Das digitale Bild – Methodik und Methodologie: fachspezifisch oder transdisziplinär?

Workshop des DFG-Schwerpunktprogramms (SPP) "Das digitale Bild": „Das digitale Bild – Methodik und Methodologie: fachspezifisch oder transdisziplinär?“

Veranstalter
Ludwig-Maximilians-Universität München (Prof. Hubertus Kohle), Philipps-Universität Marburg (Prof. Hubert Locher)
Veranstaltungsort
Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas / Online - Konferenz
Ort
Marburg an der Lahn
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.11.2020 - 13.11.2020
Deadline
01.11.2020
Von
Koordinationsteam der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Philipps-Universität Marburg

Welcher Begriff des „digitalen Bildes“ wird in den einzelnen Projekten verfolgt? Welche konkreten methodischen und methodologischen Herausforderungen ergeben sich hieraus? Welche allgemeineren Lehren und Folgerungen für den wissenschaftlichen Umgang mit dem „digitalen Bild“ können hieraus gezogen werden? Diese Fragen sollen in drei Bereichen diskutiert werden:

PANEL I: MASCHINE (Quantität, Qualität, Mechanisierung und Erkenntnis)

Mit dem Computer ist die Maschine zwar nicht zuallererst in den Raum der Geisteswissenschaften eingetreten, aber dessen unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten führen dazu, dass der Maschine ein immer größerer Bereich eingeräumt wird. Welche Folgen hat dies im konkreten Fall? Wie wird beispielsweise die Delegation der Analyse an die Maschine, die mit dem Raumgewinn der Künstlichen Intelligenz immer ausgeprägter zum Zuge kommt, implementiert, dokumentiert und kontrolliert? Bedeutet dies etwa eine Bevorzugung jener Recherchebereiche, in denen dergleichen bereits gangbar erscheint? In welchem Verhältnis steht also z. B. die Quantifizierung des rechnerischen gegenüber dem traditionell eher qualitativen Zugriff der hermeneutischen Wissenschaften? Wie verhält sich die gängige Deutung mit ihrer Zentrierung auf Einzelwerke zum Big-Data-Zugriff als einer Domäne des Rechners? Und nicht zuletzt müssen wir ganz konkret die Frage stellen, wie wir Geisteswissenschaftler*innen methodisch damit umgehen, dass wir vielerlei technische Möglichkeiten nicht selbst entwickeln, implementieren und nur schwer kontrollieren können. Müssen wir unser Kompetenzprofil in den technischen „maschinellen“ Bereich ausweiten oder wäre ein Rückgriff auf handliche Angebote der Industrie sinnvoller? Benötigt innovative Forschung im digitalen Zeitalter Maschinenkompetenz?

PANEL II: SOZIALES (Herausforderungen im weiteren Feld)

Alle Projekte des SPP sind als wissenschaftliche qualifiziert, sie werden von Spezialisten durchgeführt und richten sich primär an eine engere oder weitere Fachcommunity. Im Internet relativiert sich allerdings die Hierarchie von Experten und Laien. Eine zu enge Begrenzung auf den a priori für ein Projekt bestimmten Gegenstand wird problematisch, die für das weitere Feld sich ergebenden neuen Möglichkeiten der Verarbeitung, aber auch der Kommunikation und Publikation, können nicht ohne Auswirkungen auf den Entwurf der Forschungsanordnung bleiben. Die von Lawrence Lessig und anderen beschworene „Sozialwerdung“ der Kreativität (oder „Creative Collaboration“) im Digitalen, die sich in einer säkularen Verwandlung von einer „Read-Only“- zu einer „Read/Write“-Kultur manifestiert, betont den Zwei-Wege-Charakter kultureller Produktion: Die Trennung von Kulturschaffenden und Kulturrezipierenden wird abgebaut und im Sinne der Ermächtigung ehemals passiver Mehrheiten unterlaufen. In Phänomenen wie der Citizen Science/Crowdsourcing hat sich auch die Wissenschaft dieser Transformation zu stellen, nach deren Auswirkungen auf Selbstverständnis und Leistungsspektrum zu fragen wäre. So stellt sich die Frage, ob und in welcher Weise Projekte und das SPP insgesamt diese Dimension methodisch adressieren, das Potenzial nutzen, oder, was ebenso wichtig ist, wie man der Herausforderung begegnet, d. h. wie man den legitimen Ansprüchen der Nutzer*innen des weiteren Feldes gerecht werden kann.

PANEL III: FACHSPEZIFISCHES (Fachkulturen und disziplinäre Offenheit)

Nur scheinbar ein Gegenstück zu dieser Herausforderung ist die methodische Selbstbesinnung und – reflexion eines konkreten Projekts im Kontext eines Fachdiskurses. Hier ist anzuerkennen, dass Erkenntnisinteressen auch Phänomene langer Dauer sind, dass Forschungsfragen und Methodiken ihre Tradition haben, wenn allerdings diese angesichts der neuen Technologien zu überdenken und anzupassen sind. Zugleich ist es möglich, dass die digitalen Technologien keineswegs nur Neues bringen, sondern auch Hergebrachtes – im problematischen Sinn – verstetigen können. Gerade auch als Medium der Künstlichen Intelligenz bewährt sich der Computer vor allem als identifikatorisches, klassifikatorisches, rekonstruierendes und transkribierendes Medium. Verschiedene Autor*innen haben, gewiss teils auch in beiläufigen, aperçuhaften Kommentaren, der digitalen Kunstwissenschaft mit ihren beispielhaft aufgerufenen Fragen nach automatisierter Autoridentifikation und Stilbestimmung eine Rückkehr in den Positivismus des 19. Jahrhunderts vorgeworfen (Pollock, Bishop). Diese Skepsis ist ernst zu nehmen und genauer zu prüfen. Wo stellt sich dieser Verdacht allgemein und im Besonderen in den von den Projekten des SPP aufgeworfenen Sachverhalten? Schneidet eine digital gestützte Analysepraxis tatsächlich die Werke aus ihrem Kontext heraus und vernachlässigt dessen konstitutive Bedeutung?

Programm

Donnerstag 12.11.2020

PANEL I: MASCHINE (Quantität, Qualität, Mechanisierung und Erkenntnis)

Eingeladene Experten:
Urs Leonhard Hirschberg, Technische Universität Graz
Andreas Maier, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

09:00 – 09:20 Uhr: Qualitative und quantitative Methoden zur Evaluation synthetischer Bilder (Matthias Wright, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Projekttitel: Bildsynthese als Methode des kunsthistorischen Erkenntnisgewinns)

09:20 – 09:30 Uhr: Response durch die geladenen Experten

09:30 – 09:50 Uhr: Japanische Querrollen und Digitale Explorationen: Materialität, Praktiken und Lokalität (Melanie Trede, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg)

09:50 – 10:00 Uhr: Response durch die geladenen Experten

10:30 – 10:50 Uhr: Produktion und Reputation des digitalen Bildes in der Architektur (Hubert Locher, Philipps-Universität Marburg
Dominik Lengyel, Catherine Toulouse, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg; Projekttitel:
Architecture Transformed – Architekturprozesse im digitalen Bildraum)

10:50 – 11:00 Uhr Response durch die geladenen Experten

11:00 – 11:30 Uhr Resümee und offene Diskussion zu Panel I

PANEL II: SOZIALES (Herausforderungen im weiteren Feld)

Eingeladene Expert*innen:
Christoph Ernst, Universität Bonn
Katharina E. Kinder-Kurlanda, GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften
Matteo Pasquinelli, Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe

13:30 – 13:50 Uhr: Hinter dem digitalen Bild. Fotografien auf Community-Plattformen und auf Twitter als Repositorien für maschinelles Lernen und journalistische Publikationen (Evelyn Runge, Universität zu Köln)

13:50 - 14:00 Uhr: Response durch die geladenen Expert*innen

14:00 – 14:20 Uhr: Bildpraxisanalyse: Erschließen, was Praktiken in Sozialen Medien vom digitalen Bild wissen (Jens Ruchatz, Kevin Pauliks, Philipps-Universität Marburg; Projekttitel: Bildförmige Bildkritik in Sozialen Medien. Explizites und implizites Theoretisieren des digitalen Bildes)

14:20 – 14:30 Uhr: Response durch die geladenen Expert*innen

15:00 – 15:20 Uhr: Hidden Work: unautomated labor and AI (Ana Teixeira Pinto, Leuphana Universität Lüneburg; Projekttitel:Jameson 2.0. Cognitive mapping in der zeitgenössischen Kunst)

15:20 – 15:30 Uhr: Response durch die geladenen Expert*innen

15:30 – 15:50 Uhr: Code: analysieren – vergleichen – visualisieren. Methoden zur Untersuchung von Computercode in Kunstwerken (Inge Hinterwaldner, Daniela Hönigsberg, Karlsruher Institut für Technologie; Projekttitel: Browserkunst. Navigieren mit Stil)

15:50 – 16:00 Uhr: Response durch die geladenen Expert*innen

16:00 – 16:30 Uhr: Resümee und offene Diskussion zu Panel II

18:00 – 19:00 Uhr: Abendvortrag mit anschließender Diskussion
Andreas Fickers, Direktor des „Luxembourg Centre for Contemporary and Digital History“

Freitag 13.11.2020

PANEL III: FACHSPEZIFISCHES (Fachkulturen und disziplinäre Offenheit)

Eingeladene Expertinnen:
Katja Kwastek, Vrije Universiteit Amsterdam
Ute Verstegen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

09:00 – 09:20 Uhr: Archäologie, Informatik, Digital Humanities - Ein Streitgespräch (Martin Langner, Georg-August-Universität Göttingen; Projekttitel: Schemata. 3D-Klassifizierungsverfahren und
archäologische Bestimmungskriterien am Beispiel antiker
Terrakottastatuetten)

09:20 – 09:30 Uhr: Response durch die geladenen Expertinnen

09:30 – 09:50 Uhr: Curating Digital Images: Ethnografische Perspektiven auf die Affordanzen digitaler Bilder im Kontext von Museen und kulturellem Erbe (Elke Greifeneder, Humboldt-Universität zu Berlin)

09:50 – 10:00 Uhr: Response durch die geladenen Expertinnen

10:30 – 10:50 Uhr: Adaptive Bilder. Technik und Ästhetik situativer
Bildgebung (Moritz Queisner, Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe)

10:50 – 11:00 Uhr: Response durch die geladenen Expertinnen

11:00 – 11:30 Uhr: Resümee und offene Diskussion

11:30 – 12:00 Uhr: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Kontakt

Dr. phil. Hanni Geiger
Ludwig-Maximilians-Universität München / DFG SPP „Das digitale Bild“

Institut für Kunstgeschichte
Zentnerstr. 31, Zi. 001
D - 80798 München
Telefon: +49 (0)89 / 2180 - 5317
E-Mail: Hanni.Geiger@kunstgeschichte.uni-muenchen.de

https://www.digitalesbild.gwi.uni-muenchen.de/workshop-methodik-und-methodologie/