden und sollten nicht mehr als 30 Seiten DIN A4, d. h. ca. 10.000 – 12.000 Wörter einschließlich Fußnoten und Bibliografie umfassen.

Beiträge können folgenden Rubriken zugeordnet werden: Thematische Dossiers, Aufsätze, Research Notes, Rezensionen, Veranstaltungen sowie besondere Beiträge unter dem Titel Bibliotheca Carl Schmitt.

Die Gestaltung richtet sich nach dem APA-Standard (s. die Richtlinien für Autoren unter www.carl-schmitt-studien.de).

Bitte reichen Sie Ihren Beitrag über unser Online-Formular unter http://carl-schmitt-studien.de/index.php/schmitt/login ein.

Die Zeitschrift
Die Carl-Schmitt-Studien (CSS) sind eine interdisziplinäre Online-Zeitschrift, die der internationalen Forschung zum Werk des deutschen Juristen Carl Schmitt (1888-1985) ein Forum bietet. Ziel der CSS ist es, zum systematischen Verständnis und zur kritischen Weiterentwicklung des Schmittschen Denkens vor dem Hintergrund aktueller Probleme und Fragestellungen beizutragen. Die CSS werden gefördert durch das Seminar für Polemologie der Universität Murcia und die Sociedad de Estudios Políticos de la Región de Murcia (SEPREMU).

Programm

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